Auch der Rat, wie man das Rauchen einschränkt, angeblich auf der Grundlage erfolgreicher Präventionsprogramme in Norwegen, ist heikel: „Dazu beigetragen hätten eine Medienkampagne, Entwöhnungskurse in Kommunen und Hausärzte, die ihre Patienten über die Gefahren des Rauchens aufklärten.“ Für die hartnäckigen verbliebenen Raucher:innen wird eine App beworben: „Es habe sich in der Folge gezeigt, dass in dieser Risikogruppe die App in Verbindung von Kautabak die besten Ergebnisse bei der Rauchentwöhnung gezeitigt habe.“ Vermutlich würde eine Empfehlung der Tabakindustrie nicht viel anders aussehen. Das Deutsche Krebsforschungszentrum sieht die Evidenz hier bei verhältnispräventiven Maßnahmen.

Eine andere Unternehmensberatung „_fbeta“, forderte, das Gesundheitswesen auf Krisen einzustellen. Dazu hatte sich gerade erst der Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege in seinem Jahresgutachten geäußert, mit durchaus diskussionswürdigen Vorschlägen. Anders als der Sachverständigenrat blickte die Unternehmensberatung „_fbeta“ nicht auf die Coronakrise, sondern auf die demografische Entwicklung. Sie würde dazu führen, dass wir „zu einem großen Anteil chronisch krank“ sein werden und die Fachkräfte zur Behandlung fehlen. Lösungsvorschlag: „Digitale Plattformen etwa für Rückenschule- oder Anti-Stress-Programme, Marktplätze der Kommunen für Gesundheitsangebote in der Region und Coaches für Joggen und Radfahren gebe es längst.“

Mag sein, dass die erwähnten Vorträge oder der Tenor des BMC-Kongresses im Beitrag der Ärztezeitung nicht in allen Facetten wiedergegeben sind. Aber für die Novellierung des Präventionsgesetzes sollten Ratschläge von Unternehmensberatungen auch nur eine Facette unter vielen sein, die es zu berücksichtigen gilt. Die gesundheitlichen Folgen des Klimawandels, die sozial bedingte Ungleichheit der Gesundheit, die Luftverschmutzung, fragile internationale Lieferketten bei Arzneimitteln und Medizinprodukten oder Probleme der Lebensmittelsicherheit wird man jedenfalls mit digitalen Gesundheitsanwendungen in der Prävention nur bedingt angehen können, so hilfreich sie für bestimmte Zwecke auch sein mögen.

——————–
Zum Weiterlesen:

Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Sozialmedizin zum ersten nationalen Präventionsbericht, 2019
Eckpunkte der Interessengemeinschaft Betriebliche Krankenversicherung e.V. (BKV) zur Weiterentwicklung des Präventionsgesetzes, 2020
Eckpunkte des Zukunftsforums Public Health für eine Public Health-Strategie für Deutschland, 2021
Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung, 2021
Rahmenpapier von Gesundheit Berlin-Brandenburg zur Novellierung des Präventionsgesetzes, 2021
Eckpunkte der Bundesvereinigung für Prävention und Gesundheitsförderung zur Weiterentwicklung des Präventionsgesetzes, 2022
Forderungen der Diakonie zur Weiterentwicklung des Präventionsgesetzes, 2023
Positionspapier der Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung zur Weiterentwicklung des Handlungsfeldes Prävention und Gesundheitsförderung, 2023

1 / 2