Euromomo, das European Mortality Monitoring, kennen inzwischen vermutlich die meisten hier Mitlesenden. Es ist ein ursprünglich von der Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (DG Sanco) der EU-Kommission auf den Weg gebrachtes Projekt zur einheitlichen und schnellen Erfassung von Mortalitätsdaten in Europa. Derzeit werden die Daten vom dänischen Statens Serum Institut (SSI) in Zusammenarbeit mit dem ECDC und der Regionaldirektion Europa der WHO aufbereitet. Verfügbar sind bisher Daten aus Österreich, Belgien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, teilweise aus Deutschland (Berlin und Hessen), Griechenland, Ungarn, Irland, Italien. Luxemburg Malta, den Niederlanden, Norwegen Portugal, Spanien, Schweden, der Schweiz und Großbritannien (differenziert für England, Wales, Nordirland und Schottland).
Durch die Coronakrise ist Euromomo auch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden, weil es in übersichtlicher Form den Trend der Sterbefälle in den teilnehmenden Ländern nach Kalenderwochen abbildet.
Man sieht im Winter 2019/2020 den Aufbau einer nicht sehr ausgeprägten Influenzawelle, deren Rückgang, dann den steilen Anstieg der coronassoziierten Sterbefälle und deren ebenso rasche Abnahme. Der Gipfel liegt deutlich über den Spitzenwerten der Influenzawellen der Vorjahre, dafür ist die Kurve zeitlich gestauchter. In Spanien, Frankreich oder Großbritannien ist der Anstieg stark, in Ländern wie Dänemark oder Finnland sieht man gar nichts. In den zwei deutschen Regionen auch nicht, aber in Deutschland insgesamt gibt es den Anstieg.
In einer Auswertung auf der BBC-Seite werden auch für außereuropäische Länder Exzessmortalitätsdaten sehr anschaulich aufbereitet. Dabei werden zudem gemeldete Fälle mit den amtlichen Sterbestatistiken verglichen, ähnlich wie hier in den Beiträgen zur Übersterblichkeit in Deutschland.
Sehr interessant ist das mit Blick auf Japan. Bei den niedrigen Fallzahlen in Japan hatte ich bisher die niedrige Testaktivität in Verdacht. Aber wenn insgesamt nicht mehr Menschen als sonst gestorben sind, können auch nicht mehr Nichtgetestete als sonst gestorben sein. Grundsätzlich wäre natürlich denkbar, dass 2020 andere Todesursachen aus irgendwelchen Gründen deutlich zurückgegangen sind und eine Übersterblichkeit durch Corona ausgleichen, aber solange es dafür keine Anhaltspunkte gibt, sollte man davon nicht ausgehen. Bleibt die Frage: Warum? Eine Kombination aus Inselsituation, südlicher Lage, einer vielleicht doch bestehenden Hintergrundimmunität, sozial eingeübten Distanzregeln plus zusätzlichen Maßnahmen wie z.B. der Schließung von touristischen Attraktionen?
In Italien und Spanien liegt die Exzessmortalität dagegen deutlich über den gemeldeten Fällen. Die gelegentlich vorgebrachte Behauptung, man hätte dort gar nicht mehr Sterbefälle, wenn man die Hochaltrigen nicht in die Krankenhäuser gebracht und getestet hätte, hat auch die Daten zur Exzessmortalität gegen sich, aber das ist nicht neu. Dass in Ländern wie Ecuador oder Peru die Exzessmortalität die gemeldeten Fälle erheblich übersteigt, wird wohl am Gesundheitssystem dieser Länder liegen und an der gesellschaftlich instabilen Lage dort, und zu Iran, Boristan oder Trumpistan kann sich jeder selbst seine Gedanken machen.
Insgesamt sieht es so aus, als ob Europa zumindest die erste Welle hinter sich hat. Das Infektions- und Sterbegeschehen hat sich nach Südamerika und Südasien verlagert, wie die Daten bei worldometers zeigen. Da Viren bekanntlich keine Grenzen kennen, ist die Pandemie aber auch bei uns wohl noch nicht vorbei.
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