Beim Spaziergang an der Amper, dem Fluß, der durch Dachau fließt, sind mir heute neu aufgestellte Tafeln der Stadt Dachau aufgefallen. Eigentlich eine nette Idee. Die Tafeln begleiten die Spaziergänger auf einem 1,6 km langen Weg und regen an mehreren Stellen zum Innehalten an.

Allerdings hätte man sich die Beschriftungen der bestimmt nicht ganz billigen Tafeln vor der Anfertigung noch einmal gründlich ansehen sollen. Auf manchen sind Schreibfehler und auf der Tafel am Eingang zur Stadtseite ist als Standort der Ausgang am anderen Ende eingezeichnet.

Etwas befremdlich ist auch, dass eine der Tafeln auf „geomantische Erkenntnisse“ von Rainer Söhmisch verweist. Rainer Söhmisch, ein Freisinger Landschaftsarchitekt, hat mehrere solcher Achtsamkeitswege gestaltet. Er ist 2020 gestorben. Vielleicht wollte man ihm mit der Tafel posthum ein ehrendes Andenken geben. Das ist löblich, aber eine andere Form den Andenkens als die einer Erklärtafel der Stadt Dachau wäre sicher besser gewesen. Geomantie ist Aberglaube. Sie hat in der Stadt- und Landschaftsplanung eine gewisse Tradition. Aber eine Stadtverwaltung sollte im 21. Jahrhundert auf geomantische „Erkenntnisse“ verzichten. Sie wird ja auch ihre Haushaltsplanung nicht an astrologischen „Erkenntnissen“ orientieren. Hoffentlich.

Kommentare (19)

  1. #1 hwied
    25. September 2021

    Es gibt magische Orte auf unserer Erde. Einer davon ist Orta san Giulio in Oberitalien.
    Ich war selbst dort und fasziniert. Erst später habe ich erfahren , dass Nietzsche auch dort war und ihn als den magischsten Ort dieser Erde genannt hat.
    Ich kenne noch zwei weitere solche Orte. Und auch auf die Gefahr hin verlacht zu werden, ja es gibt diesen Zauber, der von einem Ort ausgehen kann.

  2. #2 hto
    25. September 2021

    @Kuhn: “Sie wird ja auch ihre Haushaltsplanung nicht an astrologischen „Erkenntnissen“ orientieren. Hoffentlich.”

    Schlimmer noch, die Haushaltsplanung orientiert sich an der “hoffentlichen Empathie” zum Aktien-Kurs der wettbewerbsbedingten Symptomatik – Für solche armseligen Figuren sind das Kanzleramt, die Wallstreet oder das statistische Bundesamt magische Orte!? 😉

  3. #3 Herr ɟuǝs
    um die Ecke
    25. September 2021

    … einen viiieeel größeren Blödsinn habe ich “bei mir” gleich um die Ecke:
    https://www.koethen-anhalt.de/de/homoeopathiestadt.html

    Homöopathie als Entwicklungskraft für schrumpfende Städte
    Die Stadt Köthen (Anhalt) wirkte als eine von 18 Städten an der Internationalen Bauausstellung STADTUMBAU Sachsen-Anhalt 2010 (IBA) mit dem Konzept “Homöopathie als Entwicklungskraft” mit.

  4. #4 Axel
    25. September 2021

    Ich benötige nur 20 Minuten, um an einen magischen Ort zu kommen. Das ist die Ostsee auf einem Segelboot. Der Wind, das stetig wechselnde Panorama von Wellen und Wolken, dann noch einen Schweinswal sehen und ich bin für Stunden verzaubert. Nach dem Anlegen bin ich aber wieder der alte Griesgram. 🙂

  5. #5 Alisier
    25. September 2021

    Naja……solange an zentralen Orten in Dörfern und Städten große Gebäude stehen, an denen immer Sonntags einem eingebildeten überempirischen Wesen im übertragenen Sinne der Hintern geküsst wird, ist ein bisschen Geomantie hie und dort eventuell nicht ganz so tragisch….
    Das sollte jetzt nicht whataboutistisch rüberkommen, aber esoterischer Schwachfug mit dem nicht auch noch massiv Geld verdient wird ist eben doch eine vergleichsweise lässliche Sünde.
    Mit ein, zwei Vaterunsern und einem “Gegrüßest seis Du Maria” sowie einer kleinen Gabe ins Körbchen beim nächsten Gottesdienst sollte es abgegolten sein.

    • #6 Joseph Kuhn
      25. September 2021

      @ Alisier:

      “eine vergleichsweise lässliche Sünde”

      Ja klar, keine Staatsaffäre. Eine lässliche Sünde. Man hätte sie auch lassen können.

  6. #7 Alisier
    25. September 2021

    Das haben Sünden halt so an sich 😉

    • #8 Joseph Kuhn
      25. September 2021

      @ Alisier:

      Viele. Die Plagiate von Baerbock gehören dazu 😉

  7. #9 hwied
    26. September 2021

    Es sind die Ideen, die die Welt verändern.
    Die können auch romantisch sein . In Verona findet man den Balkon von Romeo und Julia. Und obwohl das nur ein Roman war, pilgern die Menschen zu Tausenden dorthin. Sogar in die Baker Street pilgern sie.
    Alisier, es sind überhaupt keine Sünden, sie sind das Zeichen von Liebe und der Beweis, dass die Welt nicht nur aus Atomen besteht.

  8. #10 schorsch
    26. September 2021

    Ich halte es für wichtig, aber auch sehr mutig, wie die Stadt Dachau hier der chinesischen Feng shui-Hegemonie entgegentritt.

    Was wäre denn die Alternative – amerikanische Atom-U-Boote im Dachauer Moos?

  9. #11 Alisier
    26. September 2021

    @ Joseph Kuhn
    Nun, abschreiben und petzen kennt jeder.
    Bei Cum-Ex müssen die meisten erstmal googeln und verstehen dann immer noch nicht genau worums eigentlich geht.
    Die Welt ist halt ungerecht…..

    • #12 Joseph Kuhn
      26. September 2021

      @ Alisier:

      Zu Cum-Ex gibt es gottseidank keine Tafel am Weg in Dachau. Das wäre wenig entspannend. Aber vielleicht wäre so ein Polit-Denkweg auch mal was, würde die Achtsamkeit auf andere Weise fördern.

  10. #13 zimtspinne
    26. September 2021

    Es hätte aber noch weit schlimmer ausfallen können, mit der Schildergestaltung.

    zB so:

    Bei der geomantischen Begehung und Analyse im Projektteam erkannten wir die Präsenz von Nymphen auf dem Grundstück. Daher empfiehlt es sich, das Neubaugebiet in Bauabschnitten zu erschließen, um ausreichende Rückzugsmöglichkeiten für die Naturwesen zu ermöglichen.”

    https://www.sueddeutsche.de/wissen/esoterik-an-deutschen-hochschulen-lasst-die-nymphen-tanzen-1.1240704

    Eben gefunden beim Nachschauen, was das Geomantische überhaupt ist.
    Ich brauche in meinem Gehirn langsam aber sicher einen Ablageplatz für derlei unnütze Begriffe, die man nicht lernen will aber muss. Eine Gruft für Parawissenschaften, aber das bringt mir wiederum jede Menge negative Chakren im Gehirn.

    Warum muss eigentlich in dieser permanenten Spaß- und Partygesellschaft alles hochemotional abgehandelt werden?

    Alles hat seine Zeit und seinen Raum, aber es muss nicht ständig herumgetüddelt und spiritualisiert werden.
    Besonders nicht dort, wo es um Information und Sachdienlichkeit geht.

    Ich denke echt, dass man so Wegbegleitungen (diese Beschreibungen da find ich übrigens zum Teil schon ziemlich übergriffig, als ob jeder wegen innerer Einkehr spazierengeht und nicht einfach, um sich mal bisschen an der frischen Luft in schöner Umgebung entspannt zu bewegen) auch liebevoll gestalten kann und auf Ausflüge in die Para-Welt verzichten kann.

    @ Alisier

    Kirchen und Klöster sind an sich total schöne Orte. Ruhig, still, man kann eine Reise in die Vergangenheit machen – natürlich nur, wenn gerade keine Kirchenaktivitäten stattfinden.
    Vor allem auch schön kühl im Sommer (zB wenn man im Hochsommer in Italien ist – dort darf man allerdings nicht flopsig gekleidet rein, war zumindest vor paar Jahren so in Venedig und Rom).

    Würdest du Kirchen abreißen lassen?

  11. #14 Alisier
    26. September 2021

    @ zimtspinne
    Seh ich so aus? 🙂
    Nein, auch ich halte die Gebäude zum Teil für würdig der Nachwelt ubedingt erhalten zu bleiben.
    Und ich genieße es durchaus mich zuweilen in solche Gebäude zurückzuziehen, allerdings nur, wenn dort nicht gerade ideologisierend herumgefuchtelt wird.
    Es ist Teil unserer Geschichte, und wer Geschichte ignoriert oder gar wegsprengt hat wahrscheinlich wenig verstanden.
    Irgendwann geht da keiner mehr zum Füßeküssen des Allmächtigen hin. Bis dahin kann ich warten.
    Geduld und Aufklärung ist vönnöten, und keine Bilderstürmerei egal welcher Art.
    (Die Chilis sind übrigens fast alle reif und eine wahre Pracht dieses Jahr. Mein persönlicher Kult: Göttin Capsicum)

  12. #15 Kyllyeti
    26. September 2021

    Naturwesen Rückzugsräume zu bieten ist ja eine nette Geste. Aber die Nymphen auf dem Grundstück können mit Borreliose oder FSME infiziert sein, und sie geben diese Gaben dann auch gerne mal an die Menschen in den Neubaugebieten weiter.

  13. #16 Alisier
    26. September 2021

    @ Kyllyeti
    Guter Punkt!
    Und selbst wenn sie nicht mit Borrelien der unterschiedlichsten Stämme gefüllt sind: wer will die Dinger schon tagelang in sich stecken haben, und der anschließende Juckreiz ist auch nicht ohne.

  14. #17 hwied
    27. September 2021

    XXX

    [Edit: Kommentar gelöscht. Ist zwar nicht ganz falsch, aber beim Thema KZ Dachau ist eine sensible Wortwahl angesagt. JK]

  15. #18 hwied
    27. September 2021

    Joseph Kuhn,
    einverstanden, Dachau ist ein sensibles Thema.
    Was mir vorschwebte ist im Holocaustdenkmal in Bratislava verwirklicht. Selbst der Begriff “Kunst” muss bei dieser Darstellung der Grausamkeit schweigen. So etwas hätte ich mir auch für Berlin gewünscht.

  16. #19 ajki
    29. September 2021

    *Hier* völlig off-topic, aber für den Blog-Bereich selbst wohl eher relevant als vieles andere in letzter Zeit:

    https://www.faz.net/aktuell/wissen/gesundheitswesen-muss-gestaerkt-werden-politik-fluechtet-ins-vakuum-17557785.html

    [FAZ online; Kommentar; greift auf einige feature der letzten Monate/Wochen zurück, u.a. auf einen durchaus anhörenswerten Podcast aus der FAZ-WissRed von letzter Woche, in dem es mit dem Aufhänger einer kürzlichen Veröffentlichung von der dt. Cochrane um die Misere der klinischen Studien in D. geht]

    “… Überregulierung mit gleichzeitig lebensgefährlicher Unterversorgung der Patienten und Missachtung des Medizinbetriebs ist der Normalzustand, der von verantwortlichen Politikern und den Selbstverwaltern des Gesundheitssystems seit Jahrzehnten aufrechterhalten wird. …”