Seit Montag ist das Wahlprogram der AfD Bayern online. Das Titelblatt zeigt, wohin die Reise mit der AfD gehen soll: ins Dirndlparadies nach Hintertupfing. Menschen in Landhausmode sehen halt so schön altbayerisch aus. Aber da war die CSU mit ihrer Hybridideologie von Laptop und Lederhose schon vor Jahren weiter.
Wie in solchen Programmen üblich, gibt es neben einem zentralen gesundheitspolitischen Kapitel da und dort kleinere gesundheitspolitische Einsprengsel. So spricht die AfD in Punkt 11.1.4. die Versorgung im ländlichen Raum an, das thematisiert sie auch im gesundheitspolitischen Kapitel unter 8.1. und 8.2. Und in Punkt 7.4. spricht sie sich für Ernährungslehre an Bildungseinrichtungen aus. Kinder und Jugendliche müssten „umfassende und aktuelle Informationen zu Ernährung und Gesundheit erhalten.“ Von mir aus, aber was ist damit konkret gemeint? Geht es der AfD darum, dass die Kinder lernen, Lebensmittelkennzeichnungen zu lesen? Oder um die neuesten Diäten, die morgen schon wieder out sind?
Das eigentliche Gesundheitskapitel ist Kapitel 8: „Gesundheitspolitik für Bayern“. Die Einleitung lautet so:
„Das Gesundheitssystem in Deutschland steht vor großen politischen Herausforderungen. Ein Programm von vorbeugenden Gesundheitsmaßnahmen ist einer kurativen Behandlung immer vorzuziehen. Die AfD Bayern fordert, die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems zu erhalten. Die Wahlfreiheit der Behandlungsmethoden ist dem Bürger zu überlassen. Unser Ziel ist es, die Gesundheitspolitik ideologisch zu entschlacken.“
Vor großen Herausforderungen stehen wir sicher. Dem Gemeinplatz kann man bedenkenlos zustimmen. Der nächste Satz, der wie eine programmatische Schwerpunktsetzung bei der Prävention klingt, ist ein gedankliches Waisenkind. Es kommt nichts mehr nach. Im ganzen Kapitel 8 steht zur Prävention nichts, mit einer nebensächlichen Ausnahme, dazu später. Der Satz mit der Wahlfreiheit ist dagegen nicht ideenlos hingeschrieben, es geht nicht um Freibier auf Rezept, sondern um Geld für die Heilpraktiker:
„8.8. Das Berufsbild des Heilpraktikers erhalten und mehr Selbstbestimmung bei der Therapiewahl ermöglichen
Als Dienstleister im Gesundheitswesen bietet der Heilpraktiker gerade im ambulanten Bereich eine wertvolle Ergänzung zur schulmedizinischen Versorgung und trägt dadurch zum Erhalt der natur- und erfahrungsheilkundlichen Therapievielfalt bei. Die AfD Bayern setzt sich dafür ein, dass das in Deutschland tief verwurzelte Berufsbild des Heilpraktikers erhalten bleibt. Für mehr Selbstbestimmung bei der Therapiewahl sollen die gesetzlichen Krankenkassen ähnlich den privaten Krankenkassen die Kosten solcher Therapien anteilig übernehmen können.“
Das ist so jenseits der aktuellen Diskussion und der selbst bei den Gesundheitsministern angekommenen Notwendigkeit zur Reform des Heilpraktikerwesens, dass man daraus wohl auf eine starke Lobby der Heilpraktiker in der AfD schließen darf. Insofern könnte die AfD bei ihrem Vorhaben, „die Gesundheitspolitik ideologisch zu entschlacken“, gleich in ihrem Wahlprogramm anfangen.
Die AfD formuliert in Kapitel 8 ihres Wahlprogramms 13 Punkte zur Gesundheitspolitik. Die meisten sind harmlos, manche unterkomplex, manche uninformiert.
In Punkt 8.1. spricht sich die AfD für den Erhalt von Krankenhäusern „ländlichen Gebieten Bayerns in kommunaler Hand“ aus. Darüber, welche Leistungen dort qualitätsgesichert vorgehalten werden können und wie die Kommunen solche Häuser bezahlen sollen, sagt die AfD lieber nichts. Das nahe Krankenhaus hilft nicht wirklich, wenn dort lebensrettende Operationen zu selten ausgeführt werden, um gut ausgeführt zu werden. Deswegen gibt es Vorgaben zu Mindestmengen. Aber mit dem Krankenhaus vor der Tür lässt sich leichter Politik machen.
In Punkt 8.2. wird gefordert, die ambulante Versorgung im ländlichen Raum zu erhalten. Das folgt eigentlich der Linie der Staatsregierung, die hier schon lange mit Förderprogrammen aktiv ist, die Kassenärztliche Vereinigung übrigens auch. Aber das weiß die AfD vielleicht nicht.
In 8.3. geht es um Sprachnachweise für ausländische Ärzte und darum, dass ausländische Ärzte auch in ihren fachlichen Kenntnissen geprüft werden sollen. Das geschieht aber schon, und daran ändern auch Einzelfälle mit ausländischen Ärzten, die zu schlecht deutsch sprechen, nichts. Warum die AfD nicht wenigstens bei den Heilpraktikern das Gleiche fordert?
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