Die Medien sind zurzeit voller Kommentare zu den Sprüchen Musks über deutsche Politiker. Die einen sehen es durch die Meinungsfreiheit gedeckt, vielleicht schrill, oder gar in der Sache berechtigt, die anderen beklagen einen Angriff auf die Demokratie. Musk trete die Umgangsformen der Demokratie mit Füßen, so etwa die SPD-Politikerin Katja Mast.

Es sind Phrasen. Mit den Ohren könnte Musk die Demokratie schließlich nicht treten. Dass neoliberales Gedankengut nie demokratisch motiviert war, sondern immer darauf ausgerichtet, die Märkte vor demokratischen und daran anschließend wohlfahrtsstaatlichen Zumutungen zu schützen, könnte man bei Quinn Slobodians „Globalisten“ schon vor Jahren nachgelesen haben, und in seinem neuen Buch „Kapitalismus ohne Demokratie“, verbilligt über die Bundeszentrale für Politische Bildung“ zu beziehen, kann man auch erfahren, dass es den libertären Superreichen wie Thiel, Musk & Co. nicht einmal mehr um Markt und Wettbewerb geht, sondern allein um ihren persönlichen Absolutismus. Nietzsche auf Mar-a-Lago-Niveau.

Es hilft also nicht, Musk und seinesgleichen an demokratische Werte erinnern zu wollen. Sie teilen sie nicht. Musk führt gerade vor, dass er Politik als Spiel begreift. Als Spiel um möglichst viel, vielleicht auch um alles. Der Preis ist egal, und wenn die Welt dabei untergeht.

Das Beschwören demokratischer Werte hat vor diesem Hintergrund nur in dem Maße disziplinierende Wirkung auf Musk & Co., in dem es Widerhall in der Bevölkerung findet, moralisches Kapital mobilisiert und das Spiel stören kann. Der Widerhall in der Bevölkerung ist durchaus da, wie z.B. die Massendemonstrationen nach dem Potsdamer Treffen der Rechten gezeigt haben, 2024 ist nicht 1933, aber reicht er noch? Wenn immer mehr Leute die Demokratie und die gesamten „westlichen Werte“ als Sonntagsreden erleben, folgenlos für ihr Alltagsleben, dann ist es nicht verwunderlich, wenn sie Gefallen an den Spielen der Skrupellosen finden. Die Wohnung heizen ginge schließlich mit Putin sogar billiger, das Auto würde Xi günstiger liefern, ergo, was spricht eigentlich für Merz, Scholz oder Steinmeier? Im großen Spiel haben sie sich bisher nicht bewiesen, anders als Musk & Co., die – the winner takes it all – alles selbst erreicht haben. Zumindest scheint es so und tun sie so.

Und für die, die beim großen Spiel nicht mitmachen können, weil sie entweder nicht genug geerbt oder nicht anderweitig durch glückliche Umstände an den Spieltisch gekommen sind, wird politisches Wrestling geboten. Beleidigungen des Gegners gehören zu den Spielregeln. Das Spiel heißt nicht Demokratie.

Kommentare (23)

  1. #1 Fjord Springer
    3. Januar 2025

    Vielen Dank für diese kleine entemotionalisierende Analyse, lieber Herr Kuhn. Irgendwo habe ich mal einen Spruch gehört oder gelesen, den ich leider nur noch sinngemäß zusammen bekomme.

    Man kann sich mit einem Schwein in der Suhle prügeln. Beide werden dabei dreckig. Das Problem dabei ist nur, dass das Schwein Spaß daran hat.

    Dieses Prügeln mit Schweinen auf deren Terrain scheint mir auch im ganz normalen Alltagsleben zuzunehmen. Auf Arbeit, im Supermarkt, in den Medien, in den Kommentarspalten. Das mit Musk, ist am Ende doch auch nur Schweinestall auf hohem Parkett.

    Aber ich habe Hoffnung, dass im Musk-Theater der Vorhang schneller fällt, als erwartet. Zu viele viel zu große Egos an einem Platz.

    P.S. Ich habe nicht gesagt, dass Musk oder irgendwer anderes ein Schwein ist. Mir geht es lediglich um die Metapher.

  2. #2 Ludger
    3. Januar 2025

    Nach Lektüre des Wikipediaartikels zu Elon Musk ( https://de.wikipedia.org/wiki/Elon_Musk ) würde ich diesen Satz:

    Und für die, die beim großen Spiel nicht mitmachen können, weil sie entweder nicht genug geerbt oder nicht anderweitig durch glückliche Umstände an den Spieltisch gekommen sind, wird politisches Wrestling geboten.

    anders formulieren.
    Bei Musk geht es eher um Persönlichkeitsstrukturen, Wagemut und Können im Rahmen der amerikanischen Möglichkeiten. Sprichwort: “Das Glück ist mit den Tüchtigen.”
    Das heißt nicht, dass er sich alles erlauben darf, und man muss ihn auch nicht liebhaben.

    • #3 Joseph Kuhn
      3. Januar 2025

      @ Ludger:

      Das Verhältnis zwischen Musks individueller Psychologie und dem libertären Denken wäre ein interessantes Thema. Vielleicht liefert ja mal ein Biograf Musks was dazu.

  3. #4 Staphylococcus rex
    3. Januar 2025

    bei den Äußerungen von Elon Musk gibt es noch einen besonderen Aspekt: die adäquate Reaktion auf diese Äußerungen hängt davon ab, in welcher Rolle er diese Äußerungen von sich gibt. Als Privatmann gelten für ihn die Regeln der Meinungsfreiheit. Als Multimilliardär mit politischen Ambitionen haben seine Worte einen größeren Impakt und sind als latente Drohung zu verstehen. Als designierter Minister in einer Trump-Administration sind seine Worte als offizielle Ankündigung zu bewerten. Ohne einen Disclaimer ist immer die oberste Bedeutungshierarchie anzunehmen. Wobei, bei einem Milliardär mit diesem Ego ist die Rolle des Privatmanns ohnehin unglaubwürdig.

    Höflichkeit wird von Leuten wie Trump oder Musk als Schwäche fehlinterpretiert. Angemessen wäre es deshalb dem US-Botschafter eine offizielle Protestnote zum Thema Nichteinmischung in Innere Angelegenheiten zukommen zu lassen. Das Berufsbild des Diplomaten ist ja nicht ganz neu und besteht ja gerade darin, mit Leuten auszukommen, die man am liebsten zum Teufel schicken würde.

  4. #5 hto
    3. Januar 2025

    @St.rex

    “Disclaimer” – So’n Quatsch
    Der Trumpismus ist die höchste Form der wettbewerbsbedingten Konfusion im zeitgeistlich-reformistischen Kreislauf, dagegen hilft nur noch die Reine Vernunft in Form eines unerwartet nachahmenswerten Vorbilds, und zwar aus einem Land außerhalb des gallopierenden Wahnsinns.

    Sollte der Trumpismus weiterhin so einfach ansteckend umsichgreifen können, dann gute Nacht.

  5. #7 Bernd Nowotnick
    3. Januar 2025

    #4
    Zu „Angemessen wäre es deshalb dem US-Botschafter eine offizielle Protestnote zum Thema Nichteinmischung in Innere Angelegenheiten zukommen zu lassen.“
    https://www.t-online.de/finanzen/aktuelles/wirtschaft/id_100564610/deutschland-baut-hoechstes-windrad-der-welt-experten-zweifeln-an-nutzen.html
    Bundesvorsitzende der Grünen, Franziska Brantner, sitzt seit 2022 im Aufsichtsrat von Sprind. Neben ihr gehören auch weitere Bundestagsabgeordnete und Mitarbeiter des BMBF dem Aufsichtsrat an.

  6. #8 hto
    3. Januar 2025

    @Kuhn: “Die Trumperei sortiert sich vielleicht in einigen Punkten neu”

    Wenn man die Konfusion weltweit anschaut, dann können sich die Protagonisten der Machthaberei derzeit nach Belieben fast stündlich ändern – In Südkorea z.B. gewinnt der Rechte Yoon wieder zunehmend die Sympathie der Masse, in Syrien haben die Islamisten sicher aus den Erfahrungen des “arabischen Frühlings” gelernt, ausserdem ist Erdogan höchstwahrscheinlich auch beratend tätig. 😉

  7. #9 Joseph Kuhn
    6. Januar 2025

    Für Farage, gegen Farage, für Weidel, gegen Weidel?

    Der Musksche Wind weht, wo er will, darauf ist Verlass. Ansonsten muss man damit rechnen, dass er bei uns auch einmal Horst Schlämmer oder Carmen Geiss als Kanzlerkandidaten anpreist, sollte der politikberatende tote Hund von Milei aus dem Jenseits einmal in einem Anflug von schwarzem Humor eine solche Empfehlung ins libertäre Netzwerk geben.

  8. #10 Bernd Nowotnick
    6. Januar 2025

    XXX

    [Kommentar gelöscht. Nicht alles hängt mit allem zusammen. JK]

  9. #11 Joseph Kuhn
    6. Januar 2025

    Wahlen? Wozu?

    Großbritannien hat einen veritablen Skandal aufzuarbeiten. Fachkundig aufgrund von Missbrauchsfällen im eigenen Umfeld, von Trump bis Gaetz, lässt Musk auf X abstimmen:

    “America should liberate the people of Britain from their tyrannical government
    Yes
    No”

    Vielleicht steht da demnächst:

    “Musk should liberate the people of America from their tyrannical government
    Yes
    No”

    Ich wäre ja für:

    “Musk should liberate the angels from tyrannical God
    Yes
    No”

    Und Christian Lindner?

    Der sieht inzwischen, dass seine Liebeserklärung an Musk daneben war, aber er versteht das Spiel einfach nicht:

    “Er sei zwar beeindruckt von der unternehmerischen Gestaltungskraft Musks, sagte Lindner. Dies sei aber »nicht zwingend automatisch verbunden mit politischem Urteilsvermögen«.”

    Musk stellt mit seinen irren tweets gerade nicht politisches Unvermögen unter Beweis, sondern er zeigt, dass es ihm mit seinen Machtallüren egal ist, was Leute wie Scholz oder Starmer oder Lindner denken oder ob Regierungen demokratisch gewählt sein sollten. Seine “unternehmerische Gestaltungskraft” kommt hier ganz unvermittelt zum Tragen, so versteht er unternehmerische Freiheit. Das politische Urteilsvermögen fehlt in dem Fall Christian Lindner.

    Meloni hat es verstanden, und spielt Musks Spiel mit. Ob es Musk gnädig stimmt, oder ihn nur auf den Geschmack italienischen Geldes bringt, wird man sehen.

    Trump spielt das gleiche Spiel, unabhängig davon, ob die Verteidigungsausgaben in Europa wegen Russland wirklich steigen müssen.

  10. #12 hto
    6. Januar 2025

    @Kuhn: “Musk should liberate the angels from tyrannical God”

    Das musste mal dem Religionspopulisten Blume in sein “Poesie”-Album “Natur des Glaubens” schreiben.
    Der schreibt und redet sich geradezu einen Wolf, um den Leuten das Ultrakonservative und die falsche Interpretation der biblischen Philosophie als modern verkaufen zu können.

  11. #13 Joseph Kuhn
    6. Januar 2025

    Die nächste Runde im Karussell

    Der Vater von Musk rät, seinen Sohn zu ignorieren:

    “The billionaire’s father, Errol Musk, told LBC that “people don’t have to listen to what he says”.”

    Der Rat dürfte angesichts der medialen Reichweite von Musk Jr. allerdings in den Wind gesprochen sein.

  12. #14 Bernd Nowotnick
    7. Januar 2025

    #10
    Zu „Nicht alles hängt mit allem zusammen. JK”: ich habe wohl in der Schule an dieser Stelle nicht aufgepasst, denn man hat mir beigebracht dass alles mehr oder weniger eine Wirkung hat und selbst das „Nichts“ eine Rechengröße ist, welche überall wirkt. Was ist es denn was nicht mit allem zusammenhängt?

    • #15 Joseph Kuhn
      7. Januar 2025

      @ Bernd Nowotnick:

      Ja, vielleicht haben Sie in der Schule nicht aufgepasst. Ob das “Nichts” nichtet, wie Heidegger meint, sei einmal dahingestellt, mit Musk hat es jedenfalls nichts zu tun. Auch die Tatsache, dass mein Kaffee leer ist, dürfte Musk nur wenig beeinflussen. Ich wünsche alles Gute für 2025, und gerne etwas mehr Themenzentiertheit.

  13. #16 RPGNo1
    7. Januar 2025

    Das ist der falsche Kulturkampf

    Das Getrommel von Elon Musk für die AfD beleidigt seine eigene Intelligenz und die der meisten Deutschen. Aber mehr auch nicht. Wenn schon Streit, dann über die richtigen Themen.

    https://www.spiegel.de/politik/deutschland/elon-musk-und-die-bundestagswahl-kulturkampf-fuer-einfaltspinsel-a-d2059030-05f5-4896-84d8-fdfbe28d8dbb

    Der beste Satz in der Kolumne ist der Schlusssatz. 🙂

    P.S. Es gibt Hinweise, dass das Gestammel von einer künstlichen Intelligenz stammt. Was wäre das für eine Pointe! Welch’ maligne Sublimierung der Missachtung: Elon Musk weiß nicht nur nichts über uns. Er lässt eine Maschine nichts über uns wissen.

  14. #17 PDP10
    7. Januar 2025

    und selbst das „Nichts“ eine Rechengröße ist, welche überall wirkt

    Das glauben nur Homöopathen und andere Lällese (ich bitte das Siegerländisch zu entschuldigen).

    Die Null ist eine Rechengröße. Und daher ist sie nicht “Nichts”. Das heißt aber nicht, dass Herr Nowotnick eine Rechengröße ist.

  15. #18 Joseph Kuhn
    8. Januar 2025

    Musk versucht sich als richtiger Mann

    Musk über Trudeau:

    „Mädchen, du bist nicht mehr die Gouverneurin von Kanada, also ist es egal, was du sagst.“

    Musk hätte doch besser die Pubertätsblocker genommen.

  16. #19 PDP10
    8. Januar 2025

    Musk versucht sich als richtiger Mann

    Naja. Der letzte Versuch war ja schon eher peinlich. Er sollte das lieber lassen.

  17. #20 Joseph Kuhn
    10. März 2025

    Musk über Sikorski

    Zum polnischen Außenminister, der meinte, falls Starlink kein zuverlässiger Partner mehr sei, müsse man sich nach Alternativen umsehen, sagte Musk: “Sei still, kleiner Mann.” US-Außenminister Rubio sekundiert: “Und sagen Sie danke, denn ohne Starlink hätte die Ukraine diesen Krieg längst verloren und die Russen stünden jetzt an der Grenze zu Polen.”

    Der amerikanische Exzeptionalismus ist auch in die Umgangsformen gefahren, die Hillbillies rülpsen sich durch die Weltpolitik.

  18. #21 Alisier
    10. März 2025

    @ Joseph Kuhn
    Höflichkeit und gute Umgangsformen so wie echte Bildung bleiben wichtig.
    Aber dass Du sozial Abgehängte und Verachtete (man beachte das Image der Hillbillies) als Projektionsfläche missbrauchst wundert mich dann doch etwas….
    😉

  19. #22 Joseph Kuhn
    23. März 2025

    Musk von unten

    Tesla-Files: Kunden als Versuchskaninchen

    Bilanzlücken: 1,4 Mrd. Dollar fehlen

    Aktienprobleme: Mitarbeiter sollen ihre Aktien halten

    Imageprobleme: Wer will noch Tesla fahren?

    Familienprobleme: Seine Tochter will nichts mit ihm zu tun haben, sein Vater ein gefühlloser Tyrann.

    Falsche Freunde: Donald Trump, Javier Milei, Alice Weidel und Christian Lindner finden ihn gut.

  20. #23 RPGNo1
    23. März 2025

    @Joseph Kuhn

    Elon Musk, derzeit der zweitreichste Mensch der Welt, könnte die Pleite drohen. Dieses Szenario ist wahrscheinlicher, als viele glauben. Eine entscheidende Rolle spielen dafür Donald Trump, der Tesla-Aktienkurs und riskante Kredite.

    https://www.focus.de/finanzen/news/geht-elon-musk-pleite-zweitreichster-man-der-welt-riskiert-mega-vermoegen_2350d3ed-9bdf-4aa8-8f9c-7d46fbe4be91.html