Der Bundestagswahlkampf ist mit seltsamen „Skandalen“ garniert. Da wird in den Medien tagelang über abgeschriebene Stellen eines insgesamt überflüssigen Buches der grünen Kanzlerinkandidatin (wie gendert man das eigentlich korrekt?) diskutiert, dafür geht ganz unter, dass manche Parteien sozialpolitisch höchst Fragwürdiges planen, klimapolitisch auf ein „Niemand-weh“ setzen und wohnungspolitisch mehr oder weniger nur warme Worte finden.
Jetzt, angesichts der Flutkatastrophe, mit bisher mehr als 150 Toten allein in Deutschland und großen Verwüstungen auch in Österreich, Belgien und den Niederlanden, beschäftigt uns das Lachen von Laschet im Hintergrund einer Kondolenzrede Steinmeiers in Erftstadt und das Grinsen von Steinmeier im Hintergrund der Rede Laschets beim gleichen Termin. Klar, beides ist daneben, so weit man das ohne Kenntnis des Anlasses beurteilen kann, und Laschet hat sich auch schon entschuldigt.
Das unfreiwillig Offenbarte hatte schon immer einen Schlüssellocheffekt auf die öffentliche Wahrnehmung. Es scheint unverstellt zu verraten, was die Politiker/innen, die sich sonst so viel Mühe mit ihren einstudierten Floskeln geben, wirklich denken. Man erinnere sich nur an Reagans ungewollt beim Tontest übertragenen Scherz von der Bombardierung Russlands oder Trumps Pussygate. In dem, was nicht für die Öffentlichkeit gedacht war, lauert das Peinliche. Also der tiefe Grund der Wahrheit? Kann es sein, dass wir inzwischen alle ein bisschen zu viel vom „Wir entlarven die da oben“-Querdenkerwasser getrunken haben? Dass wir glauben, das Feixen Laschets oder eine abgeschriebene Sprechblase Baerbocks verrät uns mehr über deren politische Eignung als das, was sie zu den wichtigen politischen Themen sagen? Oder Söders Tomatenfleck auf dem Pulli verrate etwas über Sauberkeit in der Politik?
Dass Baerbock gerne was darstellt und Laschet bei passender und unpassender Gelegenheit gerne grinst, wissen wir jetzt zu Genüge. Wie wäre es, im Wahlkampf noch ein bisschen darüber zu debattieren, wie unser Leben in Zukunft aussehen soll, über Corona, Klima, Wohnungsmarkt, Pflege, soziale Spaltung? Der Blick durchs Schlüsselloch ist damit ja nicht gleich verboten, wir wollen ja auch was zum Feixen haben, egal wie ernst die Lage ist.
Kommentare (44)