Vor ein paar Tagen habe hier dem Buch „Die ökonomische Vernunft der Solidarität“ von Hartmut Reiners eine 7-Zeilen-Rezension gewidmet. Jetzt habe ich zur Politischen Ökonomie noch eine Empfehlung: Das Buch „Kapitalismus“ des Frankfurter Politikwissenschaftlers Julian Garritzmann.

Garritzmann betrachtet in seinem Buch unterschiedliche „Kapitalismen“ in unterschiedlichen Weltregionen: ihre Charakteristika, ihre Genese und ihre Stärken und Schwächen – und ich betrachte sein Buch in einer weiteren 7-Zeilen-Rezension. Es ist 2023 bei Junius als Taschenbuch in der Reihe “Zur Einführung” erschienen und kostet 16,90 Euro. Der Verlag behauptet, es habe 272 Seiten, meines hat nur 268, gut so, sonst hätten 7 Zeilen für die Rezension nicht gereicht.

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Zum Weiterlesen:

• Nancy Fraser: Der Allesfresser. Wie der Kapitalismus seine eigenen Grundlagen verschlingt. Frankfurt 2023.
• Robert Skidelsky, Edward Skidelsky: Wie viel ist genug? Vom Wachstumswahn zu einer Ökonomie des guten Lebens. München 2013.
• Mark Fisher: Kapitalistischer Realismus ohne Alternative? Hamburg 2013.

Kommentare (19)

  1. #1 Omnivor
    Am 'Nordpol' von NRW
    6. August 2023

    Der Verlag behauptet, es habe 272 Seiten, meines hat nur 268

    Adblocker ausschalten, dann sind auch die letzten Seiten zu sehen.

    • #2 Joseph Kuhn
      6. August 2023

      @ Omnivor:

      Mist, meine Printversion hat keinen Knopf für den Adblocker. 😉 Aber auch in der Papierversion sind noch zwei Blätter nach dem Literaturverzeichnis, so ganz ernst war das mit den den vier fehlenden Seiten nicht gemeint. 272 Seiten entsprechen der konventionellen Paginierung, Seitenzahl durch 16 teilbar.

  2. #3 Stephan
    7. August 2023

    Als gemeinsames Merhmal der “Kapitalismen” sieht Garritzmann, daß Privateigentum geschūtzt ist??
    Das ist nun wahrlich nichts, worin sich der Kapitalismus z.B. von der Bibel unterscheidet. Oder von den “Sozialismen”.

    • #4 Joseph Kuhn
      7. August 2023

      @ Stephan:

      Nehmen wir einen der real existierenden Sozialismen. In Art. 9 der Verfassung der DDR hieß es, Sie erinnern sich vielleicht: “Die Volkswirtschaft der Deutschen Demokratischen Republik beruht auf dem sozialistischen Eigentum an den Produktionsmitteln.” Art. 12 listet dann noch einmal explizit auf, welche Wirtschaftsbereiche auf jeden Fall “Volkseigentum” (also in Wirklichkeit Parteieigentum) sein sollten und für die Privateigentum verboten war, Art. 14 restringierte die Verfügungsgewalt über verbliebene private Wirtschaftsunternehmen. Garantiert war lediglich das “persönliche Eigentum der Bürger”, Art. 11.

      Und aus der Bibel ist mir auch kein einklagbarer Rechtsschutz des Eigentums an Unternehmen bekannt. Der Anhang mit den Paragafen ist dort insgesamt eher dünn.

  3. #5 Staphylococcus rex
    7. August 2023

    Bei den Alternativen zum Kapitalismus sieht es derzeit ziemlich trist aus. Der real existierende Sozialismus hatte nicht wirklich viel mit Sozialismus zu tun. Marx hat zwar ausgiebig den Kapitalismus kritisiert, als ökonomisches Gegenmodell hat er irgendwo im Kleingedruckten die Post genannt (damals ein Staatsunternehmen mit Staatsmonopol). Das Volkseigentum in der DDR war in Wirklichkeit Staatseigentum und die Organisationsstruktur in Kombinaten war letztendlich nichts weiter als eine Sonderform des Staatsmonopolistischen Kapitalismus.

    Der Slogan in der DDR war “Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seiner Leistung”, in der Realität wurde das Leistungsprinzip aber regelmäßig verletzt. In der Produktion gab es punktuell Leistungslohn, aber es gab weder ein echtes Leistungsprinzip in großen Teilen der Wirtschaft noch eine Motivation, sich als Unternehmerpersönlichkeit zu entwickeln.

    Für den Kommunismus hieß es dann “Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen”. Das bedeutet, ein linker Gegenentwurf zum aktuellen Kapitalismus benötigt eine Wirtschaft mit einem bedingungslosen Grundeinkommen, welches deutlich oberhalb der absoluten Armutsgrenze angesiedelt sein muss. Wer mehr als das Grundeinkommen benötigt, müßte sich dann dem Leistungsprinzip unterwerfen.

    PS: China hat den staatsmonopolistischen Kapitalismus teilprivatisiert. Den Versuch einer teilweisen Abkehr vom Staatsmonopol gab es auch früher (Jugoslawien, aber auch die Neue ökonomische Politik im Russland der 20-er Jahre), aber diese Versuche hatten ihre eigenen Probleme mit sich gebracht, das würde diesen Beitrag aber deutlich sprengen.

  4. #6 hto
    Holographische Konfusion
    8. August 2023

    @Stephan: “Als gemeinsames Merkmal der “Kapitalismen” sieht Garritzmann, daß Privateigentum geschūtzt ist??”

    Der Wohlstands- und Gewohnheitsmensch braucht seine Illusionen!!!

  5. #7 hto
    8. August 2023

    @Kuhn: “Und aus der Bibel ist mir auch kein einklagbarer Rechtsschutz des Eigentums an Unternehmen bekannt.”

    Grundsätzlich ist ALLES Gemeinschaftseigentum, also auch das Leben, welches Mensch mit richtigem Zusammenleben als ganzheitliches Wesen gestalten soll – In einem globalen Gemeinschaftseigentum ohne wettbewerbsbedingte Symptomatik, würde ERARBEITETE PRIVATSPHÄRE (erarbeitet von und für die Gemeinschaft) wirklich-wahrhaftig garantierbar sicher vor Eingriffe oder Manipulation sein, aber eben auch ohne Erbensystem, auf der Basis eines UNKORRUMPIERBAREN Menschenrechts zu KOSTENLOSER Nahrung, MIETFREIES Wohnen (Sozialstandard) und ebenso kostenlose/klassenlose Gesundheitsversorgung, da erst beginnt eine Werteordnung in Vernunft, Verantwortungsbewusstsein und Freiheit, zweifelsfrei-eindeutig OHNE wettbewerbsbedingt-manipulative Schwankungen!!!

    Von Rechtsschutz und Garantie ist in der Bibel mit Absicht nichts zu finden, denn eigenverantwortliche Weiterentwicklung der Vernunftbegabung als ebenbildliches Wesen …!? 😉

  6. #8 Dr. Webbaer
    10. August 2023

    Bald redet auch der Schreiber dieser Zeilen vom “Kapitalismus”, wenn es so weiter geht und die Wirtschaft zunehmend illegitim in den Sachverhalt “politisch Mandatierende-Mandatierte” eingreift.
    An sich meint der “Kapitalismus” Karl Marx und seine Sicht auf die Dinge, politisch linke Sicht auf die Dinge; die aus liberaler Sicht falsch ist, wenn es doch um die (liberale) Demokratie mit weitgehend freiem wirtschaftlichen Handeln geht – dennoch beginnt der Webbaer den Begriff “Kapitalismus” langsam zu mögen.
    Vielen Dank für die (Kurz-)Rezension!

    • #9 Joseph Kuhn
      11. August 2023

      @ Webbär:

      “An sich meint der “Kapitalismus” Karl Marx und seine Sicht auf die Dinge”

      Irgendwie sicher, aber Karl Marx hat zwar in seinem Werk “Das Kapital” analysisert, was eine Ware kennzeichnet und welche Rolle das Kapital in einer Warenökonomie spielt, aber zählen Sie mal, wie oft er den Begriff “Kapitalismus” verwendet.

      Zum Thema Marx und Freiheit: Lesen Sie “Die Freiheit des Karl Marx” von Urs Marti-Brander. Klappentext: “Karl Marx (…) war anders als oft angenommen ein Philosoph, der die Freiheit und Entfaltungsfähigkeit des Individuums höher schätzte als das Ideal der Gleichheit. Geprägt von der englischen und französischen Aufklärung kämpfte er gegen politische und religiöse Bevormundung. Wer sich in seine Schriften vertieft, wird erkennen, dass Marx liberale Grundsätze keineswegs gering geschätzt hat. Er kritisierte jedoch einen Liberalismus, der verdrängt, dass die Gesetze der Akkumulation und der Konkurrenz die individuelle Freiheit bedrohen.”

      Man muss Branders Lesart nicht folgen, aber man sollte es sich auch nicht anhand von “Habe ich Gehört-Sprechblasen” zu einfach machen.

  7. #10 Dr. Webbaer
    11. August 2023

    Guten Morgen, lieber Herr Dr. Joseph Kuhn,

    dem Schreiber dieser Zeilen ist die Aufstellung von Karl Marx grob bekannt und der lag aus diesseitiger Sicht in seinen politischen Vorhaben falsch, aber nicht weitgehend in seinen Analysen.
    (Vergleiche mit Sahra Wagenknecht bieten sich vielleicht an, oder mit ihrem werten Herrn Gemahl (Erinnert sich noch jemand an dessen völlig misslungenen Wahlkampf 1990?).)

    Dass der kollektivistisch orientierte Philosoph den individualistischen Philosophen abzulehnen hat, liegt in der Natur der Sache, wenn Antonyme vorliegen.
    An sich war Karl Marx vergleichsweise nett, gebildet auch, zukunftsoptimistisch, nicht “neulinks” natürlich und ein großartiger Schwätzer, sein Buch “Das Kapital” wird aus sozusagen linguistischem Interesse, auch wegen seiner Wortschöpfungen, seiner Beklopptheit im Sprachlichen, gerne immer wieder, also gelegentlich, zur Hand genommen.
    Seine Einsichten waren also aus diesseitiger Sicht zwar unannehmbar, aber nachvollziehbar.

    Arbeiten Sie, lieber Herr Dr. Joseph Kuhn, gerne weiterhin “kapitalismus”-kritisch und so publizistisch; Dr. Webbaer muss in diesem Zusammenhang noch auftanken, diese “kapitalistische” heutige Gefahr ist vergleichsweise neu und wohl global (auch politisch) tätigen sehr reichen Personen(gruppen) geschuldet.
    Letztlich auch dem Web.

    Mit freundlichen Grüßen + vielen Dank für Ihre Reaktion
    Dr. Webbaer

  8. #11 Andreas Lichte
    11. August 2023

    Schafft es irgendjemand, nicht zu googeln und wirklich zu raten?

    Wessen “Confession book“ ist das? https://en.wikipedia.org/wiki/Confession_album

    Auszug:

    „Hero“: “My biggest saucepan“

    „Heroine“: “My coffeepot”

    “Idea of happiness“: “To eat a dinner I hav’nt created“

    und zum Schluss noch ein deutlicher Hinweis:

    “Chief characteristic“: “Love to the young Marxens”

  9. #12 Alisier
    11. August 2023

    @ Andreas Lichte
    Ganz spontan: Lenchens?
    Ansonsten danke ich für die kurzweilige Erinnerung an die überaus moderne Patchworkfamilie Karls.
    “Ich seh se doch nur als deine Antithese”…… Frage meinerseits: Von wem ist der Comic, der diese spezielle Familienkonstellation aus Korn nimmt aus dem das eben Zitierte stammt?
    Zum Post und den sonstigen Kommentaren mag ich gerade noch nichts sagen weil ich immer noch am Haare raufen bin….

  10. #13 Alisier
    11. August 2023

    Nachtrag: “Comic” ist nicht ganz korrekt, denn der große Zeichner, Karikaturist und Buchautor nannte es “Bilderbogen”.
    Und er nimmt es auFs Korn…..Memo an mich: Abends langsamer tippen….

  11. #14 Andreas Lichte
    11. August 2023

    @ Alisier

    ich löse jetzt noch nicht auf …

    Ich habe gar nicht unbedingt den Namen erwartet – den ich bis vor Kurzem selbst noch nicht kannte –, sondern die Rolle des/der Gesuchten: für mich sind die Antworten für das “Confession Book” eine Klasse-Illustration von:

    “Man ist, was man tut” Lichte

    „Es ist nicht das Bewußtsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewußtsein bestimmt.” Marx

  12. #15 Uli Schoppe
    12. August 2023

    Das ist jetzt echt OT aber: Warum hatte ich bei “Hero” einen spontanen Gedanken an den Song “Heroes” und direkt danach bei “Heroine” so richtig total daneben an Velvet Underground? Ich bin kaputt ^^

  13. #16 wereatheist
    12. August 2023

    @Uli Schoppe:
    im Zusammenhang mit Velvet Underground hast Du ein ‘e’ hinzuphantasiert.
    Der Songtitel entspricht nämlich dem Markennamen (von Bayer) für ein irgendwie nicht mehr so hoch angesehenes, aber trotzdem recht gefragtes Stöffchen.

  14. #17 Dr. Webbaer
    13. August 2023

    Zur Person gerne die bekannte Online-Enzyklopädie zitierend :
    -> https://de.wikipedia.org/wiki/Julian_Garritzmann
    Kann Dr. Webbaer vielleicht sogenanntes WebLog-Wesen empfohlen werden, um sich “kapitalismus”-kritisch und die rationale politisch linke Sicht meinend weiter einzuarbeiten ?
    MFG
    WB

  15. #18 Staphylococcus rex
    13. August 2023

    Noch eine kurze Anmerkung zur Definition des Kapitalismus. Jede Definition hat ihre Vor- und Nachteile. Die Definition, mit der ich in meiner Jugend indoktriniert wurde, nennt zwei wesentliche Elemente, nämlich das “Privateigentum an Produktionsmitteln” sowie den “doppelt freien Lohnarbeiter”. Wenn man sich die Phase unmittelbar vor dem Kapitalismus anschaut, macht dies auch Sinn:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Frühkapitalismus

    Privateigentum gibt es schon lange, auch das Privateigentum an Produktionsmitteln. Aber ohne Fabrikarbeiter ist Kapitalismus schwer vorstellbar. Im Frühkapitalismus waren diese Personen als Hörige oder Leibeigene an die Scholle gebunden. “Doppelt frei” bedeutet hier frei von Abhängigkeit durch den Gutsherrn, aber auch “frei” von Eigentum an Grund und Boden. Die Abschaffung der Leibeigenschaft ist ein großer Erfolg liberaler Politik. Gleichzeitig hat liberale Politik seit jeher zwei Gesichter: als Bürgerrechtspartei die Befreiung der Arbeiter von feudaler Unterdrückung, aber als Partei des Großbürgertums auch die Befreiung der Unternehmer von lästiger staatlicher Einflussnahme.

    Warum sich derartige Phrasen so lange im Gedächtnis halten, wäre eine spannende Frage, würde diesen Beitrag aber sprengen.

  16. #19 Andreas Lichte
    15. August 2023

    @ Alisier #12 und alle Interessierten …

    Deine Antwort ist richtig, gesucht war:

    Helena „Lenchen“ Demuth, https://de.wikipedia.org/wiki/Helena_Demuth

    Haushälterinnen an die Macht!