Die Coronakrise beschäftigt, wenig verwunderlich, auch die Historiker/innen. Ihr Geschäft ist normalerweise der Rückblick auf längst vergangene Zeiten und das mühsame Zusammensetzen von unvollständigen historischen Zeugnissen. Dafür sind zurückliegende Ereignisse abgeschlossen und warten nicht mehr selbst mit Überraschungen auf. Bei Corona ist das anders. Der zeitgeschichtliche Gegenstand ist noch in Bewegung, es gibt zwar einen unglaublichen Schatz an Material, aber dafür nicht den Sicherheitsabstand des historischen Rückblicks.

Malte Thießen hat sein Buch „Auf Abstand“ ohne diesen Sicherheitsabstand geschrieben. Manche seiner Kommentierungen werden vermutlich im Laufe der Zeit revidiert werden müssen. Das Buch zeigt, dass es sich trotzdem lohnt, wenn sich Historiker/innen schon jetzt ans Werk machen und ihren Beitrag zur Einordnung des Geschehens leisten. Malte Thießen, der das LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte in Münster leitet, ist auf die Geschichte des Impfens spezialisiert, insofern konnte er dem Thema wohl nicht entkommen. Der Rest wieder als Geschmacksproben in sieben Zeilen.

Kommentare (15)

  1. #1 schorsch
    26. Dezember 2021

    Bhakdi, Wodarg et al. haben weder in der Bekämpfung, noch im Umgang mit der Pandemie, noch für die Gegnerschaft zu staatlichen Maßnahmen je eine Rolle gespielt. Ihre einzige Bedeutung haben sie als Stichwortgeber derer erlangt, welche die Pandemie bzw. deren Folgen grundsätzlich leugnen.

    Wer jedoch die Realität leugnet, bedarf keiner bestimmten handelnden Personen, keiner Führer, keiner Helden – die werden erst da benötigt, wo die Realitätsverleugnung in gezieltes, geplantes Handeln umgesetzt wird. Und für die Koordinatoren der Anti-Corona-Demos, für Richter wie H. Kuba, die sich über dem Gesetz stehend dünken, für Terroristen, die Aufforderungen, Maske zu tragen mit Gewalt, Mord und Totschlag beantworten, für dieses Gesindel sind Bhakdi, Wodarg und Walach nichts weiter als Stichwortgeber. Äffchen, die man füttert und deren possierliche Streiche man belacht, nützliche Idioten.

    Gut für die eine oder andere Anekdote, den einen oder anderen Treppenwitz, aber in der geschichtlichen Betrachtung der Corona-Pandemie ansonsten ohne Bedeutung.

  2. #2 user unknown
    https://demystifikation.wordpress.com/
    27. Dezember 2021

    Ich habe keine Zeit für solche Bücher, aber die Besprechung spült wieder nach oben, was als Ärgernis vom Strudel der Geschichte schon verschluckt schien.

    Mich stört weiterhin, wie sehr eine ernste Bedrohung wie sie Corona war, die Leute nicht davon abgehalten hat, darauf ihr Süppchen zu kochen.

    Beispiel China-Virus und Trump. Aus meiner Perspektive ging die Bezeichnung als Chinavirus nicht von Trump aus, noch hat Trump irgendwie versucht das Virus für Fremdenhaß gegen chinesisch aussehende Menschen zu instrumentalisieren, sondern einflältige Trumpgegner hierzulande haben versucht den Eindruck zu erwecken, als ob.

    Weder habe ich Trump als ungefährlichen Idioten wahrgenommen, noch würde ich bestreiten, dass es nicht Idioten gab, die asiatischstämmigen Menschen im Zs.hang mit Corona feindseelig begegnet sind. Aber wäre es um eine vordergründige Gefahr gegangen, die vermeintlich von Asiaten ausgeht, hätte man dagegen inhaltlich argumentieren müssen – es wurde aber schon davon ausgehend, dass das falsch ist, damit Antitrumpagitation betrieben und damit indirekt kommuniziert, dass Trump die größere Bedrohung ist, die das rechtfertigt.

    Die Bedeutung von Grenzkontrollen und Reisen sehe ich ebenfalls anders. Es ist bis heute von vielen nicht begriffen worden, dass wenn 2 Staaten, sagen wir Deutschland und Frankreich, gleichzeitig hohe Inzidenzen haben, und man diese runterbringen will, dass es dann trotzdem sinnvoll ist, Reisen nach Frankreich zu unterbinden, obwohl da die Inzidenzen nicht höher sind als bei uns.

    Das liegt daran, dass nicht jede Reise durch eine andere substituiert wird, die in ein Gebiet mit ähnlich hoher Inzidenz führt. Beim Reisen schafft man sich zu mehr unterschiedlichen Leuten Kontakte, als ohne Reisen, und beschleunigt dadurch die Transmission, selbst wenn im eigenen Umfeld die Dichte an Virenträgern vergleichbar hoch ist.

    Die Angst vor Nationalismus war m.E. übersteigert und unbegründet. Stimmen, die schlimmen, ungewaschenen Nachbarn Seuchenaffinität nachgesagt hätten gab es schlicht keine; folglich keinen Grund aus Angst vor Missverständnissen die Wahrheit zu verschweigen.

    Von den konkreten Punkten abgesehen verspielt man Vertrauen, wenn man aktuelle Ereignisse instrumentalisiert, um seine allgemeine Weltsicht zu befördern und man macht sich unglaubwürdig, wenn mna nicht mit offenen Karten spielt, und die Motive klar benennt, nach denen man handelt. Wenn man schwierigerere, theoretische Sachverhalte aus taktischen Erwägungen unter den Teppich kehrt, dann vermittelt man vielen Menschen den Eindruck, dass da gar nichts ist, was zu begreifen sich lohnt.

    Die Menschen wissen aber von selbst, dass nicht alle gleichermaßen fähig sind, alles zu verstehen und dass sie mit unterschiedlichen und unterschiedlich großen weißen Flecken auf ihren Landkarten leben müssen. Je besser sie wissen, wo diese weißen Flecken sind, desto hilfreicher, selbst wenn diese Flecken trotzdem dauerhaft bleiben.

    Wenn der Autor noch heute diese 2 Scheuklappen nicht abgelegt hat, dann ist das Buch wohl verzichtbar.

    In eine ähnliche Kategorie gehören ja auch die Versuche mit Begrifflichkeiten wie “Querdenker” ein politisches Othering zu befördern, oft von Leuten, die anderen Themenbereichen als Querdenker selbst gut charakterisiert wären.

    Als ob eine Tätigkeit des Geistes, die zu keinem anderen Gedanken den man hat quer liegt, überhaupt als Denken bezeichnet werden könnte. Das ist doch allenfalls als Abrufen von Erinnerungen, von Auswendiggelerntem zu bezeichnen.

    Frohes Wintermarzipanfest noch allen.

  3. #4 Pollo
    27. Dezember 2021

    Vielleicht hilft es, daran zu erinnern, dass die Querdenker sich selbst Querdenker genannt haben?
    Die ersten Demonstrationen liefen schon unter diesem Titel. Martin Ballweg als Gründer und Promoter der Bewegung hat sich sogar rechtzeitig den Begriff “Querdenken” plus Vorwahl als Marke schützen und gegen Gebühr nutzen lassen.
    Beispielbeleg (eben gegoogelt): https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/querdenken-demos-ein-fall-fuer-das-markenrecht-17068447.html
    Ich möchte auch daran erinnern, dass der Begriff bis zu den ersten einschlägigen Demos eigentlich positiv konnotiert war.

  4. #5 wereatheist
    27. Dezember 2021

    Vor

    “Versuche[n] mit Begrifflichkeiten wie “Querdenker” ein politisches Othering zu befördern”

    sollten sich zuvörderst jene Gruppen gewarnt sein lassen, die sich “Querdenken123” oder so ähnlich nennen und die mit einer Telefonvorwahl auch gleich verraten, wo der Wahnsinnalternative Denkhintergrund seine Blüten trieb.

  5. #6 wereatheist
    27. Dezember 2021

    Zwei Dumme, ein Gedanke 🙂

  6. #7 Pollo
    27. Dezember 2021

    @wereatheist
    Zwei Dumme: sind wir damit schon Mainstream?

  7. #8 wereatheist
    28. Dezember 2021

    Zumindest sheeple bzw. Schlafschafe.
    Das Wörtchen ‘Regierungstrolle’ habe ich auch schon mal benutzt gesehen.

  8. #9 PDP10
    28. Dezember 2021

    @wereatheist. Pollo:

    Zumindest sheeple bzw. Schlafschafe.
    Das Wörtchen ‘Regierungstrolle’ habe ich auch schon mal benutzt gesehen.

    Ich nehm’ das inzwischen alles als Ehrbezeichnung.

    Wenn man mal beiläufig betrachtet, von wem man so bezeichnet wird, ist das zumindest ein nicht zu vernachlässigendes Indiz, dass man vermutlich noch alle Tassen im Schrank hat …

  9. #10 Karl Mistelberger
    mistelberger.net
    28. Dezember 2021

    > #2 user unknown, https://demystifikation.wordpress.com/, 27. Dezember 2021
    > Ich habe keine Zeit für solche Bücher, aber die Besprechung spült wieder nach oben, was als Ärgernis vom Strudel der Geschichte schon verschluckt schien. …

    Wer so weitschweifig wird und über “Begrifflichkeiten” räsoniert hat naturgemäß wenig Zeit. Ich fasse mich gerne kürzer und habe daher alle Zeit der Welt:

    Mir geht es gut mit Astra am 14. April, Pfizer am 7. Juli und Moderna am 20. Dezember. Auf den Sack gehen mir die Sauerkrautfresser mit ihrer Hysterie.

    https://de.wikipedia.org/wiki/James_Gillray#/media/Datei:Germans_eating_sour-krout_-_James_Gillray.jpg

  10. #11 hwied
    28. Dezember 2021

    Karl Mistelberger,
    Sauerkraut kann genauso gefährlich werden wie Corona.
    Beim Deutschlandbesuch von Bush gab es Sauerkraut zum Mittagessen. Frau Bush bekam davon Durchfall und behauptete sie sei vergiftet worden.
    Der Vorfall wurde sogar in den Medien behandelt.
    Mich wundert, wo Herr Kuhn die Zeit hernimmt, sogar Buchrezessionen zu machen. Gut für uns, wir werden informiert und können schnell entscheiden ob das Buch für uns eine Wahl darstellt.
    Danke Herr Kuhn.

  11. #12 zimtspinne
    28. Dezember 2021

    @ Pollo

    Dass das v.C. einen positiven Schwung hatte, daran habe ich weder eine Erinnerung, noch glaube ich das.
    Querulant klingt zu ähnlich.
    Du meinst vielleicht Freidenker?
    Selbstdenker wäre auch noch eine Möglichkeit gewesen. Nun ist es zu spät für Änderungen.

    Ich habe es aber auch so in Erinnerung, dass die sich selbst so nannten und wäre nie auf etwas anderes gekommen. Das ist doch naheliegend bei diesem Begriff.

    Was vermarktet der denn unter dieser Marke? Mützen, Weinbrand (für kalte Tage), Fledemäuse aus Plüsch?

    @ K. Mistelberger

    Was hast du an user unknows Gekritzel zu kritteln? Ich finde die Katzencomics und eigene (?) Zeichnungen dazu unterhaltsam und sehr kreativ.
    Ausschweifig wird er da weniger als hier.

  12. #13 rolak
    28. Dezember 2021

    noch glaube ich das

    Das ist doch keine Glaubensfrage: das originäre Querdenken ist eine positive Fähigkeit.

  13. #14 Joseph Kuhn
    3. Januar 2022

    Historisches anderer Art:

    “In sehr vielen Industrienationen ist die durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt im letzten Jahrhundert stetig und verlässlich gestiegen. (…) Im Jahr 2020 aber bricht diese stetige Entwicklung fast überall abrupt ab. (…) Und diese Auswirkungen, das zeigt die Studie sehr eindrücklich, erreichten in vielen Ländern ein historisches und für die Nachkriegszeit einmaliges Ausmaß.”

    https://www.demografische-forschung.org/archiv/defo2104.pdf

  14. #15 Mutant77
    6. Januar 2022

    Ein typisches “Othering” in dieser Pandemie sind auch die “ungeimpften”. Denen wird ja alles mögliche unterstellt. Sei es das sie Mutationen fördern oder die Verbreitung und es scheinen Menschen gestorben zu sein, weil es ungeimpfte existieren, zumindest klingt so manche Verlautbarung auf Twitter so.

    Da aber Ungeimpfte schwerer erkranken sollen (folglich auch eher zu Hause bleiben, wenn sie infektiös sind) und sich auch häufiger testen lassen müssen, dürften die meisten Thesen auf wackeligen Beine stehen. Aber so ist das beim “othering”.