Fangen wir mit dem Positiven an, statt erst über das Wahlergebnis zu jammern und am Ende doch die Frage zu beantworten, wo denn das Positive bleibt. Die große Koalition mit ihrer lähmenden Wirkung auf den politischen Geist der Republik ist abgewählt. Das ist gut. Ob’s besser wird, wird man sehen.
Nicht so schön ist, dass die AfD so stark in den Bundestag einzieht. Aber seien wir ehrlich: Dass sich in Deutschland Ressentiments durch die ganze Gesellschaft ziehen, von den gutsituierten Sozialneidpropagandisten bis hin zu denen, die sich – oft zu Recht – abgehängt fühlen, ist nichts Neues. Jetzt kommen sie halt durch Gauland & Co. gut gebräunt an die Sonne. Mit über 20 % sind sie im Osten besonders stark. Dort kann man die AfD getrost als Nachfolgepartei der SED bezeichnen: Autoritäre Gesinnung, Rassedünkel (SED-Funktionäre, die hinter vorgehaltener Hand vom „niedrigeren Kulturniveau“ der Polen oder Russen schwadronierten, gab es genug), Konformismus und der Wunsch nach Abschottung. Ach ja, und wie bei manchen älteren Herren in der Ost-LINKEN ist da diese unstillbare Sehnsucht nach gestern, wobei man bei der AfD nicht genau weiß, wie weit zurück diese Sehnsucht geht.
Die Grünen sind dagegen eher die Nachfolgepartei der FDP. Aus der ehemals linksgrün-versifften* Milieupartei ist längst eine Partei der Besserverdienenden geworden. Markenkern: mit dem SUV zum Bioladen. Gut, das ist vielleicht doch etwas böse. Aber wie die Grünen mit der FDP, die ja ebenfalls Nachfolgepartei der FDP ist, in einer Jamaika-Koalition zusammen- und gegeneinanderarbeiten werden, das verspricht komisch zu werden. Hoffentlich nicht tragikomisch.
Die SPD ist keine Nachfolgepartei. Vielleicht folgt ihr bald etwas nach, wenn sie nicht aufpasst. Aber ob’s die LINKE sein wird? Eher nicht, die ist schließlich die zweite Nachfolgepartei der SED und das macht sie zumindest für das linksgrün-versiffte* Milieu als Weg in die Zukunft nicht sehr attraktiv – und die anderen haben ja schon die AfD.
Dann war da noch die Union. Sie regiert zwar weiter, weil es sonst für keinen reicht, aber sie hat so stark verloren wie selten und die CSU wurde regelrecht amputiert. Sie hat in Bayern noch mehr verloren als die CDU im Rest des Landes. Was für ein Fiasko. Die CSU hatte es immer verstanden, neben giftigen Sprüchen auch echte Problemlösungen anzubieten – diesmal kam diese Mischung nicht an, vielleicht weil jetzt andere noch giftigere Sprüche abliefern und die CSU da nicht mithalten kann, wenn sie nicht zur Gruselclown-Partei werden will?
So, und wo bleibt jetzt das Positive? Ganz einfach: Etwas Besseres als Trump, Kim, Putin oder Erdogan finden die Deutschen noch allemal**. Dafür kann man ruhig etwas dankbar sein.
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* © Meuthen, Abstieg für Deutschland
** Frei nach den Bremer Stadtmusikanten
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