Der Süddeutschen Zeitung lag heute eine Werbung von Porsche unter dem Titel „Driven by Dreams“ bei. Anlass ist das 75-jährige Jubiläum der Firma seit der Betriebszulassung für den Porsche 356 am 8. Juni 1948.
75 Jahre? 1948? War da nicht auch vorher etwas? In der Jubiläumsbroschüre heißt es auf Seite 6:
„Genau genommen beginnt die Geschichte von Porsche mit der Gründung des Konstruktionsbüros am 25. April 1931. Ferdinand Porsche, Adolf Rosenberger und Anton Piëch stehen im Handelsregister Stuttgart für die Dr. Ing. h.c. F. Porsche GmbH, Konstruktionen und Beratung für Motoren und Fahrzeugbau. Nach Beginn des Nationalsozialismus zerbrach das Trio.“
Dann geht es weiter mit 1948. Die Firma verdrängt ihre Geschichte zwar nicht mehr, sie hat spät, aber immerhin, 2014 eine Aufarbeitung durch den Historiker Wolfram Pyta gefördert und auch einen Fonds zur Entschädigung der bei Porsche eingesetzten Zwangsarbeiter eingerichtet. Allerdings findet sie im Umgang mit ihrer Geschichte nach wie vor nicht immer den richtigen Ton. Das zeigt nicht nur die Jubiläumsbroschüre.
Auf der Internetseite der Firma wird das Buch von Pyta mit den Worten kommentiert:
„Das Werk macht deutlich, wohin die kreative Dynamik der Gründerjahre unter den Nationalsozialisten führte (…).“
Ob mit „kreativer Dynamik“ die zeitgeschichtlichen Umstände gut charakterisiert sind? Ob die Zwangsarbeiter bei Porsche das auch so formuliert hätten? Hier verhüllt doch eher die Marketingsprache eines Sportwagenherstellers in mildem Rückblick die historische Wahrheit.
Etwas später heißt es:
„Der Wissenschaftler Pyta beschreibt Porsche als Familienunternehmer in Reinkultur, der die politischen Verhältnisse und die Chancen, die das NS-Unrechtsregime bot, nicht aus ideologischer Überzeugung, sondern aus reinem ökonomischen Interesse nutzte, um sich als Entwickler und Hersteller gegen die Übermacht etablierter Automobil-Konzerne wie Daimler oder Auto Union durchzusetzen.“
Driven by Dreams? Wenn „Chancen“, die das „NS-Unrechtsregime“ bot, aus wirtschaftlichen Gründen genutzt werden? Vielleicht sollte die Firma über solche Textpassagen auf ihrer Internetseite noch einmal nachdenken. 90 Jahre nach dem Antichambrieren Ferdinand Porsches bei Hitler 1933 wäre durchaus eine passende Gelegenheit.
Und was wurde eigentlich aus Adolf Rosenberger, dem Dritten im Trio, das nach Beginn des Nationalsozialismus „zerbrach“? Bei Wikipedia heißt es, Rosenberger sei als Jude aus der Firma gedrängt worden, und weiter:
„Als Jude wurde er am 5. September 1935 wegen angeblicher „Rassenschande“ verhaftet und am 23. September aus dem Pforzheimer Untersuchungsgefängnis an der Rohrstraße direkt ins Konzentrationslager Kislau eingewiesen.“ Rosenberger kam wieder frei und konnte emigrieren, er starb 1967. Mit Porsche kam es nach dem Krieg zu einem Vergleich, Rosenberger erhielt 50.000 Mark und ein Auto.
Und auch dazu noch einmal ein Blick in die Jubiläumsbroschüre: Der oben zitierte Absatz zum Jahr 1931 geht so weiter:
„Die Dr. Ing.h.c. F. Porsche AG und die Adolf Rosenberger gGmbH haben 2022 ein Forschungsprojekt über den Rennfahrer und Geschäftsmann Adolf Rosenberger vertraglich vereinbart.“
Driven by Nightmares?
Ganz sachlich gesehen werden Porsche-Autos durch fossile Brennstoffe angetrieben, künftig vielleicht durch E-Fuels. Porsche hat bisher, so kann man auf der letzten Seite der Jubiläumsbroschüre lesen, 100 Mio. Dollar in die Entwicklung von E-Fuels investiert.
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