Die Tabakindustrie hat es vorgemacht: Um Wissenschaft, die das freie – oder besser gesagt rücksichtslose – Unternehmertum zu stören droht, zu diskreditieren, muss man erstens Zweifel an den wissenschaftlichen Befunden säen, und zweitens bessere Wissenschaft fordern. In einem vielzitierten Strategiepapier der Tabakindustrie heißt es: „Doubt is our product since it is the best means of competing with the ‘body of fact’ that exists in the minds of the general public. It is also the means of establishing a controversy.“

Die bessere Wissenschaft fordert man dann mit Initiativen einer Sound Science Coalition, oder wie auch immer die Maskerade des Angriffs auf die unliebsame Wissenschaft, die einem zu nahe gekommen ist, benannt wird. Einer der letzten Anläufe dieser Art war die „Brussels Declaration“. Solche Appelle lesen sich für normale Leute immer recht überzeugend. Noch überzeugender werden sie, wenn bekannte Wissenschaftler unterzeichnen, oder zumindest viele Professoren. Wenn die naiverweise nicht verstanden haben, was sie da unterzeichnen, umso besser.

Jetzt kann man dieses Spiel bei der „Great Barrington Declaration“ beobachten. Ziel ist, den Eindruck zu erwecken, als ob die Wissenschaft gegen restriktive Coronamaßnahmen sei und für das gezielte Herbeiführen einer Herdenimmunität. Sie wurde von einem mit der amerikanischen Öl- und Tabakindustrie verbandelten „American Institute for Economic Research (AIER)“ auf den Weg gebracht. Harald Walach, der Sachverständige für Kozyrev-Spiegel, bewirbt diese Leimrute, Wolfgang Wodarg, sonst sein Geistesbruder, hat sie nicht unterzeichnet und sieht sich daher unter Erklärungsdruck gegenüber seinem Corona-Widerstands-Milieu.

Nebenan bei den Skeptikern wird kurz darauf hingewiesen, dass inzwischen auch Herr Bhakdi die Erklärung unterstützt, etwas ausführlicher über die Hintergründe der Erklärung kann man sich dazu beim „Volksverpetzer“ und in einem Artikel von Christina Berndt in der Süddeutschen belesen, oder sich auf Recherchetour ins Internet begeben. Keinem wird es an einschlägigen Informationen mangeln.

Ich bin etwas ratlos, wie man mit dieser ewigen Wiederkehr der Desinformation umgehen soll. Als Preprint habe ich heute meinen Stand des Nachdenkens dazu online gestellt. Der Artikel wird im Dezember in der Zeitschrift „Forum Wissenschaft“ erscheinen. Rezepte, wie man das Nachdenken attraktiver macht, habe ich allerdings nicht anzubieten, lediglich ein paar wissenschaftspolitische Schlussfolgerungen, um Evidenzprobleme etwas besser davor zu bewahren, in Interessenkonflikten unterzugehen.

Kommentare (32)

  1. #1 Spritkopf
    15. Oktober 2020

    Verstehe ich das richtig? Wodarg hat die GBD nicht unterzeichnet, weil sie ihm noch zu nah am Mainstream liegt und “wissenschaftlich nicht begründete Zugeständnisse an die Panikmacher” macht?

    Ist der Mann jetzt komplett abgedreht?

    • #2 Joseph Kuhn
      15. Oktober 2020

      @ Spritkopf:

      Vielleicht war ihm, aus seiner lobbyismuskritischen Vergangenheit heraus, auch der Hintergrund mit AIER unheimlich und seine Erklärungen sind nur gemeinschaftswahrende Botschaften an sein Milieu?

  2. #3 Michael
    16. Oktober 2020

    Könnte es sein, dass Aufklärung der Wissenschaft und sachliche Informationen einfach nicht funktionieren, und stattdessen auf andere Mittel zurückgegriffen werden muss, wie Satire, Glosse & Co.?

    Beispiel: Der Film “Thank You for Smoking” ist allemal besser als irgendwelche wissenschaftlich erhellende Papiere zum Thema Rauchen & Manipulation. Der Film erreicht sein Publikum, was man von den üblichen Papers nicht sagen kann.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Thank_You_for_Smoking

    • #4 Joseph Kuhn
      16. Oktober 2020

      @ Michael:

      Lachen war schon immer befreiend gegenüber heuchlerischem Ernst, das gilt auch in solchen Fällen. Allerdings wird man sich schwer tun, wenn die Antiaufklärung Koryphäen der satirischen Politik wie den aktuellen Herrn im Weißen Haus aufbringen kann.

  3. #5 RPGNo1
    16. Oktober 2020

    @Joseph Kuhn

    Vielleicht war ihm, aus seiner lobbyismuskritischen Vergangenheit heraus, auch der Hintergrund mit AIER unheimlich und seine Erklärungen sind nur gemeinschaftswahrende Botschaften an sein Milieu?

    Guter Einwand. Wodarg ist seit vielen Jahren bei Transparency International Deutschland aktiv, bis der Vorstand seine Vereinsmitgliedschaft bis auf Weiteres ruhend stellt. Diese Prägung schüttelt man nicht so einfach ab. Da hat er sich seine eigene in sich logische Begründung geschaffen, warum er nicht die Erklärung unterschreiben kann/will.

  4. #6 foobar407
    16. Oktober 2020

    @Kuhn

    Ein kleiner Punkt zu Ihrem Preprint:
    Cambridge Analytica sollten Sie als Beispiel wohl besser rausnehmen.

    • #7 Joseph Kuhn
      16. Oktober 2020

      @ foobar407:

      Danke für den Link. Wobei sich dem Bericht nach eher die Streichung des Bezugs zum Brexit anbietet. Hab’s mir mal für die Endversion notiert.

  5. #8 Joseph Kuhn
    16. Oktober 2020

    Die Alternative:

    Im Lancet wurde auch eine Resolution auf den Weg gebracht, ein “John Snow Memorandum”, benannt nach einem der Stammväter der Epidemiologie: Scientific consensus on the COVID-19 pandemic: we need to act now.

  6. #9 Solarius
    16. Oktober 2020

    Ich bin etwas ratlos, wie man mit dieser ewigen Wiederkehr der Desinformation umgehen soll.

    Indem man miteinander redet, anstatt übereinander.

    Indem man Argumente widerlegt!

    Statt dessen wird die Diskussion vermieden, weil der Andere ja ein Nazi/Frauenfeind/Rassist/Rechter sein muß. Mit solchen darf man ja nicht diskutieren.

    Und so wird die Diskussion auch für die Zukunft unmöglich. Jeder lebt in seiner Filterblase und bekommt nicht mit, was in der jeweils anderen Filterblase vor sich geht. So gibt es zwei getrennte Diskussionen. Ohne Ausstausch.

    Ja, auch die andere Filterblase wundert sich. Auch die andere Filterblase stellt sich die Frage, wie man mit dieser ewigen Wiederkehr der “Desinformation” der “Coronahysteriker” umgehen soll.

    • #10 Joseph Kuhn
      16. Oktober 2020

      @ Solarius:

      Abgesehen davon, dass Ihre Behauptung, es würde nichts widerlegt, schlicht falsch ist, und in Bezug auf meine Blogbeiträge eine Frechheit:

      False Balance gibt es nicht nur im Journalismus. Ich wüsste nicht, warum ich solche Spielchen mitspielen sollte.

  7. #11 Herr Senf
    voll daneben
    16. Oktober 2020

    Das Problem ist, daß die eine Filterblase gar nicht diskutieren will und kann,
    die will dann einfach nur Recht haben, kriegt es nicht und wird ungemütlich.
    Das sind dann die genannten Soziopathen, Versuch zwecklos.

  8. #12 Uli Schoppe
    17. Oktober 2020

    Naja, so gerne ich den Volksverpetzer lese, der Beitrag hat eher den Stil von Q ^^ Die Strategie soll sein möglichst viele Alte zu töten? Alter Verwalter…

  9. #14 Kai
    17. Oktober 2020

    “Indem man miteinander redet, anstatt übereinander.
    Indem man Argumente widerlegt!”

    @Solarius: Es gibt kaum Argumente die man wiederlegen könnte, hauptsächlich sind das ja abstruße Verschwörungstheorien. Und auf jede falsche Behauptung und Desinformation wurde schon hunderte Male eingegangen. Es gibt genügend Faktenchecks. Ich hab schon dutzende Male versucht mit solchen Leuten zu reden. Es bringt einfach nichts. Auf jede Behauptung die man wiederlegt, wird einfach eine neue erwiedert, noch absurder und abenteuerlicher.

    Es ist immer die gleiche “Mimimi”-Strategie. Angeblich werden “Skeptiker” nicht ernst genommen, obwohl sich so viele Menschen mit ihnen beschäftigen. Sie werden angeblich alle als Nazis bezeichnet, obwohl das hier niemand getan hat. Niemand setzt nicht mit ihren verschwurbelten Fantasien zusammen, obgleich genau das in unzähligen Faktenchecks getan wird. Alle unterdrücken ihre Meinungen, obwohl sie frei demonstrieren dürfen und auf Youtube ihre Verschwörungstheorien frei äußern dürfen.

    Ich bin genauso ratlos wie Joseph: Wie soll man mit Menschen umgehen, die völlig den Bezug zur Realität verloren haben?

  10. #15 Uli Schoppe
    17. Oktober 2020

    @Joseph, ja die Vertreter von Nutzethik finde ich auch zum Kotzen. Kommt immer nur asozialer Mist am Ende heraus. Das sich da aber so viele Leute zusammengetan haben sollen um möglichst viele alte Menschen sterben zu lassen (was in dem Beitrag da ja nun mal unterstellt wird), da höre ich Xavier ^^
    Und das sich in einer schlecht kontrollierten Unterschriftenliste viele Witzbolde tummeln, geschenkt.
    Wenn ich nicht gutwillig wäre hätten die im Heim meiner Schwiegermutter auch Besuch aus Entenhausen gehabt ^^ Ich hab mir ja einen neuen Bogen geben lassen.

  11. #16 Solarius
    18. Oktober 2020

    die will dann einfach nur Recht haben, kriegt es nicht und wird ungemütlich.

    Was bedeutet hier ungemütlich?

    Es gibt kaum Argumente die man wiederlegen könnte, hauptsächlich sind das ja abstruße Verschwörungstheorien.

    Wenn es wirklich Verschwörungstheorien sind, dann ist es vermutlich schwierig. Da weiß ich auch kein Mittel. Vielleicht folgendes: “Das ist kompletter Blödsinn”. Das ist vielleicht das einzige wirkliche Argument, was man auf eine Verschwörungstheorie antworten kann. Es könnte allerdings sein, das der andere dann eine Reihe von Studien auf den Tisch legt. (Nicht Meinungen aus irgendwelchen Foren sondern Studien.) In unserer Welt der Filterblasen werden allerdings auch Studien gerne mal beiseite geschoben und ignoriert. Schade.

    Ich bin genauso ratlos wie Joseph: Wie soll man mit Menschen umgehen, die völlig den Bezug zur Realität verloren haben?

    Haben diese Menschen wirklich den Bezug zur Realität verloren oder einfach nur den Bezug zur jeweils anderen Filterblase? Ganz ehrlich: Wer immer nur die Süddeutsche liest, der lebt in einer furchtbar engen Filterblase. Dem kann die Welt da außerhalb wie eine einzige Verschwörungstheorie vorkommen. Wie kann man denn diskutieren, wenn man die Welt des anderen gar nicht kennt? Ein Vorschlag: Wie wäre es mal mit der NZZ? In der NZZ findet man zu vielen Themen ab und zu mal andere Meinungen. Zum Beispiel dies hier:

    https://www.nzz.ch/international/wahlen-usa-warum-trump-seine-anhaenger-immer-noch-ueberzeugt-ld.1580421

    Abgesehen davon, dass Ihre Behauptung, es würde nichts widerlegt, schlicht falsch ist, und in Bezug auf meine Blogbeiträge eine Frechheit:

    Sorry. Ich wollte sie nicht beleidigen. Aber leider reicht es nicht, die Fakten hier in dieser Filterblase zu widerlegen. Es bleibt ja alles hier in dieser Filterblase. Schade eigentlich. Ich wünschte mir, mehr Leute würden dieses Blog hier lesen. Es ist sehr gut. Ich habe es deshalb auch schon ein paar Mal an anderer Stelle verlinkt. Und ja, ich gebe es zu: Mit leider nur mäßigem Erfolg. Man muß zur Kenntnis nehmen, das andere Menschen Fakten anders bewerten. Ich weiß da jetzt kein Beispiel. Es ist vielleicht wie mit dem Motorradfahrer. Der kennt auch die Fakten. Er weiß, das Motorradfahren seinem Leben ein schnelles Ende bereiten kann. Trotzdem setzt er sich drauf und gibt Gas. Und freut sich an der Geschwindigkeit. Und man kann dem Motorradfahrer deshalb nicht Unvernunft unterstellen.

    False Balance gibt es nicht nur im Journalismus. Ich wüsste nicht, warum ich solche Spielchen mitspielen sollte.

    Weil sonst die Gegenseite/die andere Filterblase tatsächlich den Bezug zur Realität verliert. Und nicht nur den Bezug zur anderen Filterblase. Den folgenden Link kennen sie sicher schon:

    https://wochenblatt.cc/interview-mit-professor-dr-kutschera-gesichtsmasken-und-co2-selbstbegasung-im-klimawandel-coronaland/

    Ja was soll man dazu sagen?

    Ohne Austausch bleibt auch er in seiner Filterblase und wird seine Thesen weiter verbreiten. Das kann nicht in ihrem Interesse sein. Dafür ist der Klimawandel ein viel zu ernstes Thema.

  12. #17 borstel
    18. Oktober 2020

    Wie schön, es gibt also eine deutschsprachige Zeitung in Paraguay – damit steht das Land doch sofort an erster Stelle, wenn ich mal in einem Anfall geistiger Umnachtung über das Auswandern nachdenken sollte. Aber natürlich erst dann, wenn ein neuer Stroessner dort putschen sollte.

    @ Solarius: Wer liest denn hier nur die Süddeutsche? Und selbst wenn sich das Zeitungslesen auf “Mitte-Links-Blätter” beschränken sollte, kann da wohl von einer Filterblase kaum die Rede sein.
    Auf jeden Fall ist eine Verbreitung irgendwelcher zusammengeschusterter Thesen von rassistischen, argumentativ nicht erreichbaren Holzköpfen, wie Kutschera es ist, Unfug: Eine Brücke zu einem solchen Menschen läßt sich ja gar nicht mehr bauen, denn er ist überhaupt nicht an Dialog, an Gedankenaustausch interessiert.
    Und dann stellt sich auch die Frage: Wie kommen Sie ausgerechnet bei Herrn Kuhns Blog auf die Idee, es würde sich um eine Filterblase handeln?? Es werden von ihm selbst doch diverse Beiträge verlinkt, die sicherlich nicht seinen Ansichten entsprechen, und dann kritisch besprochen.
    Und noch ein Punkt: Was hilft es denn, wenn eine Website oder ein Blog auch “den Gegner” ausführlich zu Wort kommen läßt? Glauben Sie ernsthaft, daß dann auch “gegnerische” Leute hier angesurft kommen und sich dann auf eine Diskussion einlassen? So funktionieren Algorithmen in sozialen Netzwerken definitiv nicht, und die Menschen, die in ihren Filterblasen leben, werden daran auch nicht interessiert sein.
    Wenn allerdings Kutschera, Wodarg, Hildmann und wie sie alle heißen mögen, ganz brav auf ihren Posts zum Gesundheits-Check verlinken (und zwar nicht in der Absicht, einen Flamewar zu entfesseln), dann würde das vieelicht etwas helfen. Aber das liegt ja nicht in JKs Hand.

  13. #18 RPGNo1
    18. Oktober 2020

    Kutschera sinkt immer tiefer. Erst verteilt er Streicheleinheiten an AfD und Katholiken. Jetzt betätigt er sich auch als Epidemiologe und Virologe, nachdem er ja bereits erstaunliches zur Klimatologie beitragen konnte.

    So schafft er es ganz nebenbei schon in seiner 2. Antwort zu Masken Unsinn zu verbreiten. Denn: Der MNS schützt nicht einen selbst vor den Viran, sondern verhindert, dass ein Infizierter mit Viren belastete Feuchtigkeitströpfchen im breiten Umkreis verbreitet. Und seine Aussagen zur den Gefahren der Masken sind völlig falsch.

    Die Ansammlung gesundheitsschädlichen Bakterien- und Pilzkulturen findet bei Einmalmasken aufgrund des regelmäßigen Wechsels keine Rolle. Stoffmasken müssen regelmäßig mit entsprechenden Temperaturen beahndelt werden. Das “Selbstbegasungs-Problem ist Unsinn , dafür die MNS viel zu grobmaschig. Für diese Infos hätte Kutschera sich nur einmal einen einfachen Faktencheck zur Gemüte führen müssen.

    https://www.mdr.de/nachrichten/ratgeber/gesundheit/maske-tragen-schaden-lunge-lungenfacharzt-erklaert-100.html

    Der Rest seines Interviews grenzt schon stark an Verschwörungsmythen und verbreitet fleißig die Fake News der Coraonaleugner.

    Mein Fazit: Kutschera sinkt immer mehr ab. Ein würdiger Weggefährte der Bahkdis, Walachs und Homburgs. Bald tritt er sicher auch bei KenFm auf und meldet sich bei Hildmanns Telegram-Channel an.

  14. #19 Jens
    19. Oktober 2020

    Hier ist, bei Interesse, nochmal ein Statement eines Initiierenden der “GBD”:

    https://unherd.com/2020/10/matt-hancock-is-wrong-about-herd-immunity/

    Ohne Wertung. Vermutlich kann man sagen, dass sie es sich ein bisschen einfach macht. Aber es ist halt ein Meinungsartikel, nicht mehr.

  15. #20 RPGNo1
    19. Oktober 2020

    Since the declaration last week, the Great Barrington Declaration has come under attack across the media, online (including Wikipedia and Google) from fellow academics as being part of a Libertarian conspiracy (my politics are not remotely libertarian) or being based in “pseudoscience”; others attempting to be less defamatory say that our views are “fringe”.

    Ich hole mir gleich ein Taschentuch hervor, um die Tränen ob dieser “ungerechtfertigten” Attacken abzuwischen.

    *Ironie off*

    Frau Gupta scheint noch nicht begriffen zu haben, dass Wikipedia eine Enzyklopädie ist, die die kritische Rezeption der Deklaration so getreu wie möglich abzubilden versucht, während Google eine Suchmaschine ist und somit überhaupt nichts mit der Bewertung zu tun hat.

    The large number of serious scientists from top institutions taking part suggest otherwise.

    Nur ist ein überwältigender Anteil der unterzeichnenden Wissenschaftler fachfremd und besitzt keinerlei Kenntnisse über Epidemiologie, Virologe und ähnliche verwandte Fachgebiete. Es zeigt sich ein ähnliches Schema wie bei Erklärungen, in denen “Wissenschaftler” die menschengemachte Klimaerwärmung leugnen oder die Evolution anzweifeln.

  16. #21 Jens
    19. Oktober 2020

    Ich denke eigentlich, ein wichtigste Argument gegen die “GBD” ist, auch wenn man komplett unterschiedliche Ansichten hinsichtlich der Risiken und deren Beurteilung hat, dass es gerade jetzt – nach dem Sommer und mit Impfstoffen am nicht allzufernen Horizont – ein ziemlich bescheuerter Zeitpunkt für einen Strategiewechsel ist.

  17. #22 rolak
    19. Oktober 2020

    Orac konnte sich zu dem Thema ebenfalls nicht zurückhalten…

  18. #23 Solarius
    19. Oktober 2020

    Und selbst wenn sich das Zeitungslesen auf “Mitte-Links-Blätter” beschränken sollte, kann da wohl von einer Filterblase kaum die Rede sein.

    Dazu verlinke ich zum wiederholten Male eine Rede von Herr Steinmeier aus dem Jahre 2014:

    https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/141115-rede-bm-anlaesslich-verleihung-lead-awards/266898

    Zitat von Frank-Walter Steinmeier :

    …Wenn ich morgens manchmal durch den Pressespiegel meines Hauses blättere, habe ich das Gefühl: Der Meinungskorridor war schon mal breiter. Es gibt eine erstaunliche Homogenität in deutschen Redaktionen, wenn sie Informationen gewichten und einordnen. Der Konformitätsdruck in den Köpfen der Journalisten scheint mir ziemlich hoch…

    Wie groß würde Herr Steinmeier wohl den Meinungskorridor schätzen, wenn der Pressespiegel nur aus “Mitte-Links-Blättern” bestünde?

    Vermutlich würde er den Korridor mit der Lupe suchen. Und keinen finden. Man kann also sehr wohl von einer Filterblase reden. Und zwar von einer ziemlich engen Filterblase.

    Daher die Ratlosigkeit. Wie soll man auch in einer so engen Filterblase Rat finden?

    Und wem soll diese Filterblase noch Rat geben? Dazu zitiere ich noch einmal Herrn Steinmeier:

    …Das Meinungsspektrum draußen im Lande ist oft erheblich breiter…

    “Draußen im Lande” merkt man, das es sich um eine Filterblase handelt. Man merkt, das es in dieser Filterblase keinen Rat gibt. Und so versucht man sich an anderer Stelle Rat zu holen. Vielleicht bei einem Professor? Professoren sollen ja besonders klug sein? Na dann hört man eben auf Herrn Professor Homburg. Oder Herrn Professor Kutschera. Oder Herrn Professor ….

    Nur leider leben diese Herren Professoren ebenfalls in ihrer Filterblase…

    In unserer Welt der Filterblasen stehen auch Verschwörungstheorien hoch im Kurs. Kann es sein, das Verschwörungstheorien eine Folge der Filterblasen sind?

  19. #24 Solarius
    20. Oktober 2020

    Und noch einmal zum Thema:

    Ich bin etwas ratlos, wie man mit dieser ewigen Wiederkehr der Desinformation umgehen soll.

    Dazu verlinke ich nun noch Frau Professor Ines Kappstein:

    https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/pdf/10.1055/a-1174-6591.pdf

    Daraus zitiere ich nur die Schlussfolgerungen:

    Schlussfolgerungen
    Die Empfehlung für MNB im öffentlichen Raum hat
    1. keine wissenschaftliche Grundlage und ist
    2. sogar potenziell kontraproduktiv

    Dieses PDF wird auch überall verbreitet. Jeder, der den Coronamaßnahmen kritisch gegenübersteht, der wird in allen möglichen Blogs fündig. Zum Beipiel hier:

    https://www.reitschuster.de/post/maskenpflicht-beruht-auf-glauben/

    Also was will man machen? Etwa den Thieme Verlag verbieten? Oder ganz generell eine Zensur einführen?

    Oder vielleicht doch besser miteinander reden, statt übereinander!

    Miteinander reden kann dabei helfen, eigene Denkfehler zu entdecken und zu korrigieren.

    • #25 Joseph Kuhn
      20. Oktober 2020

      @ Solarius:

      “Miteinander reden kann dabei helfen, eigene Denkfehler zu entdecken und zu korrigieren.”

      So allgemein ist das sicher nicht falsch. Wenn Sie jetzt noch sagen würden, welche Ihrer Denkfehler Sie nach Kritik an Ihren Äußerungen hier im Blog entdeckt und korrigiert haben, wäre Ihr Argument auch persönlich überzeugend.

  20. #26 foobar407
    20. Oktober 2020

    Ich würde Solarius teilweise Recht geben, dass man nicht drumherum kommt, bei Misinformationen jedes einzelne Argument zu betrachten und zu widerlegen. Das geht natürlich nur im Gespräch miteinander.

    Wo ich ihm widersprechen und Joseph Kuhn zustimmen würde, ist allerdings, dass das hier im Blog bzgl. Corona durchaus passiert in einer sehr vernünftigen Weise.

    Das einzige, was ich hier im Artikel oder auch im Paper nicht verstehe, ist die Zuweisung des Denialismus. Was bringt einem dieser Begriff denn? Man muss doch sowieso alle Argumente für sich nehmen und einzeln behandeln. Was soll es bringen eine Gruppe davon zu identifizieren und sie nach (aus meiner Sicht etwas schwammigen) Kriterien zu klassifizieren? Braucht man sich dann auf ein Mal doch nicht mehr damit beschäftigen? Soll das wirklich ein reales Phänomen sein?

  21. #27 Joseph Kuhn
    24. Oktober 2020

    Update:

    Das AIER reagiert auf das John Snow Memorandum
    https://www.aier.org/article/john-snow-vs-the-john-snow-memorandum/

    Der letzte Absatz, ein Zitat, ist unfreiwillig komisch, weil man dabei als Europäer spontan an Trump denken muss.

    Kurz zuvor liest man den denkwürdigen Satz: “What government officials really ought to be doing is improving our flawed healthcare system”. Richtig. Aber der Autor meint, man solle alles radikal deregulieren, einschließlich der Kontrolle der Arzneimittel. Davon würden selbstverständlich auch die Armen profitieren, weil es nicht mehr so viel bürokratische Verschwendung gäbe. Vermutlich glaubt er das wirklich.

  22. #28 RPGNo1
    24. Oktober 2020

    AIER, die Sponsoren der Köpfe hinter der Great Barrington Erklärung, haben einen Historiker (!) vorgeschickt, um das John Snow Memorandum zu kommentieren.

    Wer kommt demnächst an die Reihe, wenn sie jetzt schon keinen fachkundigen Experten hervorzaubern konnten? Denn ich finde in Robert E Wrights Beschreibung keinen Hinweis, dass er jemals etwas mit Medizingeschichte zu tun hatte.

    Robert Eric Wright (born January 1, 1969[1] in Rochester, N.Y.) is a business, economic, financial, and monetary historian.

    https://en.wikipedia.org/wiki/Robert_E._Wright

  23. #29 Hambüchner
    6. November 2020

    Abgesehen davon, dass Ihre Behauptung, es würde nichts widerlegt, schlicht falsch ist, und in Bezug auf meine Blogbeiträge eine Frechheit: …

    Das ist natürlich grandiose Blase schlechthin. Die Unschuldsvermutung in Fleisch und Blut übergegangen.
    Sie mögen anhand ihrer Analysen der ihne vorgelegten Daten redlich und korrekt arbeiten und analysieren.

    Aber es gibt berechtigte Gründe, wieso nie alle Forschungsergebnisse hinreichend erfüllende Wirklichkeit beschreiben, wie man aber in der Verwertung annimmt.

    Diese “Ungewissheit” in den Erkenntnissen muß man mit Zuversicht und Erhabenheit (und fiesen Taktiken der massenmedialen Manipulation) in konkreten Glaubenssätzen umformen, das die allgemeine Bevölkerung daraus Handlunbgsmöglichkeiten entnehmen kann, damit sie sich selbst nicht ohnmächtig fühlt und deswegen in Panik verfallen könnte.

    Was in der massenmedialen Öffentlichkeit verhandelt wird, ist also kaum die Wahrheit über Wirklichkeit, als das sie dargestellt wird. Einfach deswegen, weil die Wahrheit viel brutaler und unverkraftbarer ist, und zu Ohnmacht und Panik führt.

    Die Öffentlichkeit, der öffentliche “Raum”, der praktisch nur “ideel” gefüllt wird, ist das moderne Schlachtfeld gegen die Unwegsamkeiten der Wirklichkeit.

    Und das ist noch die harmlose Definition.

    Wenn man sich diese Sphäre ansieht, dann kann man auch auf ganz andere Ziele und Strategien kommen.

    Und natürlich sind die in dieser Öffentlichkeit verhandelten Details der Verhandlung kaum wert. Aber das ist ja die Taktik: Etwas eh streitbares verhandeln, wo der Ausgang recht eindeutig ist, woraufhin man dann die Deutungshoheit auch über andere Details in der Sache erlangt und… dann tatsächlich herrschen kann. Das vertrauen der Schäfchen, deren Verständnis über den Gegenstand nicht ausreichen, wird über den Glauben gewonnen.

    Leider bleibt die Wahrheit über Wirklichkeiten vollends auf der Strecke, wenn man sich angesichts der anderen Lösungsstrategie für die Deutungshoheit um diese nicht kümmern muß.

    • #30 Joseph Kuhn
      7. November 2020

      @ Hambüchner:

      Ist das ein Kommentar zur Great Barrington Declaration, zu meiner Einordnung dieses Papiers oder einfach nur allgemein eine Bemerkung über Wahrheit und Wirklichkeit, wie sie zu jedem Thema gesagt und mangels Konkretheit und begrifflicher Unschärfe nicht diskutiert werden kann?

      Ich bin ja der Meinung, dass Krisen oft bedeutsam sind und ihre Deutung Voraussetzung eines jeden Streits um Deutungshoheit ist. Diese fundamentalepistemologische Einsicht in das Wesen von Wahrheit und Wirklichkeit musste hier in dieser Blase endlich einmal gesagt werden. Sie werden das sicher zu schätzen wissen.

  24. #31 Jolly
    7. November 2020

    Auch nicht schlecht, @Hambüchner schreibt hanebüchenen Unsinn.

  25. […] Maßnahmen dafür vielleicht zu kritisch – und seine positive Kommentierung der Great Barrington Declaration kommt mir sogar uninformiert vor. Aber dafür entschädigt er durch Berichte über Hintergründe […]