Seit ein paar Tagen geht wieder einmal der Fall James Watson durch die Medien. Watson irrlichtert schon seit einiger Zeit mit rassistischen Bemerkungen durch die Schlagzeilen. Schwarze hätten genetisch bedingt eine geringere Intelligenz als Weiße. Diese Geschichte ist eine Endlosschleife in rassistischen Narrativen. Die Dawkins Foundation gab jetzt dem Historiker Lukas Mihr eine Bühne, um Watson gegen die öffentlichen Rassismus-Vorwürfe zu verteidigen. Mihr schreibt gerne bei der Jungen Freiheit, bei novoargumente und ähnlichen „Debattenblättern“. Der Kampf gegen angeblich unzutreffende Rassismusvorwürfe ist eines seiner Dauerthemen.
Auf die Frage, ob sich „Schwarze“ und „Weiße“ hinsichtlich ihrer Intelligenz genetisch bedingt unterscheiden, will ich nicht eingehen. Darüber gibt es Berge an Literatur, wer will, kann sich darin verlaufen. Schon die Dichotomie Schwarz und Weiß ist hier unangebracht, so kann man Populationen nicht einteilen. Welches biologische Konzept die „Intelligenz“ fundiert, oder ob Intelligenz einem alten Bonmot der Psychologen zufolge schlicht das ist, was ein Intelligenztest misst, wäre auch ein Thema für sich, ebenso die Diskussion des genetischen Einflusses oder die so oft missverstandenen Angaben zur „Erblichkeit“ der Intelligenz. Etwas böse könnte man sagen, so richtig weiß man eigentlich nicht, über was man da spricht, aber dass Menschen mit schwarzer Hautfarbe aufgrund ihrer „Rasse“ weniger intelligent sind als solche in Rosa, dessen ist man gewiss.
In Mihrs Text findet man Argumentationsgänge von erschütternd niedriger Intelligenz. Watsons Aussage, wegen der angeblich genetisch niedrigeren Intelligenz von Schwarzen sei Entwicklungshilfe für Afrika sinnlos, will Mihr allen Ernstes so rechtfertigen:
„Bevor man sich über diese Bemerkung empört, sollte man bedenken, wie sehr die südafrikanische Regierung im Kampf gegen AIDS versagte. Staatspräsident Thabo Mbeki leugnete die Existenz des HI-Virus, Nachfolger Jacob Zuma empfahl, sich zum Schutz nach dem Sex heiß abzuduschen. (…) Der Gedanke, dass solchen Gesellschaften nicht zuzutrauen ist, verantwortungsvoll mit Hilfsgeldern umzugehen, mag paternalistisch anmuten – aber er ist korrekt!“
Was soll man dazu sagen? Ob man solche Aussagen als Item eines Intelligenztests interpretieren sollte? Auf welchen Intelligenzquotienten ließe das wohl schließen? Und ob der deutschsprachige Ableger der Dawkins Foundation mit solchen Texten nur ungeschickt einen Säulenheiligen der Genetik verteidigen will, „die letzten Reste einer Jahrhundert-Legende“, wie die FAZ Watsons Selbstzerstörung kommentiert? Oder folgen die Leute dort schon Ulrich Kutschera, einem ihrer Wortführer, auf dessen Weg ins Lager abgestandener Altmännerphantasien? Mit Kutscheras zweitem Refugium, kathnet, werden sie wohl so schnell nicht fusionieren, aber ein Ruhmesblatt der Aufklärung war der Artikel von Lukas Mihr nicht. Wissenschaft und Vernunft differenzieren, sie schablonisieren nicht Schwarz-Weiß. Hatte die Stiftung keinen guten Populationsgenetiker oder keinen in der Intelligenzforschung ausgewiesenen Psychologen? Oder eine -in?
Kommentare (173)