Die Diskussion um das Herbizid Glyphosat (wie giftig ist es?) wurde in der letzten Zeit so vehement geführt wie die um die Homöopathie (an sich nicht giftig) oder die AfD (ziemlich giftig). Ich kann bei dem Thema nicht fachkompetent mitreden und habe den Eindruck, dass die Vehemenz der Glyphosatdebatte auch daher kommt, dass zum einen dabei Monsanto eine Rolle spielt, der Konzern, der für viele Menschen das verkörperte Böse der Agrarchemieindustrie darstellt, zum anderen, dass hier immer die industrielle Landwirtschaft insgesamt mit zur Diskussion steht.
Die Zulassung des Mittels war eigentlich schon im letzten Jahr ausgelaufen. Weil man sich in der EU nicht einigen konnte, wie es weitergehen soll, gilt bis Jahresende eine vorläufige Verlängerung der Zulassung und im November soll endgültig entschieden werden. Diese Entscheidung hängt unter anderem von der Bewertung der Gesundheitsrisiken des Mittels ab. Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) spricht davon, es sei wahrscheinlich krebserregend, die Europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit (Efsa) sieht das anders und auf deren Bewertung gestützt will die Europäische Kommission die Zulassung um 10 Jahre verlängern. Ob die Alternativen besser gewesen wären, sei einmal dahingestellt, wie gesagt, ich kann das nicht beurteilen.
Nun hat der Guardian am vergangenen Freitag gemeldet, dass relevante Teile des 4.300 Seiten starken Bewertungsberichts der Efsa aus Papieren einer „Glyphosate Task Force (GTF)“, die von der Industrie getragen wird, abgeschrieben seien. Dem Umweltinstitut München zufolge geht das auf das Konto des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), das für den Efsa-Bericht zugearbeitet hat. Das Umweltinstitut erhebt auch schwere Vorwürfe gegen die Bundesregierung. Sie habe auf eine Anfrage des Abgeordneten Harald Ebner im letzten Jahr geantwortet: „Auch in dem in Rede stehenden „Volume 3“ des RAR wurde nur die aus der Feder von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BfR stammende Bewertung der analytischen Überwachungsmethoden, der Toxikologie der Präparate und Beistoffe, der Anwendungssicherheit, der Rückstandsbewertung sowie aller in wissenschaftlichen Zeitschriften publizierten Studien dargestellt.” Damit habe sie den Deutschen Bundestag belogen.
Egal, wie man die Gesundheitsrisiken von Glyphosat bewertet, vertrauensbildend ist eine solche Privat-Public-Partnership zur Wiederverwertung von noch gebrauchsfähigen Formulierungen jedenfalls nicht. Um dazu mehr sagen zu können, müsste man allerdings wissen, welche Passagen textidentisch sind und welche Bedeutung sie für die Gesamtbewertung haben. Und allemal wäre jetzt ein MonsantoPlag hilfreich, das einen der berühmten Strichcodes zum Vergleich der 4.300 Seiten mit den Industriepapieren anfertigt. Oder hat zufällig jemand von den Leser/innen den Sonntagnachmittag mit derlei Lektüre verbracht?
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