Gestern hat das Statistische Bundesamt die aktuelle Sonderauswertung zu den Sterbefällen 2016 bis 2020 veröffentlicht, sie reicht jetzt bis zum 19. April. Demnach scheint die Übersterblichkeit, die sich seit Mitte März, also seit der Zunahme der gemeldeten Corona-Sterbefälle, beobachten lässt, wieder abzunehmen. Wenn sich das stabilisiert, wäre das ein guter Befund. Nächste Woche sind wir schlauer.
Die Untersterblichkeit von Jahresbeginn bis Mitte März ist, wie bereits in den vorherigen Beiträgen zu den Daten des Statistischen Bundesamtes erwähnt, den starken Influenzajahren 2016/2017 und 2017/2018 geschuldet. Ob es 2020 in den ersten Wochen des Jahres auch eine influenzabedingte Übersterblichkeit gab, wird das RKI irgendwann ausrechnen. Dazu braucht man eine bereinigte Baseline, in der keine starken Influenzajahre enthalten sind. Für die Frage der coronabedingten Übersterblichkeit spielt das keine relevante Rolle: Bis Mitte März gab es praktisch keine gemeldeten Coronasterbefälle, zeitlich waren diese Dinge also einigermaßen getrennt. Zur Interpretation der Übersterblichkeit sei ansonsten sei auf die Erläuterungen zur letzten Sonderauswertung des Statistischen Bundesamtes sowie auf das Stichwort Exzesssterblichkeit verwiesen.
Von Kalenderwoche 12 bis Kalenderwoche 16 gab es 2020 gegenüber dem Durchschnitt 2016-2019 deutschlandweit 5.970 Sterbefälle mehr. Bis zum 19.April wurden dem RKI 4.294 coronaassoziierte Sterbefälle gemeldet. Dieser Vergleich ist aber nur ein grober Anhaltspunkt zur Unterschätzung der Meldezahlen, taggenau kann man das aus verschiedenen Gründen nicht abgleichen. Man müsste z.B. den unterschiedlichen Zeitbezug (Sterbedatum versus Meldedatum) berücksichtigen, oder auch, dass die Daten des Statistischen Bundesamtes zum Ende der Beobachtungsperiode noch nicht ganz vollständig sind. Die Zahlen deuten aber darauf hin, dass die ans RKI gemeldeten coronaassoziierten Sterbefälle nicht allzusehr unterschätzen. Das ist bei der Influenza in starken Influenzajahren ja ganz anders, da kann die Exzessmortalität um den Faktor 10 und mehr über der Zahl der laborbestätigten Meldefälle liegen.
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[Edit: Den ersten Satz des dritten Absatzes habe ich – inhaltsgleich – in ordentliches Deutsch gebracht. Dazu war noch ein Kaffee mehr nötig. JK]
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