O’zapft is. Vom 22. September bis zum 7. Oktober findet in München wieder das Oktoberfest statt, die Wiesn. Ein Großereignis mit vielen Menschen, vielen Brathähnchen (bairisch: „Hendl“), viel Bier, vielen Betrunkenen und vielen Polizeieinsätzen. Jedes Jahr muss die Polizei ca. 2.000 mal zum Einsatz, 1.896 Einsätze waren es im letzten Jahr. Vom Diebstahl über Prügeleien bis hin zu Sexualdelikten ist alles dabei. Ob das viel oder wenig ist, ist schwer zu sagen. Die „Grundgesamtheit“ waren im letzten Jahr 6,2 Mio. Besucher, davon ein unbekannter Anteil im psychischen und toxikologischen Ausnahmezustand. 7,8 Mio. Liter Bier wurden getrunken – ohne die Mengen, die beim sog. „Vorglühen“ durch die Kehlen flossen. Nicht wenige Wiesnbesucher machen sich nämlich die hohen Bierpreise erträglicher, indem sie schon auf dem Weg zum Festgelände für einen alkoholischen Grundpegel sorgen.
Die Statistik des Oktoberfests kann zwar mit vielen Daten aufwarten, aber was sie aussagen, ist nicht immer klar. Bier und Besucher in einen Pro-Kopf-Konsum umzurechnen, macht jedenfalls keinen Sinn, weil unter den Besuchern auch viele sind, die nur den Rummel besuchen und gar kein Bier trinken. Interessanter ist schon, dass es für die Jahre 1980 bis 2017 statistisch so gut wie keinen Zusammenhang zwischen der Besucherzahl und der umgesetzten Biermenge gibt: die Korrelation beträgt gerade mal 0,12.* Viel ausgeprägter ist die zwischen Bierkonsum und den verzehrten Hähnchen (-0,46) sowie der Biermenge und den verzehrten Schweinswürstln (-0,72). Wenn viel getrunken wird, wird weniger gegessen. Zwischen Besucherzahl und verzehrten Hähnchen beträgt sie 0,4, zwischen Hähnchenkonsum und Würstlessen sogar 0,61. Lieber ein Schweinswürstl zum Hendl als ein Bier? Ob das alles etwas zu bedeuten hat, gar zu den wiesnwirtschaftswissenschaftlichen Naturgesetzen gehört, oder doch eher in die Rubrik spurious correlations, weiß ich nicht.
Mit jedem Oktoberfest flammt auch die Diskussion wieder auf, ob die Gesundheitsminister anlässlich des weltgrößten Besäufnisses nicht irgendwelche klugen Kommentare zum Thema Alkohol abgeben sollten. Alkohol ist bekanntlich neben dem Tabak einer der ganz großen Killer. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen geht von 74.000 vorzeitigen Sterbefällen jährlich in Deutschland und knapp 2 Mio. Alkoholabhängigen aus. Aber was das mit dem Oktoberfest zu tun hat, ist nicht so einfach zu sagen. Am Ende braucht der Mensch ab und zu den bacchantischen Taumel, sei es an Fasching, sei es beim Oktoberfest, um aus dem alltäglichen Funktionieren als Rädchen im Getriebe auszubrechen? Gut, da gäbe es sicher gesündere Möglichkeiten und schon gar nicht rechtfertigt das Gewalttaten im Rausch. Keine ganz klar zu beantwortende Frage. Oder doch?
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* Lässt man allerdings die ersten 20 Jahre weg und betrachtet nur den Zeitraum zwischen 2000 und 2017, beträgt die Korrelation Besucher-Bier 0,54. Kommen also immer mehr Biertrinker?
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