Kennen Sie die SciFi-Serie „Battlestar Galactica“? Darin geht es um einen Krieg zwischen den Menschen und Robotern, die eine eigene Zivilisation entwickelt haben, den „Zylonen“. Die Zylonen wurden einst von Menschen gebaut und sind ihnen irgendwann, wie die Geister, die der Zauberlehrling rief, über den Kopf gewachsen. Ein Motiv, das in vielen SciFi-Filmen vorkommt.
Wir Erdlinge diskutieren seit geraumer Zeit bekanntlich im Zusammenhang mit künstlicher Intelligenz, neuerdings kombiniert mit Big Data, ebenfalls über visionäre Zukunftsphantasien. Es gibt inzwischen selbstfahrende Autos, teilweise von Robotern gebaut, angeblich erfolgreiche Anwendungen der predictive analytics bei der Vorhersage von Verbrechen, Computer, die besser Schach spielen als Menschen, computergestützte Beweise in der Mathematik und mitfühlende Kaffeemaschinen, demnächst also vielleicht auch Zylonen? Nebenan bei Mathlog spekuliert Thilo gerade über die Zuwachsrate bei Rechnerleistungen für die künstliche Intelligenz, und bei BlooDNAcid hat Cornelius Courts vor einigen Monaten die unvermeidliche „Was-wäre-wenn-Frage“ gestellt: Was wäre, wenn Maschinen ein Bewusstsein wie Menschen entwickeln würden?
Das würde mich auch interessieren. Was würden sie wohl über Trumps Tweets, die ewige Dominanz von Bayern München in der Bundesliga oder Söders Kreuz-Erlass denken? Bis dahin scheint es aber noch eine Weile zu dauern. Bis jetzt können die Maschinen noch nicht einmal vorhersagen, welche Bücher mich interessieren, trotz aller der klugen Algorithmen von Amazon & Co. Ganz zu schweigen davon, dass sie mir solche Bücher schreiben würden.
Aber darum geht es mir nicht, mich interessiert auch nicht die Abgrenzung von Automaten, Computern, künstlicher Intelligenz und Staubsaugern. Mich beschäftigt vielmehr ein anderer Aspekt einer Welt mit selbständig agierenden Maschinen: Indem die Zylonen eine Welt aufgebaut haben, die ohne Menschen funktioniert, „wirtschaften“ sie auch ohne menschliche Bedürfnisse. Ich habe das Wort „wirtschaften“ bewusst in Anführungszeichen gesetzt, denn gibt es „Wirtschaft“ überhaupt ohne menschliche Bedürfnisse? „Wirtschaften ist ja nicht Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck des guten Lebens.“ (Peter Ulrich, Zivilisierte Marktwirtschaft, 2005).
Was wären die mikro- und makroökonomisch treibenden Kräfte in einer Roboter-Ökonomie? Gewinnmaximierung als betriebswirtschaftliches Kalkül einer kapitalistischen Volkswirtschaft? Aber warum sollten Roboter Gewinne erzielen und ihr Kapital vermehren wollen? Das ist doch ein recht menschliches Interesse. Gewinn vielleicht im Sinne der Neoklassik als Indikator auf dem Weg zum effizienten Ressourceneinsatz? Aber Ressourceneinsatz für welche Ziele? Für länger haltbare Bauteile? Für schönere Roboterhäuser, weil auch Roboter nicht im Regen stehen wollen? Für ein Gleichgewicht zwischen Reproduktion und Erhaltung der Umwelt, weil auch Roboterwelten nicht im luftleeren Raum existieren? Und falls die Maschinen individuelles Bewusstsein hätten: Würden die künstlich intelligenten Maschinen den idealtypischen homo oeconomicus realisieren? Wie würden dann deren individuelle Präferenzen volkswirtschaftlich aggregiert? Könnte es in der Roboter-Ökonomie überhaupt eine rein algorithmenbasierte Prioritätensetzung geben, oder müssen sich auch Roboter-Ökonomen Gedanken über Arrows Rangordnungsprobleme machen? Über all das erfährt man leider in Battlestar Galactica nichts.
Weiter: Entsteht vielleicht im Zuge der weiteren Entwicklung autonomer Systeme schleichend und unbemerkt eine solche Roboter-Ökonomie, integriert in unserer an menschlichen Interessen orientierten Ökonomie, ressourcenabsorbierend, selbstreferentiell, nachfragegenerierend, aber mit immer geringerer Anbindung an einen menschlichen Nutzen?
Und noch weiter: Was lehrt uns die Frage nach den Zielen und Antriebskräften einer Roboter-Ökonomie über den Sinn unseres Wirtschaftens?
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