In den Medien wird derzeit über geleakte SMS- und Mail-Schnipsel des Springer-Chefs Mathias Döpfner diskutiert. Er hat sich, in welchem Rahmen der nach seiner Darstellung aus dem Rahmen gerissenen Sätze auch immer, herablassend über Ostdeutsche, Muslime, Merkel & Co. geäußert und seine Leitungskräfte zur Unterstützung der FDP aufgefordert. Nun gut, ein Burner wäre gewesen, hätte er insgeheim für die LINKE geworben. Jetzt wissen wir also, dass Döpfner dafür steht, was man so als Grundlinie der Springer-Presse erwartet. Wer hätte das gedacht?
Man kann nun darüber diskutieren, ob der von Döpfner aus Investitionsschutzgründen geschasste Julian Reichelt kalte Rache übt, wie z.B. Stefan Niggemeier auf seinem Blog ÜberMedien vermutet, oder ob sich die anderen Verlagshäuser Döpfner ganz uneigennützig vornehmen oder ob, Konkurrenzinteressen hin oder her, richtungsweisende Nachrichten des Chefs der auflagenstärksten Mediengruppe an seine Führungskräfte auf jeden Fall von Interesse für die Öffentlichkeit sind. Maximilian Steinbeis vertritt diese Position heute in seinem Editorial auf Verfassungsblog.
Ich bin, noch unter dem Eindruck des 1. Aprils und anderer skurriler Mediengeschichten, von einer Kolumne der BILD-Chefredakteurin Marion Horn angetan:
„Der Tenor mancher Berichte diskreditiert die Arbeit der exzellenten Journalisten bei BILD. Das ist mies.“
Die BILD fordert Fairness bei der Berichterstattung ein – das ist mal was Neues. Samthandschuhe für all die zarten Seelen dort, die jetzt verletzt und in ein schlechtes Licht gerückt sind. Man denkt auch hier unwillkürlich an den exzellenten Journalisten Julian Reichelt. Das ist mies.
„Jeder weiß, wofür BILD steht.“
Jeder weiß es.
„Wir leben unsere Werte und Leitsätze.“
Wenn man sich keinen Werten verpflichtet fühlt, fällt das nicht schwer. Für welche Werte steht denn BILD? Frau Horn lässt uns hier spekulieren, aber immerhin einen „Grundsatz“ führt sie an:
„Unser erster Grundsatz ist das Eintreten für die Freiheit. Das bedeutet auch, dass BILD frei darin ist, so zu berichten, wie BILD es für richtig hält. Und diese Freiheit verteidigt Mathias Döpfner jeden Tag, auch gegen Widerstände aus Politik, Wirtschaft und Kultur.“
Döpfner als Held, als Widerstandskämpfer? Einer der ersten Generation vermutlich. Dass BILD freizügig schreibt, was es für richtig hält, egal ob es richtig ist, wird niemand in Abrede stellen.
Und dann das fulminante Ende:
„Ja, Mathias Döpfner hat Sätze gesimst, die so wie sie dastehen, absolut nicht in Ordnung sind. Aber das ist nicht, was wir bei BILD oder in diesem Verlag denken. Eigentlich ist eine Entschuldigung fällig, Chef!“
Wenn sich bei Springer jeder und jede für grobe Verstöße gegen Moral und Anstand entschuldigen würde, würde das jede Woche eine eigene Sonntagsausgabe füllen.
Aber Respekt, Frau Horn, Sie widersprechen damit, wenngleich mit aggressionsgehemmt untertäniger Anrede “Chef”, ihrem Chef mit seiner Ausrede, die Sätze seien nur aus dem Zusammenhang gerissen. Fordern Sie am Ende gerade durch die Blume seinen Rücktritt? Oder ging es Ihnen wie ihm nur um Selbstverteidigung? Das wäre nicht nötig. Jeder weiß, wofür BILD steht. Trotzdem danke für diesen erheiternden Beitrag, exzellenter Journalismus kommt bei der BILD eben manchmal in Form von Satire daher. Was wäre Ihre Kolumne für ein toller Beitrag zum 1. April gewesen!
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