Allen Sonntagsreden zum Trotz ist die Prävention in Deutschland immer das Stiefkind der Gesundheitspolitik geblieben. In den letzten 30 Jahren lag der Anteil der Prävention an den gesamten Gesundheitsausgaben recht konstant zwischen 3,5 % und 4%.

Die Coronakrise mit ihren Sonderlasten, z.B. für Impfstoffe, hat der Prävention nun eine Scheinblüte beschert: Im Jahr 2021 ist der Anteil der Prävention an den Gesundheitsausgaben auf 6,5 % gesprungen, gegenüber 3,4 % im Jahr 2020. Oder in absoluten Zahlen: Für 2021 weist das Statistische Bundesamt 30,7 Mrd. Euro Ausgaben in der Prävention aus, 2020 waren es mit 15,0 Mrd. Euro gerade mal halb so viel. Daten für 2022 liegen noch nicht vor.

Mit dem neuen „Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin“ (BIPAM) will Gesundheitsminister Lauterbach der Prävention auch bei den nichtübertragbaren Krankheiten, vor allem den Herzkreislauf-Krankheiten, mehr Rückenwind verschaffen. Man wird an den Säulen dieses Diagramms in den nächsten Jahren ablesen können, ob es einen „Wumms“ gab oder nur ein laues Lüftchen.

Kommentare (17)

  1. #1 Fluffy
    31. Oktober 2023

    Schöner Post. Schön kurz.
    Kürzer als so manche Antworten hier.
    Interessant, dass es mich daran erinnert, dass Impfen in der Tat Prävention ist… Und Maske tragen.
    Bei den Zahlen in der Graphik stellt sich mir die Frage: Wie hoch ist die hierin enthaltene Rendite?

    • #2 Joseph Kuhn
      31. Oktober 2023

      @ Fluffy:

      Was ist mit der Rendite gemeint? Die Renditen von Unternehmen, die z.B. Masken, Impfstoffe oder Yoga-Matten herstellen, Fitnessstudios betreiben usw., oder ein monetär bewerteter Return on Investment der eingesetzten Präventionsausgaben?

  2. #3 Neumann
    31. Oktober 2023

    Um die Ausgaben für das Impfen etwas anschaulicher werden zu lassen.
    Für die Schweiz mit 8,7 Millionen Einwohner hat ein Ökonom errechnet, dass eine Impfaktion etwa 500 Millionen Schweizer Franken gekostet hat.
    Die Zahlen sind geschätzt, weil die Preise für den Impfstoff vertraulich behandelt werden.

  3. #4 Robert
    31. Oktober 2023

    Das wären etwa €60 pro Person/Dosis. Da dürfte der Impfstoff selbst nicht der größte Kostenfaktor sein, sondern die Arbeitszeit und das “Drumherum” (Impfzentren betreiben usw.).

  4. #5 Dr. Webbaer
    31. Oktober 2023

    Überraschend ist hier wenig, denn der massenhafte Einkauf von Impfmitteln ist erklärlich.
    Womöglich ist hier überreagiert worden. [1]
    Politiker hassen nichts mehr als den Vorhalt nicht reagiert zu haben, Aussitzen, Helmut Kohl und so, war gestern, in einer per Web eng verbundenen und emotionalisierten Gesellschaft, insbesondere auch durch Social Media, geht es womöglich nicht anders, als höchst reaktiv. [2]

    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Webbaer

    [1]
    Zwischen Therapie und Prävention ist ein Mittelweg zu finden.
    Gerät diese Idee aus den Augen, gewinnt die Pharmaindustrie, nicht aber der (auch potentielle) Patient.

    [2]
    Hoffentlicg geht es nicht weiter in diese Richtung.
    Dr. W betrachtet die “Scienceblogs.de” nicht als Social Media.

  5. #6 Dirk Freyling
    Erde
    31. Oktober 2023

    XXX

    [Kommentar gelöscht. Der Blogbeitrag war keine Aufforderung zur Impfgegnerpropaganda. JK]

  6. #7 Neumann
    1. November 2023

    Die deutsche Pharmaindustrie darf nicht dem internationalen Wettbewerb geopfert werden.
    Über den Medikamentenmangel wird ja schon geklagt.

    Über Präventionsausgaben kann man die Entwicklung von neuen Impfstoffen “sponsern”, bei uns ist so ein Newcomer aus Reutlingen kurz vor der Zulassung seines Impfstoffes gescheitert. Hier sollte der Staat weitblickende Entscheidungen treffen !

  7. #8 Fluffy
    1. November 2023

    @#2

    Was ist mit der Rendite gemeint? Die Renditen von Unternehmen, die z.B. Masken, Impfstoffe … herstellen?

    Ja, so ungefähr. Man könnte auch Extra-Profite sagen. Das Gesundheitswesen, also der Staat, kauft ja bei privaten Unternehmen Produkte und Leistungen. Durch die Corona-Pandemie kam es ja 2021 zu deutlichen Mehrausgaben (ca. 180€ pro Person) bezüglich Impfung und Maskenbeschaffung. Deswegen die Frage, wieviel Geld davon ist als Gewinn zu Unternehmen oder Unternehmern geflossen. Es ist ja bekannt, dass an den Maskendeals einige Einzelpersonen extrem gut verdient haben und auch einige Pharmaunternehmen am Impfstoffverkauf. Die Frage ist, ob diese Extraprofite, die ja vom Staat, also vom Bürger bezahlt werden, deutlich über den sonst üblichen Margen liegen. Nicht zu vergessen, dass die Impfstoffentwicklung vom Staat mitfinanziert wurde, wenn auch nicht vom Gesundheitsministerium sondern eher aus dem Forschungsetat.

    • #9 Joseph Kuhn
      1. November 2023

      @ Fluffy:

      Quer über alle Präventionsausgaben wird es dazu keine Daten geben. Man müsste bei einzelnen Unternehmen in die Bilanzen schauen. BionTech hat beispielsweise 2021 von 10,3 Mrd. Euro gemacht, 2022 waren es 9,4 Mrd. Euro, in den Jahren davor gab es nur Verluste. Bei den Testzentren ist auch bekannt, dass ordentlich verdient wurde, teilweise auch auf betrügerische Art und Weise, das Internet ist voll von Beispielen. Und sicher werden auch die Maskenhersteller in China nicht draufgelegt haben.

  8. #10 Fluffy
    1. November 2023

    @Joseph Kuhn
    Es liegt in der Natur der Sache, dass Unternehmen nicht ohne weiteres ihre Zahlen offenlegen und transparent für jedermann also auch die Konkurrenz sind, auch nicht darum, dass sie Gewinne machen, sondern um die Frage, ob sie, die Corona-Pandemie ausnutzend beträchtliche Extramargen erzielt haben, die deutlich über sonst üblichen liegen.
    Die Frage ist auch insoweit kompliziert, da im Vorfeld beträchtliche Investitionen notwendig waren, die aber teilweise auch staatlich subventioniert wurden.
    U.a. kann man dem Internet entnehmen, dass Ärzte in Impfzentren mit 150,- € pro Stunde vergütet wurden. Das liegt sehr deutlich über dem Üblichen von ähnlich hoch qualifiziertem Personal.
    Medizinische Masken bekommt man heute schon ab 5 Cent das Stück, (bei hohen Abnahmemengen ~100 Stück), bezahlte aber damals durchaus 1-2€ pro Stück.
    Die Frage ist, warum der Staat derart hohe Extraprofite auf Kosten der Allgemeinheit zulässt.

    • #11 Joseph Kuhn
      1. November 2023

      @ Fluffy:

      “Die Frage ist, warum der Staat derart hohe Extraprofite auf Kosten der Allgemeinheit zulässt.”

      Zwei Antwortversuche:

      1. Das ist der Lauf der Welt, jede Krise hat eben ihre Krisengewinnler: https://taz.de/Uebergewinnsteuer-fuer-Energiekonzerne/!5893844/
      2. Die Bundesregierung ist noch immer mit dem Trickle-Down-Virus infiziert und glaubt, dass Konzernpflege letztlich allen nützt.

      Es könnte natürlich auch sein, dass manchem in der Bundesregierung die Allgemeinheit ziemlich egal ist.

  9. #12 Fluffy
    1. November 2023

    @Joseph Kuhn
    Na ja, die Frage war schon halb rhetorisch. Der Staat sieht wohl seine Aufgabe darin, im Sinne des Profitstrebens zu handeln, getreu auch dem Motto, schließlich kann ja jedes Individuum im Rahmen der dafür geschaffenen Gesetze so handeln. Das entsprechende Narrativ lautet: “Jeder ist seines Glückes Schmied”.
    Bezüglich 2. würde ich leicht abgeändert sagen: Die Bundesregierung erzählt, dass Konzernpflege letztlich allen nützt.

  10. #13 Oliver Gabath
    2. November 2023

    Anbei ein kurzer Reminder, dass die Kosten der Impfkampagne nicht nur die Kosten für den Impstoff beinhaltet, sondern auch für Personal, Räumlichkeiten, etc.

    Da für die Impfzentren und vor allem mobilen Impfteams viel Personal gebraucht wurde, ist der steuerliche Freibetrag für Aufwantsentschädigungen auf 3.000 €/a erhöht worden.

    Für Helfer, die über den Katastrophenschutz organisiert wurden, wurden AWE in Höhe von ca. 15 €/h bis 20 €/h an die Organisation bezahlt (von denen dann die Organisation alles oder ein Teil an die Helfer weitergegeben hat), für Ärzte ca. 120 €/h bis 150 €/h. Ich kenne persönlich einige, die die 3.000 € AWE ausgenutzt haben. Ich selbst lag knapp darunter.

    Außerdem wurden für die Impfzentren Mehrzweckhallen, Turnhallen, etc. angemietet, ausgebaut und betrieben (mit allen Folgekosten, z.B. Reinigung, Sicherheit).

    Der Preis, den EU-Länder für die ersten 350 Millionen Dosen gezahlt haben, wurde relativ früh geleakt.

  11. #14 zimtspinne
    2. November 2023

    Die Gesundheitsausgaben spiegeln aber nicht unbedingt Lauterbachs Rückenwind wieder, wenn die Prävention privatisiert wird….
    Genau das ahne ich voraus, bei den nichtübertragbaren Krankheiten. Dort wird der schwarze Peter einfach der Bevölkerung zugeschustert. Oder sehe ich das zu schwarz?

    Jedenfalls, wenn die Kritik berücksichtigt wird und mehr auf die “lebensweltlichen” Ansätze und die “Lebenswelten” gezielt wird, statt auf “medizinische Aufklärung und Prävention”.

    Die Lebenswelt ist privat, Medizin staatlich.

    Mit der Kritik an der Kritik müsste ich aber im anderen Artikel weitermachen, sonst wird es zu unübersichtlich.
    Thema überschneidet sich hier aber auch.

    • #15 Joseph Kuhn
      2. November 2023

      @ zimtspinne:

      “Die Gesundheitsausgaben spiegeln aber nicht unbedingt Lauterbachs Rückenwind wieder, wenn die Prävention privatisiert wird….”

      Für die Gesundheitsausgabenrechnung des Statistischen Bundesamtes spielt das keine Rolle. Hier werden auch die Ausgaben der privaten Haushalte erfasst. Nicht erfasst wird natürlich der informelle Sektor, also was ohne Ausgaben privat an Prävention erbracht wird.

  12. #16 zimtspinne
    2. November 2023

    .. und wieso eigentlich “Scheinblüte”?

    Mehr Schein als Sein, war das so gemeint?

    Es war ja, bis auf die Verzockungen bei Impfeinkäufen und Maskenmanagement, tatsächlich notwendiges Präventionsaufkommen.
    Der Herr Lauterbach hat sich darüber hinaus auch noch gerne einen Heiligenschein aufgesetzt, hatte ich den Eindruck, oder vielleicht auch nur eine Pandemiekrone.
    Wie er da auf twitter thronte und der Bevölkerung fast täglich Servicetipps gab, war schon legendär. Das vergisst man nicht so leicht.

  13. #17 Neumann
    3. November 2023

    Wenn wir schon bei Herrn Lauterbach sind, hier eine Meinung seiner Ex-Frau:
    “Bizarrer Streit um SPD-Politiker Karl Lauterbach: Die geschiedene Frau des Gesundheitsexperten, der gerade in Koalitionsverhandlungen steckt und als Kandidat für ein Ministeramt gilt, wettert gegen ihren Ex: „Hoffentlich wird er nicht Minister. Ich würde es für besser erachten, wenn Herr Lauterbach das Amt nicht bekäme. Er würde der großen Verantwortung nicht gerecht werden“, sagte Angela Spelsberg dem Magazin Bunte. Die Bild griff das brisante Thema sofort auf.”