Rauchen gilt bekanntlich als das größte verhaltensbedingte Gesundheitsrisiko. Die Zahl der vorzeitigen Sterbefälle durch Tabakkonsum in Deutschland wird auf ca. 120.000 jährlich geschätzt. Man darf die Zahl gerne kritisch betrachten, viele tausend sind es ganz bestimmt. Allein an Lungenkrebs sterben jährlich ca. 45.000 Menschen, etwa 90 % der Lungenkrebsfälle werden auf Tabakkonsum zurückgeführt. Etwa 30.000 Menschen sterben an einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD), auch hier ist überwiegend Tabakkonsum die Ursache. Hinzu kommen tausende Sterbefälle durch andere Krebserkrankungen oder Herzkreislauferkrankungen, die durch Rauchen verursacht oder im Verlauf verschlimmert wurden.
Viele Raucher/innen gerne würden gerne aufhören, aber schaffen es nicht. Rauchen mag für manche der reine Genuss sein, zumindest so lange sie es überleben, für viele ist es eine Sucht. Nikotin macht abhängig, ganz besonders Nikotin in Kombination mit anderen Tabakinhaltsstoffen. In der Internationalen Klassifikation der Krankheiten hat die Tabakabhängigkeit die Ziffer F17.2. Sie gehört zur Gruppe der psychischen Störungen, also der psychiatrischen Krankheitsbilder.
Da ist es schon etwas merkwürdig, wenn sich ausgerechnet Psychiater und Neurologen in den Dienst einer Stiftung stellen, die von der Tabakindustrie ins Leben gerufen wurde. Der Stiftungsrat der Stiftung für Verhalten und Umwelt „VERUM“ besteht aus dem früheren Leiter der psychiatrischen Klinik der LMU München, Prof. Hans-Jürgen Möller, seinem Nachfolger Prof. Peter Falkai, dem Neurobiologen Prof. Christian Haass, dem u.a. in der Alzheimerforschung aktiven Biophysiker Prof. Eckhard Mandelkow, dem Neurologen Prof. Michael Sendtner und dem Juristen Bernd Kriegeskorte.
VERUM wurde 1992 vom Verband der Cigarettenindustrie gegründet und lange von Franz Adlkofer geleitet. Franz Adlkofer war vorher der führende Kopf im „Forschungsrat Rauchen und Gesundheit“, der Vorläuferorganisation der Stiftung VERUM. Jetzt ist er in einer anderen Stiftung mit dem schönen Namen „Pandora“ aktiv – die sich wie VERUM mit Umweltrisiken beschäftigt, natürlich Tabak ausgenommen.
Würde man die fachlich hochqualifizierten und renommierten Stiftungsräte fragen, ob sie sich bei VERUM nicht in den Dienst einer anrüchigen Sache stellen, würden sie sicher sagen, dass die Tabakindustrie keinerlei Einfluss auf die Arbeit der Stiftung nimmt. Das ist die Standardantwort auf solche Fragen. Ganz identisch hat Helmut Greim gerade die Arbeit der EUGT von jeglicher Einflussnahme der Autoindustrie freigesprochen, und sich selbst damit auch: „Der EUGT war zwar eine von der Automobilindustrie finanzierte Institution, der wissenschaftliche Beirat arbeitete jedoch völlig unabhängig, irgendwelche Einflussnahmen durch den Vorstand von EUGT hätten wir zurückgewiesen.“ Und wenn die Industrie die Forschungsprojekte nicht vorgibt, kann sie doch auch sonst nichts Böses im Schilde führen, oder? Etwas Naivität wird man schließlich noch haben dürfen. Auch als Psychiater, wenn man sich mit der Suchtindustrie einlässt.
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