Thanks god it’s Friday. Heute gehen sie wieder auf die Straße, die aufmüpfigen Schüler/innen, statt in Sozialkunde zu lernen, wie Demokratie funktioniert. Oder warum die Weltklimakonferenz zwar immer nette Bilder liefert, aber nichts bringt.
In den aktuellen “Blättern für deutsche und internationale Politik” 3/2019 hat Albrecht von Lucke einen schönen Artikel über den „Kampf um die Empörungshoheit“ im politisch-journalistischen Komplex geschrieben. Spätestens seit Christian Lindner im Zentralblatt für Risikokommunikation, der BILD, meinte, die Schüler/innen könnten doch die Dinge gar nicht überblicken und sollten das den Profis überlassen, ist klar: Gilt auch für Schüler/innen, dass man doch noch sagen können wird, dass es so mit dem Klimawandel nicht weitergehen kann?
Das darf man sagen, aber aus der Sicht der „Profis“ doch nicht so. „Wir brauchen keine Schulschwänzer, sondern wir brauchen eine Demonstration für Politik und Demokratie“, belehrt uns Dr. Scheuer am Politischen Aschermittwoch, dem Tag, an dem für Christen die Fastenzeit beginnt, eine Zeit der Besinnung und des Nachdenkens. Aber für Scheuer ist ja schon das Nachdenken über ein Tempolimit „gegen jeden Menschenverstand“. Am Ende bedrohen die Proteste noch unsere Freiheit, also die, zu rasen, zu fliegen und üppigst abholzungsschuldig produziertes Fleisch zu fressen, bis wir zu fett zum Nachdenken geworden sind. Was für eine Degenerationsform von Freiheit, wie Petra Pinzler zu Recht in der ZEIT anmerkte.
Interessant fand ich Luckes Hinweis auf Ulf Poschardt (WELT), der den Protest als “säkularisierten Calvinismus” sieht, d.h. als religiös aufgeladene Bewegung gegen das weltliche Leben. Und wer wäre nicht gegen religiöse Fanatiker, die uns nicht weiter rasen lassen wollen und uns stattdessen ein gottgefälliges Leben aufzwingen wollen. Da guckt hinter den Kindergesichtern doch der Veggie-Day hervor. Sie wissen nicht, was sie tun und lassen sich von ihren linksgrünen Eltern oder anderen Einflüsterern der Umweltschutzindustrie instrumentalisieren.
Albrecht von Lucke beschreibt, wie das Establishment versucht, die Schüler/innen um ihre Stimme zu bringen und durch die Infantilisierung der Protestierenden das Gespräch über Thema des Protests wieder in die bekannten Sackgassen zurückzuführen. Aber infantil ist an der ganzen Geschichte bestenfalls die Haltung der „Profis“, die meinen, wenn sie die Augen zu machen, sei der Klimawandel weg.
Ich glaube ja, das Establishment ist in Sachen Klimawandel da, wo das britische Unterhaus in Sachen Brexit ist. Man weiß, was man nicht will (kein Tempolimit, keine Einschränkung von Flügen, kein zu schneller Ausstieg aus der Kohle …), aber man weiß nicht, was man will. Also irgendwie weiter so, obwohl es nicht so weiter gehen kann. Dazu fällt den „Profis“ nichts ein – außer über die nervigen Schüler/innen herzuziehen, die vor dem harten Klexit warnen. Wenn außer symbolischen Aktionen nichts geschieht, droht nämlich wirklich die Ökodiktatur, vor der die Lindners und Scheuers dieser Welt angeblich so viel Angst haben, mit Ländern wie China und Singapur als Vorbild, mit Verboten, weil es zum Umsteuern mit deliberativen Verfahren, also einem freiheitlichen Rahmen, zu spät ist.
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