Am Donnerstag hat der Bundestag das TSVG, das „Gesetz für schnellere Termine und bessere Versorgung (Terminservice- und Versorgungsgesetz)“, verabschiedet. Arztpraxen müssen jetzt ihre Sprechzeiten erweitern, Fachärzt/innen „offene Sprechstunden“ ohne Terminvereinbarung anbieten und die Terminservicestellen bei den Kassenärztlichen Vereinigungen können künftig für Akutfälle unmittelbar ärztliche Versorgung vermitteln.
Karl Lauterbach hat das in der Plenardebatte am 14.3.2019 so kommentiert: Das Gesetz sollte eigentlich „Gesetz zum Abbau von Zweiklassenmedizin“ heißen. Denn: „Das ist das, was dieses Gesetz leistet. Es bringt uns wichtige Schritte nach vorn in Richtung einer Bürgerversicherung, die langfristig das Ziel ist.“
Da ist einerseits durchaus was dran: Da GKV-Versicherte eigentlich alle medizinisch notwendigen Leistungen bekommen sollen, sind Wartezeiten ein Punkt, in dem sich die Versorgung bei PKV und GKV wirklich unterscheidet. Zumindest in manchen Fällen. Unsinnige Angebote können dagegen auch GKV-Patient/innen mit eigenem Geld heute schon zusätzlich einkaufen.
Andererseits: Ein wesentliches Element einer Bürgersicherung ist, dass alle gemeinsam für eben jene medizinisch notwendigen Leistungen in eine Versicherung einzahlen und so keine Segregation von „guten und schlechten Risiken“ stattfindet, wie es im Kassenjargon heißt. Eine Bürgerversicherung soll vermeiden, dass besser verdienende, jüngere, alleinstehende und gesündere Versicherte bevorzugt in die PKV gehen (oder wie die Beamten kaum eine andere Alternative haben), während die GKV alle nehmen muss. Eine Bürgerversicherung ist also solidarisch finanziert. Was bitte setzt das TSVG davon um? Dem Bundesgesundheitsministerium zufolge soll die vertragsärztliche Vergütung für die erweiterten Angebote um 600 bis 800 Mio. Euro erhöht werden. Das sei den Ärzt/innen gegönnt, aber es sind 600 bis 800 Mio. Euro aus der Tasche der GKV-Versicherten. Für 100 Mrd. Euro mehr könnte man ihre Versorgung ganz sicher sogar auf Premium First Class umstellen, aber die Beiträge wären dann eben auch etwas exklusiv.
Lauterbachs Chefin Andrea Nahles, die Frau mit dem großen Gesangstalent, hatte vorab auch schon gesagt: „Das alles sind wichtige Schritte in Richtung einer Bürgerversicherung.“ Fast möchte man meinen, es wäre besser, wenn sich diese SPD-Führungsgeneration nicht weiter an einer Bürgerversicherung versucht. Das wird nur alles Lauternahles.
Nebenbei: Weiß eigentlich jemand, wo die Praxis Dr. Lauterbach ist? Lauterbach erklärt in der Plenardebatte nämlich auch, dass neue Patient/innen in den Praxen mehr Arbeit machen würden, und wörtlich: „hier spreche ich auch als Praktiker“. Ob er einen weißen Kittel anhatte?
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