Das Robert Koch-Institut hat den 19. März zum „Tag des Gesundheitsamtes“ ausgerufen, um die Arbeit der etwa 400 Gesundheitsämter in Deutschland zu würdigen. Eine gute Idee. Vieles von dem, was Gesundheitsämter und allgemein die Gesundheitsbehörden tun, ist „unsichtbar“. Dass es Gesundheitsämter gibt, fällt einem noch am ehesten auf, wenn man für eine Tätigkeit im Lebensmittelbereich ein Gesundheitszeugnis braucht und dafür zum Gesundheitsamt gehen muss, oder wenn die Kinder eingeschult werden und zur Schuleingangsuntersuchung aufgefordert werden. Aber wer denkt daran, dass Gesundheitsämter auch ihren Anteil daran haben, dass jeden Tag sauberes Wasser aus der Leitung kommt oder wir nicht viel öfter durch Ausbrüche von Infektionskrankheiten überrascht werden? Die Überwachungstätigkeiten, die im Hintergrund unseres Alltags dafür sorgen, sieht man nicht.

Die Gesundheitsämter haben in Deutschland über Jahrzehnte ein Schattendasein geführt. Die Gründe dafür reichen zurück bis zur Beteiligung der Gesundheitsämter an den Verbrechen im Nationalsozialismus, vor allem den Zwangssterilisationen und dem Behindertenmord. Als Konsequenz daraus hat man nach dem Krieg die Befugnisse der Gesundheitsämter stark beschnitten. Der Öffentliche Gesundheitsdienst hat seine Geschichte lange nicht aufgearbeitet und war auch nicht fähig, neue Perspektiven zu entwickeln. Daran hatte auch der Aufbau akademischer Public Health-Strukturen Ende der 1980er Jahre zunächst einmal nichts geändert. Es war die Zeit der Staatsabbau-Ideologie, in der das Wort „Staatsmedizin“ geradezu zum Abschreckungsbegriff geworden ist und die Gesundheitsämter kontinuierlich Personal verloren.

Seit einigen Jahren dreht sich der Wind. Man hat bei Krisen wie dem EHEC-Ausbruch, später bei der Notwendigkeit, in kurzer Zeit viele tausend Flüchtlinge zu untersuchen oder den Schwierigkeiten, die Masernimpfraten zu steigern, gemerkt, dass es ohne die Gesundheitsämter nicht geht. Mit dem Präventionsgesetz 2015 kam dann noch hinzu, dass die Defizite einer koordinierten Prävention auf kommunaler Ebene spürbarer wurden. Nach Jahrzenten des Personalabbaus bei den Gesundheitsämtern gab es da und dort erstmals wieder neue Stellen. 2016 hat die Gesundheitsministerkonferenz einen weitreichenden Beschluss zur Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes gefasst, 2018 wurde ein neues Leitbild für den Öffentlichen Gesundheitsdienst beschlossen und im Zusammenhang mit dem Präventionsgesetz werden zunehmend kommunale Koordinationsstrukturen aufgebaut. Alles zaghaft Pflänzchen, aber immerhin.

Dass das RKI nun mit einem „Tag des Gesundheitsamtes“ versucht, die Gesundheitsämter auch öffentlich noch etwas sichtbarer zu machen, wird natürlich die Welt nicht verändern und die Finanzminister der Länder auch nicht dazu bewegen, das Füllhorn einer substantiellen Stellenmehrung über den Öffentlichen Gesundheitsdienst auszugießen, aber es ist ein weiterer Baustein im Bemühen, das Bewusstsein für die Notwendigkeit einer guten öffentlichen Infrastruktur auch im Gesundheitsschutz und in der Prävention zu stärken. Vielleicht denken Sie am 19. März einmal daran, wenn das Kaffeewasser nicht schon als braune Brühe aus der Leitung kommt.

Kommentare (2)

  1. #1 rolak
    10. März 2019

    unsichtbar

    Hier in K erfreulicherweise doppelt nicht: einerseits prangt der Name am entsprechenden Ausgang des HUGOs, andererseits seit bummelig zwanzig Jahren im Eingangsbereich eine Gedenktafel zur GebäudeArisierung. Letztere zwar ‘zufällig’ ziemlich randständig, aber dennoch (und wohl auch weils ein gut erreichbarer, übersichtlicher Sammelpunkt ist) ein häufiger Bestandteil entsprechender Stadtführungen.

    braune Brühe

    A) speziell bei Wasser nur ganz selten (Wartungsarbeiten),
    b) generell leider zu häufig.

    Möge die Tageswidmung wenigstens ein Fitzelchen wirken!

  2. #2 Dr. Webbaer
    12. März 2019

    Es lebe das bundesdeutsche Gesundheitsamt, sozusagen!
    Vielen Dank auch dem hiesigen werten Inhaltegeber, der oft wertvolle Sacharbeit leistet, Dr. W schlägt an dieser Stelle einen Tag des Dr. Joseph Kuhn vor bzw. würde fast so vorschlagen, wenn er im Politischen konsensfähiger, offener und vielleicht auch ein wenig pfiffiger wäre.

    MFG
    Dr. Webbaer