Seit zwei Tagen geht der Tweet des (inzwischen Ex-)Piratenpolitikers Thomas Goede durch die Medien. Er hatte bejubelt, dass am Dienstag eine Polizistin in München durch einen Schuss schwer verletzt wurde. Die Polizeigewerkschaft hat den mittlerweilen gelöschten Tweet veröffentlicht:
Gewalt in dieser Form durch die sprachliche Entmenschlichung von Opfern zu rechtfertigen, kennt man von rechts und links. Den Älteren hier wird vielleicht die Sprache der RAF in Erinnerung kommen, den Jüngeren, wie sich Rechtsextremisten über ihre Taten äußern.
Ich weiß nicht, was Thomas Goede zu seinem Tweet motiviert hat. Ob er auch nur dachte, politische Korrektheit gehöre auf den Müllhaufen der Geschichte? In den Medien wird er mit einer zugleich nichts- und vielsagenden Rechtfertigung zitiert “Viele finden die Reaktion scheiße, aber keiner macht sich Gedanken, warum sowas entsteht. Menschen halt.“
Egal warum „sowas entsteht“, es rechtfertigt nicht, sich darüber zu freuen, was der Polizistin passiert ist. Alles hat Ursachen und natürlich kann man vieles, auch Kriminalität oder Terror, in seiner historischen Genese erklärend mit Ungerechtigkeiten in der Welt in Verbindung bringen. Die Ungerechtigkeit der Welt rechtfertigt es aber nicht, Polizisten, Banker oder Politiker als „Büttel des Systems“ zum Töten freizugeben, sozusagen zum lebensunwerten Leben zu erklären. Das ist nicht einmal gute politische Theorie, weil sie politische Aktion blind an irgendwie gebildeten Hassobjekten festmacht, sich in Aktionismus erschöpft, aber mehr noch ist es ethisch in keiner Weise zu rechtfertigen. Man muss nicht Kants kategorischen Imperativ bemühen, um zu verstehen, dass man der Menschheit im Abstrakten nicht die Menschlichkeit im Konkreten unterordnen darf, und erst recht kann man sich nicht – weder klammheimlich noch offen – auch noch darüber freuen, wenn man meint, der Kampf für die Menschheit habe ein Opfer gefordert. Selbst wer solchen kruden Thesen anhängt, könnte dann wenigstens sein Bedauern äußern. Ob Thomas Goede seinen Tweet abgesetzt hätte, wenn die Polizistin eine frühere Schulfreundin gewesen wäre? Wäre es ihm dann auch so leicht gefallen, sie als „Bullendreck“ zu entmenschlichen?
Thomas Goede ist ein politischer Idiot, der aus den Diskussionen über Gewalt als Mittel der Politik nichts gelernt hat. Vielleicht holt er es ja jetzt nach und erklärt sich dann noch einmal reflektierter.
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