Gerade erleben wir Lehrstunden in Sachen Pfadabhängigkeiten: Das 1,5-Grad-Ziel wird gerissen, aber wir kriegen die CO2-Emissionen nicht wirklich runter; man müsste etwas gegen die miserablen Löhne und Arbeitsbedingungen in der Pflege tun, aber die Beiträge für die Pflegeversicherung sollen nicht zu sehr steigen; die Bürgerversicherung wäre ökonomisch sinnvoll, aber die privaten Versicherungskonzerne haben gute „Argumente“, auch bargeldlos und außerdem muss doch „privat“ gut sein; die Baukosten gehen durch die Decke, aber die Bodenpreise wirksam zu regulieren, hätte unerwünschte Folgen auf den Märkten; man sollte die unselige Schuldenbremse im Grundgesetz reformieren, aber das blockiert die Union, weil es der Ampel helfen würde und die soll jetzt um jeden Preis zu Fall gebracht werden; im Haushalt muss eingespart werden, aber weder Bauern noch LKW-Unternehmer oder sonst wer will von seinem Einkommen etwas abgeben, nur zu verständlich; die Krankenhausstrukturen sind hochgradig dysfunktional und kosten Menschenleben, aber wenn eine Reform das Krankenhaus in der Nähe kostet, dann lieber nicht; überall fehlen Lehrer:innen und Erzieher:innen, aber mehr einzustellen ist teuer und vorher ausbilden hätte man sie auch müssen; es werden Unsummen an Steuern hinterzogen, aber irgendwie ist das auch ein Bonbon für Parteispender, Spezln und vermeintliche Leistungsträger, manchmal auch für die, die Politiker:innen ein Leben nach der Politik anbieten, jeder Kurz braucht seinen Thiel; die Homöopathie sollte als Kassenleistung endlich gestrichen werden, schließlich werden nicht einmal Brillengestelle von den Krankenkassen bezahlt, aber die Globuli ernähren, in Einkommen verwandelt, auch viele Leute und eine starke Lobby haben sie obendrauf.
Die Liste lässt sich problemlos fortsetzen, Satzkette um Satzkette. Viele notwendige oder zumindest sinnvolle Änderungen am Status Quo kosten irgendwen etwas. Niemand will etwas abgeben, schon gar nicht, wenn es so aussieht, als ob man selbst wieder mal die Melkkuh der Nation ist und andere verschont bleiben. Wenn Geld zum Ausgleich da ist, werden Änderungen leichter, wenn das Geld fehlt, kommt es zu harten Verteilungskämpfen, weil dann das, wie es bisher war, zur Pfadabhängigkeit wird und seine restriktive Wirksamkeit voll entfaltet. Dann droht ein destruktives Weiter-so. Bis Vernunft oder Katastrophen zu Auswegen führen.
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