Depressionen gehören zu den häufigsten psychischen Störungen in Deutschland, das war hier auf Gesundheits-Check schon mehrfach Thema. Bei knapp 10 % der Erwachsenen liegen der DEGS1-Studie des Robert Koch-Instituts zufolge im Laufe eines Jahres die Kriterien für eine Depression vor. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Depressionen verursachen bei den Betroffenen und ihrem familiären und sozialen Umfeld oft großes Leid, sie können zu körperlichen Folgeerkrankungen führen oder die Behandlung gleichzeitig bestehender anderer Erkrankungen erschweren – und manchmal führen sie zum Suizid. Obwohl Depressionen von der Häufigkeit her zu den Volkskrankheiten gehören, sind sie nach wie vor mit viel Scham und auch viel Unwissen behaftet. Das verhindert oft, dass rechtzeitig Hilfe gesucht und in Anspruch genommen wird.
In Deutschland bemüht sich das “Bündnis gegen Depression“ um einen besseren Umgang mit dieser Erkrankung. Es arbeitet nach einem 4-Ebenen-Modell, das auf die Kooperation mit Hausärzten setzt (die oft erste Anlaufstelle sind), auf Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit, auf die Zusammenarbeit mit Multiplikatoren sowie auf Angebote direkt für Betroffene und Angehörige. Das erste lokale Bündnis gegen Depression wurde vor fast 20 Jahren in Nürnberg auf den Weg gebracht, inzwischen gibt es mehr als 80 lokale Bündnisse in Deutschland und der Grundansatz hat sich über Deutschland hinaus rund um den Globus verbreitet. Es gibt auch einige Evaluationsstudien, die den Nutzen der Bündnisse belegen.
Heute hat das Münchner Bündnis gegen Depression mit einem Symposium sein 10-jähriges Bestehen gefeiert. Dabei wurden u.a. Befunde einer regionalen Studie aus Kempten mit einem mehrjährigen Analysezeitraum vorgestellt, nach denen etwa die Hälfte der Suizide dort angekündigt war. Ob in jedem Fall Hilfe möglich gewesen wäre, sei dahingestellt, aber der Befund zeigt einmal mehr, wie wichtig ein aufmerksames soziales Umfeld und dann vor allem auch niedrigschwellige Krisendienste sind. Im Jahr 2015 wurden in Deutschland in der Todesursachenstatistik 10.078 Suizide dokumentiert. Viele davon gehen auf eine Depression oder eine andere psychische Störung zurück und viele wären vermutlich, legt man die Kemptener Zahlen zugrunde, vermeidbar gewesen.
In Bayern sollen nach dem neuen Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz künftig flächendeckend Krisendienste aufgebaut werden. Warum das nicht längst geschehen ist, ist schwer zu verstehen. Aber Krisendienste allein werden nicht reichen. Die psychischen Störungen müssen aus der Scham-Ecke herausgeholt werden, die Diagnostik muss verbessert werden, ebenso die patientengerechte Versorgung. Die dazu nötigen Ressourcen müssen geschaffen werden und das Zusammenspiel der Akteure muss besser werden. Womit man wieder beim 4-Ebenen-Modell der Bündnisse wäre. Deren Arbeit wird absehbar auch in den nächsten 10 Jahren nicht erledigt sein.
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