Im Moment macht die Geschichte um die auf twitter zusammengeklaubten Daten von Politikern Schlagzeilen. Eine unschöne Geschichte. Mir fällt dabei allerdings auch der Satz „Datenschutz ist was für Gesunde“ ein, die vielzitierte Quintessenz eines Buches des Gesundheitsministers Spahn mit Coautoren, in dem u.a. der Nutzen von Apps im Gesundheitswesen beworben wird. Nach seinem Amtsantritt hat er auch gleich die elektronische Gesundheitskarte ver-Appt. Die Digitalstaatsministerin Bär sieht das Datenschutzthema ebenfalls recht unbesorgt. In Deutschland seien wir zu sehr von Ängsten getrieben, sagte sie vor Kurzem. Nun gut, man wird sehen, wer von was getrieben wird, wenn demnächst Patientendaten in großem Umfang öffentlich werden. Bei der Aufregung, die gerade der Datenklau bei Gesunden verursacht, wird es dann noch mal ganz anders zugehen. Wer meint, die beiden Dinge könne man nicht in Verbindung bringen, weil die gerade in der Einführung befindlichen elektronisches Patientenakten sicher seien, dem sei der Vortrag des Computerfachmanns Martin Tschirsich beim kürzlichen CCC-Kongress ans Herz gelegt.
Den Vorstandsvorsitzenden der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, Wolfgang Krombholz, hat das Ganze zu einem ungewöhnlich harschen Brief an Gesundheitsminister Spahn motiviert. Darin schreibt er unter anderem:
„Was hier mit den Daten ausgewählter, im Licht der Öffentlichkeit stehender Personen passiert ist, könnte auch mit den intimen Gesundheitsinformationen unserer Patientinnen und Patienten geschehen. Wer auch immer hinter der aktuellen Veröffentlichung steht und welche Ziele er damit verfolgt, ist unklar. Fest steht jedoch, dass dies für die Politik ein Signal sein muss, sich endlich mit dem Thema Datensicherheit und Datenschutz in angemessener Form auseinanderzusetzen.
Wie man es nicht machen sollte, hat Ihre Ministerkollegin Dorothee Bär ja in verstörender Weise vor einigen Tagen in einem Interview in der “WELT” unter Beweis gestellt. Sätze wie “Wir sind insgesamt bei allem zu zögerlich und zu sehr von Ängsten getrieben und gehemmt. Wir haben in Deutschland mit die strengsten Datenschutzgesetze weltweit und die höchsten Anforderungen an den Schutz der Privatsphäre” zeugen angesichts der jüngsten Entwicklungen nicht gerade von einer profunden Sachkenntnis. Und die Unterstellung, dass Ärzte die Digitalisierung ablehnten, weil diese “eine ganz neue Transparenz” bringe, ist im besten Falle als böswillig zu bezeichnen.“
Da ist offensichtlich jemand der Geduldsfaden gerissen. Dass Deutschland kein Vorreiter bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen ist, ist unstrittig. Dass es nicht Vorreiter beim nachlässigen Umgang mit dem Datenschutz im Gesundheitswesen werden sollte, muss sich an der einen oder anderen Stelle in der Politik noch herumsprechen, auch wenn europaweit der Run auf Profite im „Gesundheitsdatenmarkt“ in vollem Gange ist. Im Gesundheitswesen ist Innovation um jeden Preis aber keine gute Richtschnur.
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