In der Querdenkerei gibt es immer wieder Spurenleser, die glauben, eine blutige Spur der Corona-Impfung in Mortalitätsstatistiken entdeckt zu haben. Die Spuren entpuppen sich aber regelmäßig als Fehltritte im Sumpf.
Jetzt hat es den AfD-Abgeordneten Martin Sichert erwischt. Er hat Daten bei der kassenärztlichen Versorgung abgefragt. Darin meinte er einen massiven Anstieg von plötzlichen Sterbefällen ab dem ersten Quartal 2021 zu sehen und verdächtigte die Impfungen. Damit ging er gestern an die Öffentlichkeit. Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung hat umgehend dementiert. In einer dpa-Meldung heute heißt es:
„Das ZI wies Sicherts Darstellung zurück und teilte mit, der scheinbare Anstieg sei eine logische Konsequenz der Datenauswahl durch die AfD. Es handele sich um einen «Kohorten-Effekt». Denn für die Analyse seien nur die Daten derjenigen abgefragt worden, die im Jahr 2021 krankenversichert waren. Wer 2021 noch im System der Krankenversicherung war, für den kann logischerweise in den Jahren vorher auch gar keine Todesdiagnose gestellt worden sein, so die Erklärung für den steilen Anstieg der Zahlen ab 2021. Dass bei dieser Kohorte in der Statistik in geringer Zahl auch Kodierungen für Todesfälle in Vorjahren auftauchen, dabei könne es sich nur um Fehler bei der Eingabe oder Übertragung handeln.“
Wenn dem so ist, hat man die Daten vor der Übermittlung wohl nicht sehr sorgfältig geprüft. Dass unter den 2021 gesetzlich Versicherten keine vorher Verstorbenen sein dürfen, erfordert eigentlich keine vertiefte epidemiologische Analyse. Aber das gilt dann natürlich genauso für Herrn Sichert. Wenn er Daten für 2021 Versicherte angefragt hat, hätte auch er schauen müssen, ob das plausibel ist, was er da bekommt. Vor allem bei Auswertungen von Routinedaten aus der Versorgung ist immer Vorsicht geboten – hier gilt die epidemiologische Grundregel „shit happens – always and everywhere“.
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