3. Damit ist man beim pantheistischen Denken in seinen diversen Varianten. Die Idee ist auch attraktiv für Kreationisten, weil so durch Gott Vernunft in die Natur kommt. Auch der hier auf den Scienceblogs notorisch bekannte Kommentator „Robert“ (alias hmann alias …) argumentierte vor kurzem nebenan bei astrodicticum-simplex so: „Und wenn du der Meinung bist, dass die Welt ein Ergebnis der Evolution ist, dann ist das deine Beschreibung von Gott.“ Wenn der Begriff „Gott“ aber außer der Behauptung seiner Existenz in der Natur der Beschreibung der Natur gar nichts hinzufügt, worüber genau reden wir dann, wenn wir über „Gott“ reden? Warum dann nicht mit Ockham diese zur Erklärung der Phänomene unnötige Vermehrung der ontologischen Entitäten einfach weglassen? Wenn „Gott“ nichts anderes ist als die Natur oder die Evolution, warum dann dazu „Gott“ sagen und nicht einfach „Natur“ oder „Evolution“? Und ist das wirklich der gleiche Gott, an den die Leute jenseits ihres pantheistischen Kompromissangebots gegenüber den Naturwissenschaften auch in ihrem Glaubensalltag glauben? Oder sehen sie da Gott nicht ganz anders, nämlich so, wie es die christliche und andere Glaubenslehren tun: als Person, die uns sieht, wahrnimmt, sich durch Gebete ansprechen lässt und je nachdem, welche der drei oben genannten Attribute ihr zukommen, Anteil an unserem Leben nimmt oder auch nicht? Wenn diese Person aber unser Denken übersteigt, siehe Punkt 1, müssen wir nicht Wittgensteins Diktum aus dem Tractatus logico-philosophicus folgen: „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.“? Oder zumindest, darüber kann man mit anderen nicht rational argumentieren?
Drei Buchempfehlungen zum Weiterlesen:
(Eigentlich wollte ich auch noch Russells Buch „Warum ich kein Christ bin“ angeben, aber hätte die multiple Dreifaltigkeit des Blogbeitrags gestört.*)
• Kurt Flasch: Warum ich kein Christ bin. München 2015.
• Hans Jonas: Gedanken über Gott. Frankfurt/Leipzig 1994.
• Holm Tetens: Gott denken. Ein Versuch über rationale Theologie. Stuttgart 2015.
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* Ob die Frage, inwiefern das jetzt drei oder vier Buchhinweise sind, Parallelen zur Paradoxie des Kreters, der lügt, aufweist, oder nicht, könnte man auch diskutieren, aber das wäre eine andere Geschichte.
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