Hier im Blog hatte ich schon mehrfach von Tagungen bei der Evangelischen Akademie Tutzing berichtet, zuletzt einer über das Menschenbild in der Medizin. An diesem Wochenende ging es um die Frage, wie gegenwärtig mit Tod und Sterben umgegangen wird, wie sichtbar oder unsichtbar das Sterben im Alltag ist, wie unsere Vorstellungen von Tod und Sterben medial geprägt werden und welche Rolle die Medizin am Lebensende spielt.

Galt viele Jahrhunderte, dass der Tod immer präsent ist, ins Leben eingewoben, „media vita in morte sumus“, so ist er in der Neuzeit doch sehr aus dem Leben verdrängt worden. Die Lebenserwartung ist auf über 80 Jahre gestiegen. Für viele Menschen – bei uns – beginnt mit dem Renteneintritt eine neue lange nachberufliche Lebensphase mit ganz eigenen Fragen danach, was im Leben wichtig ist, was mit der verbleibenden Zeit anzufangen ist und eben auch, wie sich Tod und Sterben verändert haben. Der Historiker Arthur Imhof hat diesen Prozess des „aufgeschobenen Todes“ in der Neuzeit schon 1988 in seinem Buch „Die Lebenszeit“ ausführlich beschrieben, einschließlich des kulturellen Wandels, der damit einherging. Etwas ironisch hat er angemerkt, dass im Zuge des Fortschritts das Leben trotzdem unendlich viel kürzer geworden sei – weil wir zwar viele Jahre Lebenserwartung gewonnen, aber zugleich das ewige Leben verloren haben.

Dass wir sterblich sind, dass wir alle sterben müssen, wissen wir. Aber für die meisten Menschen ist es wohl über viele Jahre ihres Lebens hin ein abstraktes Wissen. Ralf Stoecker, ein Bielefelder Philosoph, hat dazu bei der Tagung in Tutzing auf Tolstois Erzählung „Der Tod des Iwan Iljitsch“ hingewiesen. Iwan Iljitsch weiß, dass alle Menschen sterblich sind, er kennt den Syllogismus „Cajus ist ein Mensch, alle Menschen sind sterblich, also ist Cajus sterblich.“ Aber er fühlt anders: „Cajus ist sterblich, und es ist ganz in Ordnung, daß Cajus stirbt; aber ich, Wanja, ich Iwan Iljitsch mit all meinen Gedanken und Gefühlen – das ist eine ganz andere Sache, es kann nicht sein, dass auch ich sterben muss. Das wäre zu schrecklich. – So fühlte er.“

Stoecker formulierte vor diesem Hintergrund die Ausgangsfrage der Tagung, ob aktuelle Ereignisse wie Corona oder der Ukrainekrieg das Bewusstsein dafür, dass wir sterben müssen, wieder näher an uns herangebracht haben. Somit wurden natürlich die Bilder aus Bergamo, die Nachrichten aus der Ukraine, diskutiert. Um die Medizin und ihre Grenzen ging es einem zweiten Themenkomplex, zwischen den Polen der dem Tod entgegentretenden Intensivmedizin auf der einen Seite und der palliativmedizinischen Begleitung Todkranker auf der anderen Seite. Auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum assistierten Suizid vom Februar 2020 mit seiner entschiedenen Stärkung der Autonomie von Menschen am Lebensende wurde diskutiert, wie vieles andere.

Sehr interessant waren zwei Vorträge über Trends der digitalen Abschiedskultur. Es gibt inzwischen längst nicht mehr nur die Möglichkeit, im Internet auf Trauerseiten virtuelle Kerzen aufzustellen, Beileidsbekundungen zu hinterlassen oder sich virtueller „Grabpflege“ zu widmen. Vielmehr ermöglichen Anwendungen der künstlichen Intelligenz z.B. Chat-Bots zum Gespräch mit Verstorbenen oder auch 3-D-Simulationen von Verstorbenen. So kann man über Virtuell Reality Abschied von Verstorbenen nehmen, wenn das in der analogen Wirklichkeit nicht gelungen ist, mit durchaus therapeutischem Potential in der Trauerbewältigung. Man kann aber auch mit den Verstorbenen „weiterleben“, wie Stefanie Schillmöller, Trendforscherin aus Amsterdam, am Beispiel der Anwendung „HEREweHOLO“ berichtet hat.

Solche Entwicklungen werfen viele Fragen auf. So wies der Theologe Rainer Liepold darauf hin, dass viele unserer Rituale rund um den Tod historisch daher rühren, dass die Toten nicht zurückkehren sollen. Daher z.B. früher die Verschleierung der hinterbliebenen Frauen, damit sie nicht so leicht von den Toten erkannt werden, oder schwere Grabplatten, die verhindern sollen, dass die Toten aus den Gräbern kommen. Mit einer quasi belebten KI werden dagegen geradezu virtuelle Untote erzeugt, die dazulernen und sich weiterentwickeln. Man braucht nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, wie es vielleicht nach ein paar Jahren zu schweren Konflikten mit diesen lebenden Toten kommen könnte. Ihre ewige Präsenz tritt an die Stelle des Abschiednehmens und Loslassens. Ob so Trauer bewältigt oder perpetuiert wird? Wird Sterben damit als die eigene Zukunft – siehe die Angst von Iwan Iljitsch – begreiflicher, oder eher unbegreiflicher, eben virtueller? Und deutet sich in solchen Entwicklungen gar an, dass die Träume mancher Transhumanisten vom ewigen Leben in einer anderen Form doch Wirklichkeit werden könnten? Könnte am Ende so eine KI gar Bewusstsein haben, vielleicht das des Verstorbenen, wenn die Technik noch etwas weiter ist und genug Daten als „Essenz dieses Menschen“ verfügbar sind?

Wie dem auch sei: Der Tod ist jedenfalls auch nicht mehr das, was er einmal war. Aber nach wie vor müssen wir alle sterben und sind daher gut beraten, uns rechtzeitig Gedanken darüber machen, wie wir leben wollen.


Starnberger See, Evangelische Akademie Tutzing, 10.4.2022, Foto JK

Kommentare (28)

  1. #1 rolak
    10. April 2022

    mit den Verstorbenen „weiterleben“

    Das in einer Variante, die kaum mehr so große Gänsefüßchen verdient, ist eines der Themen in Hamiltons nicht gerade schmalem Armageddon-Zyklus, dessen Name im original deutlich harmloser als ‘Morgendämmerung’ daher kommt.

  2. #2 Gabriella
    Zwingenberg
    10. April 2022

    In Bhutan gibt es ein Sprichwort, wer fünf Mal am Tag an den Tod denke, hätte ein glücklicheres Leben. Es gibt sogar eine App, “we croak”, bei der ich fünfmal täglich einen mehr oder weniger bedenkenswerten Spruch zu diesem Thema geschickt bekomme.
    Gedanken über den Tod zuzulassen, lässt mich mein Leben intensiver leben.
    Interessant fand ich den Gedanken, dass unser Leben unendlich viel kürzer geworden ist, weil wir den Glauben an das ewige Leben verloren haben (sinngemäß).

  3. #3 Dirk Freyling
    Erde
    11. April 2022

    Biologisch gesehen stellt das Leben kein Problem dar. Es beginnt für den Neuankömmling fremdbestimmt und endet früher oder später mit absoluter Gewißheit. Glück, Reichtum, Gesundheit, Nichts hält den sicheren Tod auf.

    Angst und Panikmache vor dem Tod sind in der zivilisierten Welt weit verbreitet. Auf Grund von langer chronischer Erkrankung, Schlaganfall, Demenz, Erbkrankheit, Unfall oder sonstigen Ereignissen werden im Ergebnis Todkranke und Dahinsiechende auch gegen ihren Willen künstlich am Leben gehalten. Das ist sozusagen das Standardmodell der Kranken- und Altenpflege. Kommerzialisierungen körperlichen und geistigen Leids gehören zu den perfidesten Entartungen der Menschheit. Es existiert nicht einmal im Ansatz eine Sterbekultur.

    • #4 Joseph Kuhn
      11. April 2022

      @ Dirk Freyling:

      “… gegen ihren Willen künstlich am Leben gehalten. Das ist sozusagen das Standardmodell der Kranken- und Altenpflege.”

      Der “verbotene Tod” war eine schwarze Perspektive, die Philippe Ariès am Ende seiner “Studien zur Geschichte des Todes im Abendland” zeichnete, und mit dem Fall eines Sterbenden illustriert, der sich auf der Intensivstation die Schläuche vom Leib reißt mit der Bemerkung “Ich werde um meinen Tod” betrogen”. Aber das Buch ist von Mitte der 1970er Jahre, als sich die Möglichkeiten und Umöglichkeiten der Medizin am Lebensende erst langsam abzeichneten. Das “Standardmodell” ist es nicht geworden.

      “Es existiert nicht einmal im Ansatz eine Sterbekultur.”

      Jede Beerdigung, jeder Friedwald, jede Todesanzeige, jedes Allerseelen widerlegt das empirisch. Dass es rund um den Tod auch ums Geschäft geht, von zu viel Hochleistungsmedizin bei Sterbenden über das Bestattungswesen bis hin zu den neuen digitalen “Angeboten”, steht auf einem anderen Blatt.

  4. #5 tohuwabohu
    Berlin
    11. April 2022

    Für viele mag es zu Lebzeiten tröstlich sein, wenn sie sich vorstellen, dass sich möglichst viele (Verwandte und Freunde) nach ihrem Tod an sie, vor allem an ihre “guten Seiten”, mit möglichst positiven Gefühlen erinnern.  Dazu kann man zusätzlich zur Trauerrede (mit “etwas” Aufwand) auch eine interaktive Simulation seiner selbst hinterlassen.
    Eine KI-Kopie eines Menschen ist aber, bei aller Perfektion, eben immer nur eine Kopie, die nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ähnlich reagiert, wie der reale Mensch reagieren würde, wobei das Verhalten eines Menschen sowieso nicht 100%ig vorhersagbar ist.  Sie ist nur eine Art Schauspieler, der die Rolle eines Menschen spielt.  Selbst, wenn einer KI ein “Bewusstsein” zugesprochen werden könnte, dann wäre es immer nur das Bewusstsein dieser KI und nicht das eines Menschen.
    Man stelle sich vor, man könne einen Menschen direkt kopieren (ähnlich wie in The 6th Day): Die “Zwillinge” haben dann zwar dieselbe Vergangenheit bis zum Zeitpunkt des Klonens – danach sind sie zwei unterschiedliche Individuen mit ab diesem Zeitpunkt getrennten, jeweils eigenständigen und voneinander abweichenden Erinnerungen die auch Einfluss auf das ihr späteres Handeln haben.  Die KI-Kopie eines Menschen kann aber sowieso nicht mit allen Daten “programmiert” werden, die ihn aus seinem Erlebnissen (vom Baby bis zum Greis) im Laufe seines Lebens geformt haben, denn vieles bleibt unbekannt, ist nur aus Sicht eines Dritten bekannt oder in der Erinnerung verändert worden.
    Der Mensch ändert im Laufe seines Lebens sein Verhalten, insbesondere wenn er im Alter dement wird.  Soll man dann die KI als eine Kopie des Menschen vor Beginn der Demenz erstellen und damit die später am Original aufgetretenen Veränderungen weglassen?  Oder soll man bei verstorbenen Kindern sich deren KI-Kopie weiter entwickeln lassen und so simulieren, wie sie ihre Ausbildung abgeschlossen und eine Familie gegründet hätten?
    Wohin sollte dies führen?  Die real lebenden Menschen und die KI-Klone leben und interagieren dann miteinander – Mein Chef ist eine KI, mein Kollege auch.  Sollten wir uns dann künstliche Partner anschaffen (ein Japaner hat schon ein “Manga-Hologramm” geheiratet).  Braucht eine solche Welt dann noch die realen Menschen oder werden die diversen KI-Klone dann zur zukünftigen Menschheit?
    Wenn eine KI Verstorbene simulieren kann, dann kann man so auch beliebige virtuelle Menschen erschaffen, die dann als Partner- oder Kind-Ersatz dienen und wenn man mit diesen KIs auch entsprechende humanoide Roboter steuert, dann haben wir den letzten Schritt gemacht, um uns selbst abzuschaffen.  Eine Maschine hat gegenüber einem biologischen Organismus viele Vorteile: In fast beliebigen Mengen produzierbar, benötigt keine Ausbildung, keine Nahrung, keinen Schlaf, keine Wohnung, keinen Urlaub, keine Freizeit, etc..  Doch wenn dann die realen Menschen überflüssig geworden sind, wer braucht dann noch die KIs?

  5. #6 tohuwabohu
    11. April 2022

    Nachtrag zu #5
    Wollen wir, dass die KI-Kopie von Onkel Franz seine antisemitische, frauenfeindliche und homophobe Haltung übernimmt oder die von Tante Frieda deren Verschwörungsmythen unseren Kindern auftischt?  Wenn wir die KI-Kopien davon bereinigen, dann hätten sie aber auch weniger mit ihren Originalen gemein, d.h. wir würden diese Abbilder verfälschen.
    Ich selbst würde auch nicht wollen, dass meine KI-Kopie dann z.B. hier unter meinem (Pseudo-)Namen noch irgendwelche Kommentare postet.  Es gibt jetzt schon genügend Chat-Bots, die die Foren vollmüllen.

    Wir sollten uns auch weiterhin darauf beschränken Fotos, Schriftstücke, Audio-Mitschnitte oder Filme der Verstorbenen aufzubewahren.  Eine interaktive KI-Kopie, die das vermeintliche Verhalten der Toten simuliert, brauchen wir nicht.

  6. #7 Alisier
    11. April 2022

    @ Gabriella
    Danke für das aufmerksam machen auf WeCroak.
    Wenn wir nun aber einer Illusion aufgesessen sind, was das ewige Leben anbelangt?
    Ist das Leben wirklich reicher, schöner und besser, wenn man an Illusionen festhält?
    Den Tod haben wir vor Augen, wenn wir diese nicht davor verschließen. Dass wir von anderen daran erinnert werden müssen gilt vielleicht nicht für jeden.

  7. #8 Gabriella
    Zwingenberg
    11. April 2022

    @Alisier: in welcher Hinsicht sind wir einer Illusion aufgesessen, dass es das ewige Leben nach dem Tod gibt, oder dass wir nur das eine haben? Ich bin im Laufe meines Lebens zu dem Schluss gekommen, dass ich nur dieses eine Leben habe, und dadurch, dass es endlich ist, wird jeder Augenblick unendlich (!) wertvoll.
    Es ist nur leicht, das zwischendrin zu vergessen/verdrängen. Und manche möchten daran nicht erinnert werden.

  8. #9 Alisier
    11. April 2022

    @ Gabriella
    Ich hätte “manche Menschen” schreiben sollen, nicht “wir”.
    Ansonsten sehe ich das ähnlich wie Du.

  9. #10 hwied
    12. April 2022

    Den Tod in der Osterwoche zu thematisieren ist passend.
    Für die Christen gehört der Tod Jesu und seine Wiederauferstehung zum Kern der Botschaft.
    Am Karfreitag wird die Kreuzigung beweint, am Ostersonntag wird seine Auferstehung vom Tode
    als Befreiung empfunden.
    Hat das eine Auswirkung auf unser Leben und unsere Vorstellung vom Leben.
    Ich denke ja, die Hoffnung von der Wiederauferstehung der Menschen leuchtet am Horizont.

    Dass das Diesseits dabei vernachlässigt wird bewahrheitet sich nicht. Gerade die Frauen engagieren sich in kirchlichen Einrichtungen ohne Bezahlung.
    Also, stellen wir uns dem Tode gelassen entgegen , manche sehen ihn sogar mit Schwarzem Humor entgegen. Den Pfarrern ist es freigestellt den Gekreuzigten in der Karwoche mit einem lila Tuch zu verhüllen. Die meisten Kirchengmeinden tun das, aber nicht alle. Die Meinung zum Tode ist nicht einhellig.

  10. #11 Stefanie
    Amsterdam
    12. April 2022

    Vielen Dank für die tolle Zusammenfassung des Symposiums und auch ihre Perspektive zu meinem Vortrag! Ich habe auch mit großem Interesse die Kommentare hier gelesen, welche natürlich auch belegen, dass ein Diskurs zu diesem vielschichtigen Thema nötig ist. Falls sich noch jemand weiter damit beschäftigen möchte, kann ich wärmstens das Buch “Die Digitale Seele” von Hans Block und Moritz Riesewick empfehlen.

  11. #12 zimtspinne
    12. April 2022

    @ Stefanie

    Schade, dass es keine deutsche oder wenigstens englischsprachige Version gibt auf deiner Seite.
    Stellt man englisch ein, ist dann doch wieder fast alles, auch das Demo-Video, auf niederländisch.

    Bezug zum Thema Tod hat daher meiner Interpretation nach nur Auftritt der Verstorbenen auf ihrer eigenen Beerdigung.
    Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich das gut finde oder nicht.
    Diese Box wirkt nicht gerade feierlich, sondern wie reingeklatscht in die Szene. Wie ein Zaubertrick beinahe….
    hm, damit sollten die Teilnehmer vielleicht vorgewarnt werden, dass es sich um eine moderne Beerdigung mit Überraschungen handelt, sonst könnte die spießige Tante Erna geschockt sein, wenn sie eine klassische Beerdigungsfeier erwartet.

    Zu den virtuellen Friedhöfen muss ich eine Warnung aussprechen.
    Ist ja sehr beliebt für “Sternenkinder” und Haustiere.
    Beide müssen nicht offiziell bestattet werden – “Sternenkinder” sind Föten unter 500 g, die kein Persönlichkeitsrecht haben, d.h. nicht als Person im Geburts- oder Sterberegister eingetragen werden, wobei das Bestattungsrecht da auch von Bundesland zu Bundesland schwankt. Lebend geborene Babys werden immer bestattet.
    In einigen Bundesländern liegt die Grenze sogar bei 1.000 g, nicht lebend geboren.

    Wem das Andenken und bereits hinterlassene Gedanken, Bilder, Videos und Austausch wirklich wichtig sind, sollte das besser real verwirklichen als virtuell.
    So eine Seite kann über nacht einfach verschwinden, es gibt kein Recht darauf, dass sie ewig bestehen bleibt und gepflegt wird.
    Wer sich eine Tierbestattung nicht leisten kann und auch keinen eigenen Garten hat, könnte eine Sammeleinäscherung wählen, ist recht günstig und es bleibt eine Erinnerung und ein realer Ort zum Trauern kann geschaffen werden.
    Virtuell dann bitte nur zusätzlich oder wer die Unsicherheit dieses Trauerorts akzeptieren kann.
    Das gilt alles auch für die nicht bestattungspflichtigen Fehlgeburten, dort kenne ich mich aber nicht so gut aus und müsste auch erst nachsehen/recherchieren, wie das real (statt virtuell) verwirklicht werden kann.

    Hm ommm, die Chat-Bots zum Gespräch mit den Verstorbenen werden doch hoffentlich nicht von Astrologen und Wahrsagerinnen betrieben?
    Als virtuelle Version zu den herkömmlichen Jenseitsvermittlungen am Tisch mit Gläsern, die von selbst klappern?
    Mist, mir fallen die Fachwörter dafür nicht mehr ein. Bei Sturm der Liebe gab es mal ein Kapitel, das sich intensiv damit beschäftigte, auch mit ganz vielen Insiderbegriffen – der Drehbuchschreiber-Praktikant hatte entweder selbst in der Esoterikszene zu tun oder zuvor sehr umfassend recherchiert. Hatte ich nie zuvor gehört, all diese Begriffe für Jenseitskontakte. Das ist eine ganze Szene für sich innerhalb der Esoterikwelt.
    Ich ahne nichts Gutes mit den Chat-Bots und der ganzen Digitalität und KIs mittendrin. 😉

  12. #13 hwied
    13. April 2022

    Zurück in die Wirklichkeit
    Wer denkt, der Tod macht alle gleich, der irrt. Eine kleine Episode jenseits der deutschen Grenze.
    In der Familie lebten eine Christin in eine Muslimin zusammen. Die Muslimin starb und sollte in ihr Heimatland überführt werden.
    Der Christin wurde verboten, die Muslimin noch einmal zu sehen. Sie durfte den Transportsarg nicht öffnen.
    Die Christin war in einflussreicher Stellung der UNO, konnte den Abflug des Flugzeuges verhindern und erzwang mit der Hilfe der Polizei die Öffnung des Sarges.
    Sie nahm also Abschied von ihrer Freundin.
    Und jetzt kommt der Komödie/Tragodie zweiter Teil, die Muslime weigerten sich den Sarg wieder zu schließen, denn die Muslimin war nach der Berührung mit der Christin unrein geworden und darf nicht mehr transportiert noch beerdigt werden.
    Also, es mussten die drei Frauen her, die die Leiche schon einmal gewaschen hatten. Die Muslimin wurde aus dem Sarg geholt, zum zweiten Male gewaschen und wieder in den Sarg gelegt. Der wurde dann verlötet. Am Abend durfte dann das Flugzeug abheben.

  13. #14 Bbr
    Niedersachsen
    13. April 2022

    @hwied: Da kann ich nur feststellen, dass sie Christin hier sehr egoistisch gehandelt hat. Noch dazu hat sie ihre Position bei der UNO missbraucht, und gehört deswegen fristlos gefeuert.

    Man stelle sich nur den umgekehrten Fall vor: Irgend jemand aus einer anderen Kultur setzt mit Polizeigewalt durch, Handlungen an der Leiche eines Angehörigen vornehmen zu dürfen, die unseren moralischen Vorstellungen widersprechen. Der Sturm der Entrüstung wäre nicht auszumalen.

  14. #15 zimtspinne
    13. April 2022

    … und ich kann da nur feststellen, dass jegliches Religionsgeschwurbel komplett überflüssig gewordener Ballast ist, der endlich abgeworfen gehört.
    Es wäre schön, wenn sich statt dieses überflüssigen Gezoffes über Dinge, die unwichtiger nicht sein könnten, lieber Gedanken um die Würde Lebender und Sterbender gemacht würde.

    Müssen erstmal die Umstände des Todes staatlich, behördlich, ermittlungstechnisch geklärt werden, ist ohnehin Schluss mit lustig und blödsinnigen religiösen Ritualen. Hier zumindest, in Ländern mit Staatsreligion wahrscheinlich eher nicht.

  15. #16 zimtspinne
    13. April 2022

    Menschen, ob tot oder lebend, in rein und unrein einzuteilen, ist der allergrößte, unmenschliche Schwachsinn überhaupt.
    Aber da sind die genannten und weitere Religion ja die Allergrößten drin: besonders Menschen weiblichen Geschlechts Unreinheit anzudichten, schneller als die sich umgucken können.

    Auch Essen in rein und unrein zu unterteilen, gehört schleunigst auf die Müllhalde.
    Besonders lächerlich auch im Christentum, wo bestimmte Nahrungsmittel an bestimmten Tagen ok sind, an anderen nicht.
    Das war vielleicht früher mal irgendwie von Vorteil, die Menschen und ihren Hunger im Zaum zu halten und zu disziplinieren, aber doch heute in einer Wohlstandsgesellschaft nicht mehr.

  16. #17 hwied
    13. April 2022

    Bbr,
    das Entscheidende war und ist, dass hier eine Frau ein Menschenrecht durchgesetzt hat.
    Und wer sollte sie feuern, sie war die Leiterin.

    Zspinne,
    du enttäuscht „überflüssiges Gezoffe über Dinge, die unwichtiger nicht sein könnten, „
    Der Tod ist nicht unwichtig, Wie wir mit den Toten umgehen ist kennzeichnend dafür wie wir mit den Lebenden umgehen.

  17. #18 zimtspinne
    13. April 2022

    Hast du gelesen und verstanden, was ich schrieb, Robert?

    Du bist gerade ein wunderbares Beispiel für stupides Festkrallen an Ideologie-Regeln.

    Über die ungewollte Ironie in deinem Text könnte man lachen, wenns nicht so traurig wäre.

    so wie (hirnlos) mit Toten umgegangen wird (unrein, wenn die falsche Person gewaschen oder angeguckt hat), wird ja auch mit Lebenden umgegangen…. die landen flugs in der Unrein-Schublade bei deinem Verein (und in anderen Vereinen noch schneller und ärger), wenn sie sich “falsch” verhalten.

  18. #19 BBr
    Niedersachsen
    13. April 2022

    @hwied: Es gibt kein Menschenrecht darauf, Leichen zu begrabbeln. Wenn die Geschichte wirklich stimmt, wirft sie ein sehr schlechtes Licht auf die UNO. Eine Leiterin, die ihre Position dermaßen für private Interessen missbraucht? Da wundert mich der Hass der Muslime auf den Westen plötzlich nicht mehr so sehr.

  19. #20 hwied
    13. April 2022

    XXX

    [Edit: Kommentar gelöscht, Gruß von der Löschtaste.]

  20. #21 Beobachter
    13. April 2022

    ein lesenswerter artikel zum thema –

    https://taz.de/Kosten-von-Bestattungen/!5711449/

    Kosten von Bestattungen
    Nicht mal im Tod sind wir gleich
    Eine Bestattung kostet mehrere tausend Euro. Viele können sich das gar nicht leisten. Wieso wird auch noch beim Sterben mit zweierlei Maß gemessen?

    wer das sterben der eigenen eltern und,oder des lebenspartners hautnah mitbekommen hat, sie gepflegt und begleitet hat, bekommt eine ganz andere sicht der dinge – für die wesentlichen dinge im leben und für die am lebensende, bei krankheit und im alter.
    auch für das eigene leben und alter.

    es ist sehr schade bzw. ignorant und fahrlässig, alte leute gar nicht oder zu wenig zu ihrer lebensgeschichte zu befragen, sie erzählen zu lassen und zuzuhören.
    das ist interessanter als jedes buch und jede studie.
    jedes leben, auch jeder tod ist ein stück zeitgeschichte, und man wird feststellen, dass sich vieles wiederholt und wir heutzutage gar nicht so fortschrittlich sind, wie viele immer meinen.
    wir schreiten eher vom wesentlichen fort …

  21. #22 Beobachter
    13. April 2022

    leseempfehlung – besonders für alle, die meinen, sie seien besonders fortschrittlich, klug und modern –

    kurt tucholsky – gruß nach vorn
    weltbühne, 1926

    https://www.textlog.de/tucholsky-gruss-nach-vorn.html

  22. #23 zimtspinne
    14. April 2022

    @ Beobachter

    Du kannst aufhören, von deinen zwei Klassen zu sprechen und dazu jedes Ding einzeln aufzuführen.

    Wir, die ganze Welt, auch in sozialistischen Staaten, leben in Klassengesellschaften.
    Einen Staat mit klassenloser Gesellschaftsordnung gab es nie (auch früher keine Horden, Kleingruppen, Großgruppen – auch bei denen existierten Hierarchien), gibt es derzeit nirgendwo auf der Welt und wird es wohl auch niemals geben, außer in einer künstlichen Gesellschaft aus Androiden, die entsprechend strikt programmiert sind. Wahrscheinlich werden die sogar in kürzester Zeit wieder ihre Hackordnungen auszufechten beginnen….

    Es gibt auch nicht nur zwei Klassen, sondern soweit ich weiß sechs.
    Nennt sich auch nicht mehr “Klassen” sondern Gesellschaftsschichten. Dort fließen weitere Merkmale ein, nicht nur Einkommen und ökonomischer Status.
    Wird auch als sozioökonomischer Status bezeichnet, aber das weißt du sicher.
    Die marxistische Klassentheorie meinte vermutlich das gleiche in anderen Worten, in klassenkämpferischer Sprache. Da wurde sich mehr auf Kaptial und Eigentumsverhältnisse und Eigentum an Produktionsmitteln usw konzentriert.
    Aber gut, davon hängt ja auch die Position in einer Gesellschaft maßgeblich ab….

    Deine drei letzten Sätze in #21 sollen wohl ein schlechter Witz sein? So sieht es aus, wenn Beobachter Humor zeigt…..

    Frage mal 90jährige Frauen, wie ihr Alltag früher aussah.
    Da war allein das Projekt Familienwäsche eine Tagesaufgabe mit viel schwerer körperlicher Arbeit.
    Schon allein die höhere Kinderzahl und die “primitive” Ausstattung der Küchen und Wohnungen sorgte für allerlei tages- und abendfüllende Beschäftigung. Freizeit? Was ist das?

    Von anderen Dingen aus dem Fundus Traditionen will ich erst gar nicht anfangen.
    Oder dass Vergewaltigung in der Ehe… ach, lassen wir das, es würde eine Endlosliste und ich wäre über Ostern beschäftigt mit dir und der Liste.

    Dein “Früher war alles genauso ähnlich, nur heute ist alles schlechter” kannste dir sparen.
    das kommt auch ganz sicher nicht aus den meisten Gesprächen mit heute alten Leuten heraus.
    Die verstehen nämlich, dass jede Zeit ihre Höhen und Tiefen hat, ihre Vorzüge und Nachteile und auch ihre Daseinsberechtigung. Da man die Zeit und die Weiterentwicklung eh nicht aufhalten kann.
    Frage mich an der STelle, ob du all die Dinge, die du stets von anderen erwartest und verlangst überhaupt selbst tust.

  23. #24 Tina
    14. April 2022

    Meine ganz persönliche Sicht auf das Thema Tod: Besser nicht verdrängen, sondern sich beizeiten damit auseinandersetzen, dann verliert der Tod nämlich einen Teil seines Schreckens. Es hilft, sich klarzumachen (und es auch wirklich zu verstehen und zu spüren), dass alles Lebendige auf dieser Welt nur deshalb existiert, weil es stirbt, so wie die ganzen unzähligen Generationen vor uns bis zum allerersten RNA-Schnipsel, der ersten Zelle oder was auch immer man nun genau als unser aller Ursprung ansehen mag.

    Wenn das Leben vorbei ist, endet auch die Angst, der Schmerz, wie überhaupt alles Bedrängende und Unschöne. Insofern muss man davor eigentlich keine Angst haben, auch wenn uns die Angst vor dem Tod sozusagen in die DNA einprogrammiert ist, um überleben zu können.

    Was Angst machen kann, auch ganz berechtigt, ist das Leiden, insbesondere zum Lebensende hin. Hier kann medizinisch und mit menschlicher Nähe geholfen werden, allerdings nur bis zu einem bestimmten Grad. Durchs Sterben muss letztlich jeder alleine durch. Hier hilft es, wenn man sich ebenfalls beizeiten mit diesem komplexen Thema beschäftigt und so gut es geht vorsorgt, für seine Angehörigen, seine Freunde und letztlich auch für sich selbst (Vollmachten, Patientenverfügungen usw.).

    Wichtig finde ich, dass man Zeit hat, um Abschied zu nehmen. Wenn man Glück hat, gelingt das und dann bleibt auch sowas wie Dankbarkeit zurück.

  24. #25 Olaf S.
    15. April 2022

    @#24Tina

    Vielen Dank für Ihren Kommentar, der sich wohltuend von so manchen anderen Kommentaren hier unter Joseph Kuhns Artikel abhebt. Alles was lebt stirbt. Das zu verstehen müsste eigentlich ganz einfach sein, aber die allermeisten Menschen wollen es wohl nicht wahr haben – und handeln dementsprechend dumm und leider auch allzuoft destruktiv, was nicht selten, trotz Angst davor, mit einem frühen Tod endet. Ob die Angst vor dem Tod genetisch bedingt ist vermag ich nicht zu sagen und denke, dass der Gegenpol zu “alles was lebt sirbt” viel mehr “das Leben will leben” ist. Denn das Leben kämpft permanent um sein Leben, ganz egal, ob es sich hierbei um Menschen, Tiere, Pflanzen oder Extremophile handelt.

    Was uns Menschen vom ganzen Rest vom Leben unterscheidet ist, dass wir uns ganz rational mit unserem Ende (und dem Ende alles anderen Lebens) auseinandersetzen können. Hier kommt das von Ihnen angesprochene Leiden ins Spiel, was ja eine äußerst subjektive Empfindung ist, die aber von viel zu vielen anderen Menschen ignoriert und viel zu oft sogar abgesprochen wird. Hier denke ich ganz besonders an religiösen Lobbyismus und den damit verbundenen (vermutlich) falschen Versprechungen, wie bspw. dem angeblichen ewigen und leidensfreien Leben nach dem Tod.

    Weil Leiden so subjektiv ist sollte der Mensch, der leidet, auch entscheiden dürfen, wann sein Leiden ein Ende haben soll. Hier hat das BVerfG ja ein wegweisendes Urteil gesprochen, dessen Umsetzung aber allerdings gerade wieder von der Politik a: verschleppt und b: aufgeweicht wird. Am liebsten hätten die Politiker (und hier ganz besonders die religiös gefärbten) gerne wieder einen neuen § 217, welcher der Selbstbestimmung neue Fesseln anlegen soll. Man will die Sterbewilligen in ihre Leidensexistenz zwingen und verwehrt ihnen damit die eigene Würde im Leben und dem Tod.

    Auch den Angehörigen dieser Sterbewilligen (sofern diese die Logik von “alles was lebt stirbt” verstanden haben) nimmt man eine wirklich wichtige Erfahrung im zwischenmenschlichen Dasein. Das mag sich eventuell merkwürdig anhören, denn mir fehlen die richtigen Worte um auszudrücken was ich sagen möchte. Aber ich weiß wovon ich spreche, denn ich habe meiner Mutter 2016, als der § 217 noch nicht gekippt war, passiv beim Sterben geholfen. Das war eine meiner wichtigsten und prägendsten Erfahrungen in meinem Leben, quasi ein Geschenk. Denn die Würde beim Sterben manchmal viel wichtiger, als ein paar leidensvolle Jahre mehr zu leben.

    Ich habe meine Geschichte aufgeschrieben und wenn es Sie interessiert, würde ich mich sehr freuen, wenn Sie sie lesen würden.

    Ihnen alles Gute und einen schönen Frühling!

    Olaf S.

  25. #26 Olaf S.
    Vig
    15. April 2022

    Nachtrag zu #25

    Mit dem Link hat es wohl nicht geklappt. Hier nochmal ohne Code, aber zum kopieren:

    http://sterbegeschichten.de/meine-sterbegeschichte/

  26. #27 Beobachter
    15. April 2022

    zimtspinne, # 23 –

    nein, ich werde nicht aufhören, von klassengesellschaften und sozialarwinismus zu reden bzw. zu schreiben.
    denn es ist notwendiger denn je, es immer wieder anzuprangern, missstände zu benennen und abhilfe schaffende veränderungen anzustreben.
    und dafür etwas zu tun.
    noch nie was sozialpolitik gehört?
    noch nie was von unserem grundgesetz gehört?

    und nein, meine letzten 3 sätze in # 21 sind kein witz – weder ein guter noch ein schlechter.
    ebenso wenig ist tucholskys gruß nach vorn weder ein witz noch altmodisch, obsolet.

    dein nass-forsches yuppie-geschwätz, deine begrenzte sicht der dinge nur bis zu deinem eigenen tellerrand – mit goldrand – gehen mir auf die nerven, und ich denke nicht mehr daran, auf deine kommentare näher einzugehen.
    dazu ist mir meine zeit zu schade, zumal ich gerade derzeit wichtigeres zu tun habe.
    außerdem will ich hier niemanden überzeugen, sondern lediglich darauf aufmerksam machen, dass es zu einem sachverhalt mehrere wichtige blickwinkel gibt und nicht nur den tunnelblick der eigenen begrenzten erfahrungswelt und echokammer.

    jedenfalls sei dir abschließend gesagt, dass ich genau weiß, wovon ich hier rede bzw. schreibe und das tue, was ich von anderen verlange bzw. wünschen würde, dass sie es auch tun würden.

    wie alt bist du denn, zimtspinne?
    aus welchem zeitlichen erfahrungsfundus kannst du denn schöpfen?
    war etwa für dich selbst die familienwäsche am waschbrett und im kochkessel auf dem küchen-kohleherd alltags-realität?
    oder sind das schauerstories, die du mal irgendwo gehört oder gelesen hast?

  27. #28 Beobachter
    15. April 2022

    berichtigungen zu # 27 –

    – … sozialdarwinismus …
    – … was von sozialpolitik …