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Gestern hat sich Friedrich Merz mit der Abstimmung über seine Pläne zur Migrationspolitik sehenden Auges in eine höchst prekäre Situation gebracht. Der AfDler Baumann, hocherfreut über den gemeinsamen Abstimmungserfolg, hat Merz wegen dessen winkeladvokater Nicht-Fisch-nicht-Fleisch-Argumentation in Sachen Brandmauer vorgehalten, das sei kein „Kanzlerformat“ gewesen. Da hat er Recht, auch wenn Mauerabbruch-Baumann damit meinte, Merz hätte sich mutig zur AfD bekennen sollen.

Man versteht in der Tat nicht, was Merz da geritten hat. Er hat die Situation mutwillig heraufbeschworen, ohne dass es dafür im parlamentarischen Verfahren etwas für ihn zu gewinnen gab. Im Gegenteil, spätere Koalitionsverhandlungen hat er damit erschwert. Das legt den Verdacht nahe, dass er mit Blick auf Wählerstimmen nur eine inhaltliche Positionierung prominent platzieren wollte, ohne Rücksicht auf die sonstigen Folgen.

Seine Erschütterung über die jüngsten Anschläge in Magdeburg und Aschaffenburg ist ihm abzunehmen, aber man soll damit keine politischen Spielchen verbinden. Im letzten November hat Scholz, mit seinen CumEx-Erinnerungslücken selbst nicht unbedingt ein Protagonist politischer Verantwortung, Merz und Lindner vorgehalten, in der aktuellen Situation brauche man “verantwortungsbewusste Politikerinnen und Politiker, (…) keine Spieler und keine Zocker”. Richtig. Jetzt hat Angela Merkel, Merz‘ alte Gegnerin, den gleichen Punkt moniert. Merz habe vor kurzem vorgeschlagen, im Bundestag nur noch gemeinsam mit den Ampelparteien vereinbarte Themen abstimmen zu lassen, um der AfD einen Zustimmungserfolg zu verwehren:

„Dieser Vorschlag und die mit ihm verbundene Haltung waren Ausdruck großer staatspolitischer Verantwortung, die ich vollumfänglich unterstütze. Für falsch halte ich es, sich nicht mehr an diesen Vorschlag gebunden zu fühlen und dadurch am 29. Januar 2025 sehenden Auges erstmalig bei einer Abstimmung im Deutschen Bundestag eine Mehrheit mit den Stimmen der AfD zu ermöglichen.“

Was für ein Fiasko! Die Altkanzlerin der CDU geht den Kanzlerkandidaten der CDU frontal an und spricht ihm damit eigentlich das Kanzlerformat ab. Ob das mitten im Wahlkampf auf offener Bühne zu tun, klug war, sei dahingestellt, aber gewiss wird man bilanzieren müssen, dass es Merz nicht hätte dümmer anstellen können. Dass sein mutmaßliches Kalkül, damit Stimmen von der AfD zurückzuholen, am Ende vielleicht auch nicht aufgeht und er eher die Normalisierung und Wählbarkeit der AfD befördert hat, ist nur ein weiterer Mosaikstein einer bei diesem Thema unangemessenen Zockermentalität. Bei Black Rock mag so etwas cool gewesen sein, in der Migrationspolitik ist es nur verantwortungslos. Das wäre es übrigens sogar dann, wenn sein Kalkül aufginge. Auch in der Politik geht es nicht nur um Stimmengewinne um jeden Preis.

Kommentare (32)

  1. #1 Alisier
    30. Januar 2025

    Ist natürlich für die “Merkel ist Schuld!” Schreihälse ein gefundenes Fressen.
    Wetten, dass Friedrich der nicht ganz so große das mit einkalkuliert hat?

    • #2 Joseph Kuhn
      30. Januar 2025

      @ Alisier:

      “Wetten, dass Friedrich der nicht ganz so große das mit einkalkuliert hat?”

      Wetten, dass nicht? Aber wer soll das entscheiden? Und falls Merz wirklich mit der Reaktion Merkels gerechnet haben sollte, macht das seinen Move nur noch erratischer.

  2. #3 Alisier
    30. Januar 2025

    Friedrich Merz taktiert auf sehr niedrigem Niveau.
    Es gab doch ml hier die Rubrik/Serie “Von Trump lernen”.
    Hat sich der Mann offensichtlich zu Herzen genommen.
    Format sieht anders aus. Bleibt uns nur zu hoffen, dass sehr viele Wahlberechtigte das wissen und erkennen.
    Ein bisschen Vertrauen auf die Demokratie sollten wir uns leisten, neben all dem unvermeidlichen Haare raufen.

  3. #4 aristius fuscus
    30. Januar 2025

    Meine Vermutung ist ja, dass Merz hier die Grundlage legt für eine CDU- bzw. CDU/FDP-Minderheitsregierung, die sich die erforderlichen Mehrheiten dann in den überwiegenden Fällen rechtsaussen holt. Ich habe keine sonderlich hohe Meinung vom Intellekt oder dem taktischen Geschick von Merz, aber eine so unreifen Leistung wie oben geschildert traue ich ihm denn doch nicht zu.

  4. #5 RPGNo1
    30. Januar 2025

    @Alisier

    Vielleicht hatte Merz gestern seinen Laschet-Moment.

  5. #6 Richard
    30. Januar 2025

    #5: “Laschet-Moment”
    das glaube ich nicht. Spätestens sei der Aiwanger-Affäre wissen wir, dass Medieneinschätzungen nicht “vox populi” widerspiegeln müssen…

  6. #7 hto
    30. Januar 2025

    Oh 🙂 haha, mit dem Hinweis auf den Souverän-Moment habe ich den Spaß am Ausnahmezustand wohl versaut!? 😉

  7. #8 Joseph Kuhn
    30. Januar 2025

    @ hto:

    “habe ich”

    Kaum. Den Kommentar hatte ich nämlich, wie das meiste ihrer aktuellen Kommentarflut, gar nicht freigeschaltet. Er war zu wirr. Aber dafür habe ich den jetzt freigeschaltet, weil er zeigt, wie schnell man sich für einen großen Strategen und knallharten Macher hält. Die Strategenillusion teilen Sie mit Merz.

    @ RPGNo1:

    “Vielleicht hatte Merz gestern seinen Laschet-Moment.”

    Vielleicht eher seinen “D-Day-Moment”? Einen Moment, an dem jeder sehen kann, dass auch Spitzenpolitiker nicht immer die großen Strategen sind und mitunter einfach ungeschickt agieren?

    @ aristius fuscus:

    “Meine Vermutung ist ja, dass Merz hier die Grundlage legt für eine CDU- bzw. CDU/FDP-Minderheitsregierung, die sich die erforderlichen Mehrheiten dann in den überwiegenden Fällen rechtsaussen holt.”

    Würde man einen solchen Plan so vorbereiten? Wo unklar ist, ob es die FDP ins Parlament schafft? Wo unklar ist, welche Folgen die Aktion für das Wahlergebnis hat? Welche Folgen für Koalitionsverhandlungen?

    Ich glaube auch gar nicht, dass Merz Richtung Unterstützung von Rechtsaußen schielt, dass er sich da nicht anbiedert, nehme ich ihm ab.

    “eine so unreifen Leistung wie oben geschildert traue ich ihm denn doch nicht zu”

    Tja, alles nur Menschen. Und der Druck auf Leute wie Merz dürfte derzeit enorm sein, das erhöht das Risiko für Fehler. Interessant wird sein, wie er sich jetzt verhält. Die FDP hatte sich nach dem D-Day-Papier erst mal immer tiefer in den Schlamassel geredet, sich dann etwas zurückgehalten und ist nun wieder als Springteufelchen da.

  8. #9 Alisier
    30. Januar 2025

    @ aristius fuscus
    Eine Minderheitsregierung dürfte sehr instabil sein, zumindest im deutschen System.
    Dass Merz Menschen zum Regieren mit seinem Charisma zusammen bringt und zusammen hält kann mit gutem Grund bezweifelt werden.
    @ RPGNo1
    Eher ein Chamberlain-Moment: völlige Fehleinschätzung dessen was passiert wenn man den Rechten Zucker gibt.

  9. #10 naja
    30. Januar 2025

    Die CDU löst sich von Merkels Erbe.
    Merkel hat – wie Scholz wahrscheinlich – nur darauf gewartet, dass Merz

    • #11 Joseph Kuhn
      30. Januar 2025

      @ jaja:

      “dass Merz”

      … merzt?

  10. #12 naja
    30. Januar 2025

    so etwas passiert. Scholz definitiv, deshalb wollte er wohl möglichst späte Neuwahlen um Merz großzügig Zeit für Fettnäpfchen zu geben.

  11. #13 Joseph Kuhn
    30. Januar 2025

    Krisenkommunikation

    Bei der CDU muss jetzt, wie damals bei der FDP, erst mal Carsten Linnemann ran. Er bemüht sich nach Kräften, die springenden Punkte frei nach Luther “hier stehen wir und können nicht anders” zu umschiffen.

    Sehr schön zum Beispiel:

    “Müssen wir richtige, ja zwingend notwendige Maßnahmen in der Schublade lassen, weil auch die Falschen sie für richtig halten?”

    Natürlich nicht, aber welche “zwingend notwendigen Maßnahmen” sind denn mit dem Antrag gestern aus der Schublade geholt und praktisch relevant geworden?

    Nichts als heiße Luft, aber rhetorisch nicht ungeschickt.

    Oder:

    “Wir werden mit der AfD nicht zusammenarbeiten.”

    Das hat Merkel Merz auch nicht unterstellt. Es geht darum, dass Merz ohne Not der AfD einen politischen Erfolg auf offener Bühne geschenkt hat.

    Und ein Konter darf nicht fehlen:

    “Wenn jetzt sogar Dietmar Woidke „echte Korrekturen in der Migrationspolitik“ fordert, kann ich das nur als Aufruf an seine eigene Partei – die SPD – verstehen.”

    Hier Merkel, da Woidke, steht also 1:1.

    Und Entschlossenheit, verbunden mit Appell an den anderen:

    “Ich will, dass wir das Problem aus der parlamentarischen Mitte heraus lösen.”

    Diesem Ziel hat die Geschichte gestern allerdings einen Bärendienst erwiesen. Absehbar. Aber für die meisten FAZ-Leser werden bis dahin die springenden Punkte eh schon im Nebel verschwunden sein.

    Die FDP hatte damals bei allem Drumherumschwurbeln (“Lindner ist nur seinen Überzeugungen treu geblieben”, “Praktikantenpapier”, “die anderen machen das auch”, “wir haben alle Szenarien geprüft” usw.) dann doch einen Fehler eingeräumt. Das wird die CDU mit allen Kräften zu vermeiden suchen, es wäre wahlkampftaktisch der worst case.

  12. #14 hto
    30. Januar 2025

    @naja: “… um Merz großzügig Zeit für Fettnäpfchen zu geben.”

    Na na, ich glaube Scholz und Habeck wollten wirklich noch einige wichtige Sachen für Wirtschaft und Gesellschaft durchbringen. Das Merz dafür solch ein idiotisches Theater vorher veranstaltet konnte niemand ahnen.

  13. #15 Joseph Kuhn
    30. Januar 2025

    Erfolgskommunikation

    Im SPIEGEL: Orban lobt, Weidel freut sich.

  14. #16 hto
    30. Januar 2025

    “Der Holocaust-Überlebende Albrecht Weinberg will sein Bundesverdienstkreuz zurückgeben, nachdem die Union mit Stimmen der AfD einen Bundestagsantrag zur Migrationspolitik durchgebracht hat.”

    “Der Mannheimer Fotograf Luigi Toscano, der sich wie Weinberg für ein Gedenken an die Opfer des Holocaust engagiert, möchte es ihm gleichtun und seine Verdienstmedaille zurückgeben. Er habe den Plan gemeinsam mit seinem Freund Weinberg, der aus Leer in Ostfriesland kommt, vereinbart, sagte Toscano”

    “Ich bin um meine demokratischen Werte verraten worden.” Luigi Toscano

    Quelle: web.de

  15. #17 Joseph Kuhn
    30. Januar 2025

    Noch mehr Merkelismus

    Dem SPIEGEL zufolge merkeln auch andere in der CDU an Merz herum.

    Da hat Merz echt was geschafft.

    Morgen geht es im Bundestag um das “Zustrombegrenzungsgesetz”. Mal sehen, was er da schafft. In Frankreich gab es übrigens gerade Zoff wegen des Wortes “Überschwemmung” im Zusammenhang mit Migration.

    Grüne und SPD fordern von Merz, das “Zustrombegrenzungsgesetz” zurückzuziehen. Sie werden ihm morgen wohl kaum zustimmen, der Gesetzentwurf ist in Teil A – Problem – explizit ampelkritisch formuliert. Das Thema Migration ist endgültig zum Wahlkampf-Spielball geworden. Auch das hat Joachim-Friedrich Martin Josef Merz geschafft.

  16. #18 Alisier
    30. Januar 2025

    Die ersten Bündnisse quer durch die Gesellschaft gegen die neuen Anfänge werden geschmiedet.
    Im besten Falle war Merz das Tröpfchen der das Fass endgültig zum überlaufen gebracht hat.
    Es wird zumindest hier in der Gegend zu Brainstormingtreffen kommen, um schnell kurzfristig Ideen zu sammeln und nicht nur zu demonstrieren.

  17. #19 RPGNo1
    30. Januar 2025

    @Alisier

    Eher ein Chamberlain-Moment: völlige Fehleinschätzung dessen was passiert wenn man den Rechten Zucker gibt.

    Guter Hinweis. Danke schön 🙂

  18. #20 RPGNo1
    30. Januar 2025

    @Joseph Kuhn

    Merz wusste schon, warum er Czaja durch Linnemann ersetzte. Da hat er nämlich einen treuen Paladin gefunden, der beim Befehl „Fass!“ nicht nur zufasst, sondern vorab auch nach dem „wohin“, „wie oft“ und „wie viele“ fragt und danach, ob er nochmal ran darf.

  19. #21 Joseph Kuhn
    30. Januar 2025

    Das Positive

    Man muss auch das Positive sehen, dass Merz geschafft hat: Er hat einen Tag Trump aus den Schlagzeilen verdrängt. Das ist nicht Nichts.

    Aber leider redet jetzt auch gar keiner mehr über Mieten, Pflegenotstand oder die Bahn. Insofern wirft alles immer auch einen Schatten.

  20. #22 Dietmar Hilsebein
    30. Januar 2025

    Mieten, Pflegenotstand oder die Bahn

    Da müssen Sie jetzt durch. Über das Herrenberg-Urteil spricht auch keiner. Jeder hat so sein Päckchen zu tragen. Jammern hilft nicht, Augen zu und durch!

  21. #23 Alisier
    30. Januar 2025

    Ich denke, dass der Pflegenotstand und die Schlagseite, die die Asyldebatte gerade hat durchaus in einem Zusammenhang gesehen werden sollten.
    Das gefährliche CDU-Geschwätz und die Ranschmeiße an die AfD macht Deutschland nicht gerade attraktiver für ausländische Pflegekräfte. Die aber schon jetzt sehr gebraucht werden.
    Es ist genau diese giftige Mischung aus Stammtischparolen, Unkenntnis, Vorurteilen und Nichtwissenwollen die gerade hochkocht und Feindseligkeit allerorten produziert.
    Ich denke gerade darüber nach ein lange vorbereitetes Treffen mit der lokalen CDU zwecks Austausch zu Umweltfragen abzusagen.
    Werde ich aber wohl eher nicht tun.

  22. #24 Joseph Kuhn
    30. Januar 2025

    Merz gegen Merkel

    Die Frankfurter Rundschau zitiert Joachim-Friedrich Martin Josef Merz mit dieser Replik auf Merkel:

    „Dass diese Fraktion, die sich Alternative für Deutschland nennt, seit dem Jahr 2017 schon im Deutschen Bundestag sitzt, hat etwas mit der Politik zu tun, die in den Jahren (von Merkels Regierung, d. Red.) gemacht worden ist“

    Die Grünen werden aufatmen, Gelbhaar-Affäre vergessen. Lindner hat einen neuen Freund. Der untote Scholz grübelt, wie seine Rolle als “verantwortungsvoller Staatsmann” weitergehen soll.

    Was kommt als Nächstes? Ein Parteiausschlussverfahren gegen Merkel? Die Exhumierung und Befragung Adenauers?

  23. #25 Joseph Kuhn
    30. Januar 2025

    Friedman gegen Merz

    Die Medien melden, dass Michel Friedman aus der CDU austritt.

  24. #26 Joseph Kuhn
    30. Januar 2025

    Merzlinge für Merz

    Im Tagesspiegel wird die Aktion von Merz so bewertet:

    “er hat ein Stück Realpolitik wieder gewagt, und muss sich jetzt dafür abstrafen lassen.”

    Es war keine Realpolitik, sondern reine Symbolpolitik, die nur die sachliche Einigung in der Migrationspolitik erschwert. Allerdings Symbolpolitik mit realpolitischen Folgen.

    Solche Artikel sind mediale Begleiterscheinungen politischer Auseinandersetzungen, wenn jede Seite ihre Truppen mobilisiert. Einen Beitrag zur Analyse des Geschehens leisten solche Artikel nicht.

    Die Bildzeitung liefert wenigstens interessante Zitate von CDU-Altvorderen, von denen man nicht wusste, ob sie überhaupt noch leben. Als Zitatespender scheinen sie noch nützlich.

    Ich finde, auch wenn man Adenauer nicht exhumieren und befragen kann, sollte man ihm in der Sache trotzdem auch eine Stimme geben. Hätte er nicht Verständnis für Merz gehabt – wenn der doch keine anderen Stimmen für seinen Antrag kriegt: “Man schüttet kein schmutziges Wasser weg, solange man kein sauberes hat”? Vielleicht hätte er ihm aber auch das Rosenzüchten empfohlen.

  25. #27 PDP10
    31. Januar 2025

    Das ganze nimmt langsam bizarre Züge an. Ausgerechnet nach diesem Schulterschluss mit der AfD geht es um den Parteiverbotsantrag zu selbiger.

    Und ausgerechnet jetzt versteigt sich ein CDU Abgeordnete Wanderwitz zu der Formulierung:

    ‘das Parteiverbot sei der „Inbegriff der wehrhaften Demokratie“’

    Nein, ist es nicht. Parteiverbote sind in Deutschland aus guten Gründen extrem schwierig, weil solche ein “Inbegriff” von illiberalen Demokratien und Diktaturen sind. Aber na gut. Bis auf einen, den ich allerdings nur für ein halbes Jahr in der Oberstufe hatte, waren alle meine Geschichtslehrer Idioten. Vielleicht war das bei Herrn Wanderwitz auch so. (Der Name ist übrigens kein unbeabsichtigtes Wortspiel.) Ich habe diesen Teil meiner Allgemeinbildung dann später wenigstens zum Teil wieder aufgeholt – so gut ich es eben konnte. Herr W. offenbar nicht.

  26. #28 RGS
    31. Januar 2025

    Ich hätte es schlauer gefunden, wenn Merz jetzt eine Verschärfung ankündigen würde für seine neue Regierung aber sich due Eskapaden im Bundestag ersparen würde im aktuellen „Interregnum“.
    Er zerschlägt damit soviel politisches Kapital, dass seiner neuen Regierung eine kürzere Amtszeit droht als der letzten.

    • #29 Joseph Kuhn
      31. Januar 2025

      @ RGS:

      So ist es. Vor ein paar Tagen hatte Merz ja in Trumpscher Diktion angekündigt, dass er “am ersten Tag seiner Regierung” die Grenzen dicht machen will. Warum hat ihm dieser Weg einer Erklärung seiner Absichten nicht gereicht? Mehr Verbindlichkeit hat der abgestimmte Antrag ja auch nicht. Ungewollt wertet das Merzteam damit zudem die Erklärung Merzens ab, als könne man Merz nicht (zu)trauen, dass er nach der Wahl tut, was er gesagt hat.

      Anders als der Antrag hat die Abstimmung über den Gesetzentwurf heute Rechtsfolgen, vom konkreten Regelungsgehalt her kein Teufelszeug (allerdings auch die Migrationszahlen nicht substanziell tangierend), aber so eingetütet, dass jedes Bemühen um eine gemeinsame Migrationspolitik hinfällig ist und, wie Sie schreiben, nur noch mehr politisches Kapital zerschlagen wird. Das Merzteam agiert wie der Elefant im Porzellanladen, spaltet regelrecht die CDU, und nicht nur die.

      Wer gestern Carsten Linnemann bei Maybrit Illner bei seiner mission impossible gesehen hat, die Sache schönzureden, gegenüber Habeck wie ein politischer Schulbub wirkend, kann nur noch den Kopf schütteln. Selbst bei Habecks Frage, ob ausgeschlossen sei, dass sich Merz mit den Stimmen der AfD zum Kanzler wählen lässt (falls er also keine Koalitionsmehrheit zustande bringt), hat Linnemann erst mal rumgeeiert. Dramaturgisch hätte man das nur noch dadurch steigern können, statt Linnemann Philipp Amthor auftreten zu lassen.

      Ob heute Nacht wenigstens noch irgendetwas aus den Gesprächen zwischen Union und Reste-Ampel rauskam? Zu wünschen wäre es.

  27. #30 RPGNo1
    31. Januar 2025

    @Joseph Kuhn

    Merzlinge für Merz

    Im Tagesspiegel wird die Aktion von Merz so bewertet

    In anderen Zeitungen versuchen sich auch Kommentatoren an der Volte, wahlweise Merkel/die Ampel/SPD/Grüne den Schwarzen Peter in die Schuhe zu schieben bzw. Merz reinzuwaschen. Besonders an Merkels handfester Kritik macht ihnen schwer zu schaffen.
    Hier eine Auswahl:

    Angela Merkel gibt Friedrich Merz von oben herab Verhaltensregeln für den Umgang mit der AfD. Dabei war es ihre Flüchtlingspolitik, die die AfD erst groß gemacht hat. In Wirklichkeit will Merkel einfach nur dem Kanzlerkandidaten Merz schaden.

    https://www.cicero.de/innenpolitik/merkel-fallt-merz-in-den-rucken-kuhl-kalkulierter-schlag

    Altkanzlerin Angela Merkel kritisiert Friedrich Merz und wirft ihm Wortbruch vor. Der Vorwurf: Er brach sein Versprechen, nicht mit der AfD zu stimmen. „Merkel schadet Friedrich Merz und schadet ihrer CDU“, so Bela Nikolai Anda, Experte für politische Kommunikation.

    https://www.welt.de/politik/deutschland/video255296490/Bela-Nikolai-Anda-Merkel-schadet-Friedrich-Merz-und-schadet-ihrer-CDU.html

    Der Unions-Kanzlerkandidat steht im Sturm der Kritik, weil die AfD seinem Antrag für eine strengere Asylpolitik zugestimmt hat. Doch sein Weg ist besser als die Verweigerungshaltung der linken Parteien.

    https://www.nzz.ch/der-andere-blick/friedrich-merz-hat-das-parlament-gezwungen-beim-thema-migration-farbe-zu-bekennen-das-war-mutig-ld.1868903

    Kommentar – Von Merkel lernen heißt, mit Merkel brechen: Die CDU muss sie abservieren, wie Merkel es mit Kohl tat

    https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/kommentar-von-merkel-lernen-heisst-mit-merkel-brechen-schiebt-sie-in-die-geschichtsbuecher-ab-li.2292406

    PS: Ich warte nur noch darauf, dass irgendeinem empörten sog. Konservativen der Begriff “Dolchstoß” in Verbindung mit Merkels Kritik entfährt.

  28. #31 RPGNo1
    31. Januar 2025

    CDU-Kanzlerkandidat Merz bricht sein Versprechen und lässt eine AfD-gestützte Mehrheit für den Antrag für einen verschärften Kurs in der Migrationspolitik zu. Die Wende der Union wird gravierende Folgen für die kommende Regierungsbildung haben, analysiert Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke.

    https://www.n-tv.de/mediathek/videos/politik/Merz-Vertrauensbruch-loest-groesste-Schwierigkeiten-aus-article25525936.html

  29. #32 DH
    31. Januar 2025

    Merz konnte diese Vorschläge in Reinform nur in dem kurzen Zeitfenster bis zur Wahl durchziehen, bei gleichzeitigem Ausschluß vereinbarter Bündnisse aller Art wie Koalition, Duldung u.ä.
    Daran wird er sich messen lassen müssen, sollte er Kanzler werden und vier Jahre durchhalten, wird er auch der nächste Kandidat der Union sein und es wird für weitere vier Jahre keine Zusammenarbeit mit der AfD geben (wenn Merz sein Wort nicht bricht und damit seine Karriere beendet).
    Das einzige Szenario einer blauen Regierungsbeteiligung ist dann das Überholen der Union bei der Wahl 29 und der gleichzeitige Rücktritt von Merz als CDU-Chef.
    Möglich daß Merz darauf abzielt der AfD jetzt einen Teil ihrer Themen zu klauen und das Überholen längerfristig zu verhindern damit.
    Ein zweischneidiges Schwert weil es funktionieren kann aber auch das Gegenteil bewirken und den Anschluß an österreichische Verhältnisse bedeuten kann.
    Entscheidender aber ist wie sich das Thema inhaltlich weiterentwickelt, die linken Parteien machen sich hier einen schlanken Fuß indem sie die Union zum Sündenbock erklären um von den desaströsen Verhältnissen in den eigenen Reihen bei diesem Thema abzulenken.