In den Schlagzeilen hat der Angriff Russlands auf die Ukraine die Coronakrise im Moment verdrängt. Das gilt auch für die Diskrepanz zwischen astronomischen Fallzahlen und dem politisch verfügten Ende vieler Infektionsschutzmaßnahmen. Es wird darüber berichtet, aber kaum mehr als Seite-1-Thema. Dabei geht die Omikron-Variante mit wirklich beeindruckenden Fallzahlen einher:
In den Krankenhäusern hat Omikron ebenfalls für hohe Fallzahlen gesorgt, vor allem auf den Normalstationen. Die hohen Infektionszahlen sorgen einerseits dafür, dass trotz der milder verlaufenden Omikronvariante, der noch bestehenden Infektionsschutzmaßnahmen und des erreichten Impfschutzes auch eine nicht unerhebliche Zahl schwerer Covid-19-Erkrankungen auftritt – und andererseits, dass das Aufnahmescreening viele Patient/innen positiv testet, die aufgrund anderer Erkrankungen ins Krankenhaus müssen. Da Omikron zugleich auch viele Ärzt/innen und Pflegekräfte infiziert hat, die dann in Quarantäne müssen, ist die Personalsituation in den Krankenhäusern nach wie vor sehr angespannt.
Den letzten Punkt einmal beiseite gelassen: Die Covid-19-Hospitalisierungsinzidenz spiegelt unter diesen Bedingungen die Krankheitsschwere nur noch bedingt wider. Zwar sollen die Krankenhäuser nicht alle positiv Getesteten melden, sondern nur die Fälle, die in Zusammenhang mit Covid-19 stehen, aber das niedrigschwellig, d.h. lieber einen mehr als einen weniger. Eine saubere Datenlage, in welchem Umfang es sich um Hospitalisierungen „an“ oder „mit“ Corona handelt, wäre einerseits jetzt besonders interessant, andererseits bei den hohen Fallzahlen noch weniger machbar als vorher.
Nicht anders ist es bei den Sterbefällen. Sie ziehen etwas an, aber bisher nicht dramatisch. Auch hier ist davon auszugehen, dass es einen etwas größeren Anteil der „mit“-Fälle gibt als früher. Darauf deuten z.B. auch dänische Daten hin:
Inzwischen nehmen zwar auch die Statistischen Ämter in Deutschland Monatsauswertungen der Todesursachenstatistik vor, um möglichst zeitnah Daten zu liefern, aber der Datenweg der Todesbescheinigungen von den Standesämtern über die – bekanntlich völlig überlastasten – Gesundheitsämter bis zu den Statistischen Ämtern dauert hierzulande trotzdem eine ganze Weile. Gerade wurden die Daten bis April 2021 veröffentlicht. Zu Omikron gibt es also noch keine Daten aus der Todesursachenstatistik.
Dass die Omikronwelle auch in Deutschland dazu geführt hat, dass unter den Covid-19-Sterbefällen mehr „mit“-Fälle sind, ist plausibel. Ein Indiz dazu liefert auch die Betrachtung der Übersterblichkeit anhand der Gesamtsterbefälle, unabhängig von der Todesursache. In der Grafik bei Euromomo, die die Sterblichkeit als z-Score nach Kalenderwochen darstellt, sieht man gut die Phasen hoher Sterblichkeit infolge von Corona im Frühjahr 2020, im Winter 2020/2021 und im Winter 2021/2022 (und z.B. auch die Hitzesterblichkeit im Sommer 2020), aber aktuell gibt es nur eine marginale Übersterblichkeit.
Könnte man also in Sachen Corona gelassen in die Zukunft sehen? Abgesehen davon, dass uns das Virus immer wieder überrascht hat und schon daher eine gewisse Vorsicht geboten ist, sollte man nicht vergessen, dass immer noch ein erheblicher Teil der Älteren, also der Hauptrisikogruppe, nicht oder nicht ausreichend geimpft ist. Zudem lässt ihr Impfschutz mit der Zeit immer mehr nach. Der Schutz der Impfung vor Intensivstation und Tod bei den Älteren ist zwar immer noch sehr hoch, wie die Daten im aktuellen RKI-Wochenbericht vom 31.3.2022 zeigen, aber das gilt eben nur für die Geimpften. Die Ungeimpften tragen das für ihr Alter spezifische Erkrankungs- und Sterberisiko.
Wahrscheinlich hilft jetzt erst einmal der Frühling, aber für den nächsten Herbst, wenn auch der Impfschutz weiter nachgelassen hat, sollte man sich zumindest für die Älteren etwas einfallen lassen.
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