2015 ist das Präventionsgesetz in Kraft getreten. Es soll den Ausbau der Prävention unterstützen. Mit einem Anteil von ca. 4 % an den Gesundheitsausgaben wird im Gesundheitswesen in Deutschland bisher recht sparsam in die Prävention investiert. Hinzu kommt eine bunte Vielfalt von Akteuren mit je eigenen Präventionsprogrammen, oft auf das individuelle Gesundheitsverhalten fokussiert, und eine Public Health-Strategie, die einen Handlungsrahmen mit konsentierten Zielen vorgibt, fehlt in Deutschland auch. Mit dem Präventionsgesetz wurden immerhin Lenkungsstrukturen im Bereich der Sozialversicherung etabliert, z.B. eine Nationale Präventionskonferenz und eine Nationale Präventionsstrategie mit trägerübergreifenden Empfehlungen sowie einem regelmäßigen Präventionsbericht. Dieser soll insbesondere die Umsetzung des Gesetzes dokumentieren und Weiterentwicklungsbedarfe aufzeigen. 2019 hat die Nationale Präventionskonferenz dem Bundesgesundheitsministerium den ersten Präventionsbericht vorlegt.
Damit verbunden war ein Impuls, im Rahmen der Gesundheitsberichterstattung (verstanden als Terminus Technicus) über verschiedene Methodenfragen des Berichtens über Prävention nachzudenken, angefangen davon, nach welchen Kriterien welche Berichtsthemen ausgewählt werden können, anhand welcher Indikatoren über diese Themen berichtet werden soll bis hin zu wichtigen Schnittstellen zur Epidemiologie, etwa mit Blick auf die einzelnen Risikofaktoren zurechenbare Krankheitslasten und Sterbefälle.
Dazu haben im letzten Jahr das Robert Koch-Institut und das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit einen Expertenworkshop organisiert, dessen Dokumentation jetzt in Form eines Sammelbandes erschienen ist. „Über Prävention berichten – aber wie? Methodenprobleme der Präventionsberichterstattung“ lautet der Titel des Werks. Auf 146 Seiten werden dort wichtige Diskussionspunkte angerissen. Wer mal reinschauen will: Er steht online zum Herunterladen zur Verfügung.
Der Band hätte bereits im Frühjahr erscheinen sollen, aber dann kam bekanntlich Corona und die beiden herausgebenden Einrichtungen hatten erst einmal anderes zu tun. Die Verzögerung hat jedoch auch eine positive Seite: Durch die Coronakrise wird deutlich, dass die in dem Band angesprochenen Fragen keine Glasperlenspiele von Expert/innen sind. Viele der Themen stehen jetzt auf der Agenda der öffentlichen Diskussion: Fragen der inhaltlichen Zentrierung (geht es nur um virologische und epidemiologische Aspekte oder auch um soziale, wirtschaftliche oder juristische?), die Zurechenbarkeit von Krankheitslast (die berüchtigte Frage „gestorben mit/gestorben an Corona”) oder Überlegungen zu den unerwünschten Nebenwirkungen von Präventionsmaßnahmen. Insofern ist der Band nicht aus der Zeit gefallen, sondern im Gegenteil unerwartet aktuell geworden.
Die Nationale Präventionskonferenz muss, so steht es im Gesetz, alle vier Jahre einen Präventionsbericht vorlegen. 2023 kommt der zweite, die Vorbereitungen dazu werden nach der Coronakrise wieder aufgenommen. Eine der dann zentralen Methodenfragen wird die nach der Messbarkeit von Fortschritten sein, also der Evaluation von Präventionsmaßnahmen. Dazu hatten wir übrigens auch schon einmal einen Sammelband.
Es sind zwar keine Lehrbücher, eher punktuelle Denkanstöße. Möge das eine oder andere aus solchem papiergewordenen Nachdenken trotzdem von Nutzen bei der Beantwortung der Frage „Über Prävention berichten – aber wie?“ sein.
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