… besiegen, das ist die Vision von Gesundheitsminister Spahn. Krebs ist nach den Herzkreislauferkrankungen die zweithäufigste Todesursache. Gut 230.000 Menschen sind 2016 in Deutschland an Krebs gestorben, im Vordergrund stand dabei der Lungenkrebs mit fast 46.000 Sterbefällen, gefolgt vom Brustkrebs mit fast 19.000 Fällen. Etwa 480.000 Menschen erkranken jährlich neu an Krebs.
Die absoluten Fallzahlen waren in den letzten Jahren trotz der infolge des demografischen Wandels gestiegenen Zahl älterer Menschen mehr oder weniger stabil. Altersstandardisiert sind sie sogar rückläufig, d.h. anders als man manchmal aus der der öffentlichen Diskussion den Eindruck gewinnen kann, sinkt das Krebsrisiko hierzulande. Trotzdem trifft Krebs im Laufe des Lebens etwa jeden zweiten Menschen und mit der Alterung der Gesellschaft wird langfristig auch die Zahl der Krebsneuerkrankungen steigen, wenn die präventiven Potentiale ausgeschöpft sind.
Wer mehr Zahlen möchte, dem sei die Broschüre Krebs in Deutschland des Robert Koch-Instituts ans Herz gelegt.
Anlass der (zu)vielversprechenden Äußerung Spahns war die gerade ausgerufene „Nationale Dekade gegen den Krebs“. Mit mehr Geld für Forschung und Therapie soll der Kampf gegen den Krebs intensiviert werden. Etwa 60 Mio. Euro beträgt das Startkapital.
So begrüßenswert die Initiative ist und so gewiss in den nächsten 10 oder 20 auch große Erfolge in der Therapie von Krebserkrankungen erreicht werden, „besiegt“ wird der Krebs in dieser Zeit sicher nicht. Schon gar nicht durch eher symbolische Summen. Daran gemessen müssten die USA Krebs spätestens an Weihnachten besiegt haben, allein das National Cancer Institute dort hat 2019 ca. 6 Mrd. Dollar zur Verfügung.
Was nicht heißt, dass in Deutschland in dieser Dekade nichts zu erreichen ist, auch ohne das ganz große Geld. Ein wichtiger Schritt in der Prävention wäre z.B. die weitere Reduktion des Rauchens. Da ist der politische Wille der Bundesregierung aber recht überschaubar, nicht einmal zu einem konsequenten Werbeverbot kann sie sich bisher durchringen. Beim Alkohol, einem weiteren bedeutsamen Krebsrisiko, passiert auch nicht allzuviel. Eine andere Herausforderung in den nächsten 10 oder 20 Jahren wird es sein, das Leben mit Krebs als chronischer Erkrankung leichter zu machen, denn je erfolgreicher Krebserkrankungen zu behandeln sind, desto mehr Menschen leben damit viele Jahre ihres Lebens. Genau wie mit anderen chronischen Erkrankungen, vom Diabetes bis zur Demenz.
Eine krebsfreie Gesellschaft als Ziel ist utopisch, eine Gesellschaft, die die Zahl vermeidbarer Krebserkrankungen verringert und die fürsorglicher mit ihren Kranken umgeht, könnte dagegen im Laufe einer Dekade Wirklichkeit werden – wenn man nicht nur auf High-Tech-Bereiche schaut.
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