Geschlechterspezifische Unterschiede der Lebenserwartung

Für das Jahr 2024 hat das Statistische Bundesamt als Lebenserwartung für Männer 78,9 Jahre und für Frauen 83,5 Jahre ermittelt. Die Differenz beträgt also 4,6 Jahre. Sie war hierzulande früher etwas größer, u.a. als die Folgen des Tabakkonsums bei den Frauen noch nicht so stark zu Buche geschlagen haben.

Die Diskussion, zu welchen Anteilen diese Differenz auf die Genetik oder die Umwelt zurückzuführen ist, wird seit Jahren geführt und mit unterschiedlichen Methoden untersucht. Gerade meldet der Ärztliche Nachrichtendienst revolutionäre Neuigkeiten: „Von der Evolution geküsst – Langlebigkeit bei Frauen erklärt“. Eine Studie der Max-Planck-Gesellschaft zeige, die Gene hätten maßgeblichen Einfluss. Der Beitrag ist weitgehend von der Pressemitteilung der Max-Planck-Gesellschaft übernommen.

Dort heißt es:

„Ein internationales Team unter der Leitung von Forschenden des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig hat gemeinsam mit Co-Autor:innen aus der ganzen Welt die bislang umfassendste Analyse der geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Lebensdauer von Säugetieren und Vögeln durchgeführt. Die Ergebnisse liefern neue Erkenntnisse zu einem seit Langem bestehenden Rätsel der Biologie: Warum altern Männer und Frauen unterschiedlich?“

Tiere und Menschen

Verfolgt wurde zunächst eine recht spezifische These, nämlich die „heterogamete Geschlechtshypothese“, die ab die Rolle der Geschlechtschromosomen abzielt, und diese These wurde anhand von Daten von Tieren untersucht:

„Unter Verwendung von Datensätzen aus dem Species360 Zoological Information Management System (ZIMS) zu über 1.176 Vogel- und Säugetierarten in Zoos weltweit stellten die Forschenden einen deutlichen Unterschied in der Lebenserwartung fest, der die heterogametische Geschlechtshypothese untermauert.“

Daneben scheinen auch weitere genetisch bedingte Einflüsse zu bestehen, sowie, natürlich, und in Interaktion mit der Genetik, Umwelteinflüsse. Auch das wurde anhand von Tieren untersucht, solchen im Zoo im Vergleich mit freilebenden Artgenossen:

„Eine andere Erklärung sieht Umwelteinflüsse wie Raubtiere, Krankheiten oder raue klimatische Bedingungen als Ursache für geschlechtsspezifische Unterschiede. Um dies zu überprüfen, analysierten die Forscher Tierpopulationen in Zoos, wo diese Faktoren kaum eine Rolle spielen. Das Ergebnis: Die Unterschiede in der Lebenserwartung blieben bestehen – wenn auch weniger ausgeprägt als in Wildpopulationen. Ähnlich wie beim Menschen verringern verbesserte Lebensbedingungen und Zugang zu Ressourcen den Unterschied zwischen den Geschlechtern, beseitigen sie jedoch nicht vollständig.

Die Ergebnisse machen deutlich: Geschlechtsspezifische Unterschiede in der Lebenserwartung sind tief in evolutionären Prozessen verwurzelt. Sie entstehen wahrscheinlich durch ein Zusammenspiel von genetischen Faktoren und Umwelteinflüssen und wurden durch Selektionsdrücke geprägt um Paarungspartner und das Überleben der Nachkommen zu sichern. Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern sind also nicht nur ein Produkt der Umwelt, sondern Teil unserer evolutionären Geschichte – und werden sehr wahrscheinlich auch in Zukunft bestehen bleiben.“

Schaut man in die Studie selbst, so sind in der Tat die Unterschiede der Lebenserwartung zwischen Männern und Frauen Ausgangspunkt und zentrale Fragestellung:

„Worldwide, today, women live, on average, 5.4 years longer than men (…). Although the magnitude varies, the direction of this effect is nearly universal in human populations regardless of historical, cultural, or social context”

Den Aspekt “regardless of social context” bitte merken. Die Untersuchung der Tierdaten, u.a. Daten von Primaten, sollen den evolutionären Hintergrund beleuchten, der Vergleich von Daten zur Lebenserwartung in Japan und Schweden, zwei hochentwickelten Ländern, und Daten zur Lebenserwartung von Hadza (einer Ethnie von Sammlern und Jägern in Tanzania) sowie von Acha (einer Ethnie von Sammlern und Jägern in Paraguay) den umweltassoziierten Hintergrund, als Analogon zum Vergleich bei den Tieren im Zoo und in freier Wildbahn. An der Stelle wird die Studie reichlich kurios.

Im Zoo und im Kloster

Was den Vergleich zwischen Zootieren und freilebenden Tieren angeht, gäbe es nämlich tatsächlich analoge Untersuchungen bei Menschen. Nicht etwa zwischen Zoo-Angestellten und anderen Menschen, sondern zwischen Menschen im Kloster und solchen „in freier Wildbahn“, die inzwischen weltberühmte “Klosterstudie“ der Gruppe von Marc Luy. Auch hier gibt es einen sozusagen umweltresistenten Restunterschied der Lebenserwartung, den man der Genetik zurechnen muss. Die Unterschiede der Lebenserwartung zwischen Männern und Frauen waren im Kloster allerdings deutlich geringer, nur noch ca. 1,5 Jahre. Und weiter: Vom Klosterleben profitieren mit Abstand die Männer mehr als die Frauen, die umweltassoziierten Unterschiede der Lebenserwartung sind bei Männern und Frauen also zudem nicht gleich.

Die Arbeiten von Luy et al. werden in der MPI-Studie nicht erwähnt, sie waren offensichtlich nicht bekannt. Man hat vermutlich gar keine systematische Literaturrecherche zur Leitfrage der Studie durchgeführt, sonst wäre man noch auf weitere, für die Fragestellung sehr wichtige demografische Studien gestoßen und hätte auch dort gesehen, dass die in der Einleitung getroffene Feststellung „regardless of social context“ für Menschen nicht stimmt. Statt sich exotische Stammesgesellschaften in Afrika und Südamerika zum Vergleich zu suchen, deren Lebenserwartungsdaten alles andere als valide sein dürften, hätte man sich einfach beim Robert Koch-Institut die Lebenserwartung differenziert nach Sozialstatus in Deutschland ansehen können: Bei Frauen beträgt der Unterschied zwischen der niedrigsten und höchsten Einkommensgruppe gut 4 Jahre, bei den Männern fast 9 Jahre. Ein Befund, der zu dem passt, was die Klosterstudie gezeigt hat, dass umweltassoziierte Faktoren nicht gleich stark auf die Geschlechter wirken. Und mehr noch: Der Unterschied der Lebenserwartung zwischen der niedrigsten und höchsten Einkommensgruppe ist bei Frauen und Männern viel größer als der genetische zwischen den Geschlechtern. Auch das RKI wird in der Studie nicht zitiert.

Studienzoo

Aus den Befunden der Klosterstudie und der Sozialepidemiologie ergibt sich auch, dass die Schlussfolgerung der MPI-Studie, dass die Unterschiede der Lebenserwartung zwischen den Geschlechtern bei Menschen „sehr wahrscheinlich auch in Zukunft bestehen bleiben“, höchst voraussetzungsreich und abhängig von den Lebensumständen von Frauen und Männern sind. Wenn Frauen nämlich besonders schlechte Lebensumstände haben, sterben sie trotz besserer genetischer Voraussetzungen früher als Männer mit besseren Lebensbedingungen. Anders formuliert: Umwelt schlägt hier Genetik. Oder handlungsorientiert formuliert: Wünschenswert sind möglichst gute Lebensbedingungen für alle, damit bei der Lebenserwartung das genetisch angelegte Potential möglichst gut ausgeschöpft werden kann, vor allem bei Männern. Dass Männer am besten ins Kloster gehen, ist damit nicht gemeint.

Die MPI-Studie wurde am MPI für evolutionäre Anthropologie durchgeführt. Es gibt auch ein MPI für Demografie, in Rostock, eines der international führenden Forschungszentren auf diesem Gebiet. Seinem verstorbenen Chef James W. Vaupel ist die Studie gewidmet. Dort hätte man vielleicht einmal nachfragen sollen, was der aktuelle Forschungsstand zum Thema Lebenserwartung bei Männern und Frauen ist. Die verdienstvolle Untersuchung der Tierdaten hätte man dann besser einordnen und falsche Schlussfolgerungen für die Spezies homo sapiens, eine in sozial differenzierten Gesellschaften lebende, rein biologisch nur schwer fassbare Spezies, ein „nicht festgestelltes Tier“, wie schon Nietzsche wusste, vermeiden können.

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Edit: Am Ende des drittletzten Absatzes hat das “genetische” gefehlt, der Satz wurde korrigiert.

Kommentare (12)

  1. #1 Schlindwein
    19. Oktober 2025

    Vielen Dank für den wichtigen Hinweis auf eine offensichtlich mangelhafte Literaturrecherche. Auch in Institutionen hoher Reputation kommt es vor, dass die Hausaufgaben nicht gemacht werden.

    Traurig, dass man im Peer Review Verfahren bei ebenfalls reputablen Verlagen wohl nicht weiter liest als bis zur Adresse der Autorinnen und Autoren.

    • #2 Joseph Kuhn
      19. Oktober 2025

      @ Schlindwein:

      Ich kann da auch nur spekulieren. Der Blick aus dem Mikrokosmos der Evolutionsbiologie in die Demografie und Sozialepidemiologie scheint jedenfalls nicht ganz selbstverständlich zu sein, auch wenn hier schon google weitergeholfen hätte. Die Reviews wären interessant. Der Verlag wäre natürlich nicht gut beraten gewesen, falls er bei dieser Fragestellung für die Reviews nur jemanden aus der Primatenforschung und jemanden aus der Ornithologie ausgesucht hätte.

  2. #3 Ludger
    19. Oktober 2025

    wenn es genetische Gründe gibt, dass die eine Gruppe (z.B. Frauen) in hohem Alter eine deutlich längere Lebenserwartung hat als die andere Gruppe (z.B. Männer) liegt das nicht an der Evolution in dieser Altersgruppe sondern muss ein Nebeneffekt sein, der durch Evolutionseinflüsse in der Lebensphase der Fortpflanzung und Kinderaufzucht entstanden ist. Oma und Opa sind für die Arterhaltung weniger wichtig.
    2 Hypothesen:
    1.) Frauen müssen einen Organismus haben, der sie befähigt, eine Schwangerschaft lebend zu überstehen. Ihr Immunsystem muss z.B. die riesige Wundfläche der Plazentahaftstelle gegen Infektionen absichern können. Deswegen ist das Immunsystem von Frauen leistungsfähiger bei der Infektabwehr( was leider auch zu mehr Autoimmunkrankheiten führt). Frauen müssen mit sehr sehr hohen Blutspiegeln von weiblichen Sexualhormonen in der Schwangerschaft umgehen können und brauchen viel weniger Testosteron als Männer. Das ist sicherlich lebensverlängernd.
    2.) Männer brauchen diese Rücksichtnahme auf eine Schwangerschaft nicht und haben daher natürlicherweise viel höhere höhere Testosteronspiegel als Frauen. Das sorgt für stärkere Muskeln und auch ein risikoreicheres Verhalten. Und Testosteron schützt die Blutgefäße schlechter als Östrogen. (Die wahnsinnig hohen Cholesterinspiegel in der Schwangerschaft machen wegen der gleichzeitig hohen Östrogenspiegel keine Gefäßschäden bei den Schwangeren.)
    Diese Unterschiede zwischen den Geschlechtern wirken sich auch noch in hohem Alter aus.
    In dem verlinkten Abstract wird auf die Besonderheiten bei Greifvögeln hingewiesen. Nur so zur Erinnerung: Vögel sind keine Plazentatiere – siehe Hypothese 1.

  3. #4 hto
    wo dumm zu Dumm-Verkommenheit ...
    19. Oktober 2025

    Grad habe ich im TV einen Beitrag über den Hunger nach Rindfleisch gesehen, dabei war das Problem der viel zu großen Herden die mit Methanproduktion unsere Lebenserwartung im Klimawandel vermindern – allgegenwärtige Unvernunft, die nur mit wirklich-wahrhaftiger Vernunft und zweifelsfrei-endeutigem Verantwortungsbewusstsein aufgehalten werden könnte, aber …!? 🙁

  4. #5 Fluffy
    20. Oktober 2025

    Interessantes Thema:
    Warum leben Frauen länger – Genetische oder soziale Ursachen?

    „Von der Evolution geküsst – Langlebigkeit bei Frauen erklärt“.

    Man könnte äquivalenterweise auch andersrum fragen:
    Warum sterben Männer früher – und woran?
    Die wenigsten Menschen sterben an Altersschwäche, sondern an Krankheiten wie Herz-Kreislauf oder Krebs.
    Oder auch bei Unfällen, tätlichen Auseinandersetzungen etc.
    Diese Einflüsse, die auf die Lebensweise und bei bestimmten Krankheiten teils genetisch bedingt sein können, kann man aus einer Sterbetafel nicht herauslesen.

    Ich finde den in #3 vorgestellte Ansatz mit dem besseren Immunsystem der Frauen gekoppelt mit dem höheren Testosteronspiegel der Männer logisch. Er verknüpft den genetische Aspekte mit sozialen, dem Risikoverhalten der Männer.

    p.s. Wenn man davon ausgeht, dass ca 5% mehr Jungen als Mädchen geboren werden und man dann diese 1.05 mit der männlichen Lebenserwartung multipliziert erhält man in guter Näherung die weibliche Lebenserwartung.
    78.9*1,05 ~ 82.9
    Die Anzahl der durchlebten Lebensjahre ist also nahezu gleich.
    (Ist das von der Evolution so gewollt )

  5. #6 Richard
    20. Oktober 2025

    Gut, dass die Zusammenhänge und wichtigen Literaturstellen im neuen Gesundheitsreport des Bay. Landesamtes für Gesundheit zu finden sind:
    https://www.bestellen.bayern.de/shoplink/lgl_gesrep_00026.htm
    Man kann sich dabei auch auf die umfassenden Vorarbeiten von Herrn Kuhn stützen 😉

    • #7 Joseph Kuhn
      20. Oktober 2025

      @ Richard: Interessant im Kontext der Diskussion hier ist auch die Rangordnung der Bundesländer nach Gender-Gap auf Seite 3 des von Ihnen verlinkten Kurzberichts. Meine Ex-Kolleg:innen sind eben immer am Ball. 😉

  6. #9 BPR
    26. Oktober 2025

    Danke für den Hinweis auf den hochinteressanten Versuch, die zentrale Komplex-Variable “sex” bzw. “gender” über ein breites biologisches Artenspektrum einzugrenzen.
    Die Interaktion von “Natur” und “Kultur” bekommt man dadurch allerdings schon vom Design her nicht in den Griff.
    Man könnte (über Primaten hinaus) sog. Naturvölker mit sog. zivilisierten Gesellschaften vergleichen (CAVE: (Post-)Kolonialistische Hybris). Dann wäre unsere Zivilisation der “Zoo” (die Studie diskutiert das nicht). Den ubiquitären sozialen Gradienten innerhalb “zivilisierter” Gesellschaften kann man so aber nicht modellieren, da sind noch mehr Variablen als Bodymass und Testosteron.
    Auch das Konzept “disposable soma” kann man diskutieren. Danach sind die Körper der Männer früher “entbehrlich” als die der Frauen. Das ist nicht identisch mit den in der Studie diskutierten Hypothesen “sexual selection” oder “cost of reproduction”. “Disposable soma” könnte wirken, nachdem die Sexualität erledigt ist (im Sinne von: auch die Weitergabe der Kultur muss funktionieren, bevor die Eltern- oder Großelterngeneration abtreten kann).
    “And what about” den Zusammenhang zwischen Nahrungsknappheit, Zahl bzw. Überleben der Nachkommen und längerer Lebenserwartung der Elterngeneration? Dafür gibt es elementare biologische “food sensing” oder “nutrient sensing” Stoffwechselwege, die erklären helfen, wie Umwelt in den Körper kommt. Danach müssten regelmäßig gefütterte Zootiere sogar schneller altern als Tiere, die sich ihr Futter erarbeiten müssen. Das spricht nicht gegen die Studie, aber auch unter den biologischen Einflussgrößen sind weitere außer “sex” und seinen Korrelation abzuklopfen.

    • #10 Joseph Kuhn
      27. Oktober 2025

      @ BPR:

      Vor allem darf man bei dem Thema, da wo es um Menschen geht, nicht die ganze Sozialepidemiologie weglassen. Auch historisch ist übrigens nicht klar, ob Frauen wirklich schon immer eine höhere Lebenserwartung gehabt haben, siehe z.B. den Artikel von Robert Stelter im Bundesgesundheitsblatt 5/2024, der in der MPI-Studie auch nicht zur Kenntnis genommen wurde, ebensowenig wie die historischen Arbeiten von Arthur Imhof, in denen sich sporadische Hinweise zur geschlechterspezifischen Lebenserwartung in der frühen Neuzeit finden (in seinem Werk “Die Lebenszeit” gibt es übrigens auch einen Vergleich der Lebenszeit von Tieren im Zoo, im Labor und in der Natur, allerdings ohne Geschlechterdifferenzierung).

  7. #11 BPR
    28. Oktober 2025

    @ JK #10
    –>nicht die ganze Sozialepidemiologie weglassen.

    Stimme zu; doch Ausgangspunkt der Diskussion ist eine Studie, die Tierarten miteinander vergleicht. Wie könnte man über Tierarten hinweg “Sozialepidemiologie” operationalisieren? Eine elementare Variable haben die AutorInnen berücksichtigt: Brutpflege.

    • #12 Joseph Kuhn
      28. Oktober 2025

      @ BPR:

      “doch Ausgangspunkt der Diskussion ist eine Studie, die Tierarten miteinander vergleicht”

      Die Leitfrage zielt primär auf die Lebenserwartung von Männern und Frauen, nicht von männlichen und weiblichen Tieren: “Across human cultures and historical periods, women, on average, live longer than men”. Die Untersuchung der Tierpopulationen soll dazu eine spezifische These zur sexuellen Selektion prüfen, daher Säugetiere und nichtsäugende Vögel. Man will schauen, ob das etwas von den genetischen Vorteilen der Frauen bei der Lebenserwartung erklären könnte: “a pattern best understood from a comparative evolutionary perspective”. Soweit ist auch alles o.k. und durchaus ertragreich.

      Die Studie wird ab da seltsam, wo es um den Einfluss der Umwelt auf die Lebenserwartung bei Männern und Frauen geht. Da hätte man die Sozialepidemiologie und die Demografie gebraucht, vor allem die einschlägigen Studien des RKI (Sozialgradient) und von Marc Luy (Homogenisierung von Lebensbedingungen im Kloster). Die Vergleichspopulationen der MPI-Studie sind diesem Wissensstand gegenüber zu unspezifisch und unterlaufen den state of the art von Sozialepidemiologie und Demografie. Da ist etwas schiefgelaufen, auch im Review.

      Das ist schade, weil die Befunde aus den Tierpopulationen natürlich erhellend für die Erklärung des genetischen Anteils des Unterschieds der Lebenserwartung bei Männern und Frauen sind, aber, wenn man das mit Umwelteffekten abgleichen will (“regardless of social context”), muss das in den sozialepidemiologischen Wissensstand eingeordnet werden, statt eine eigene, ungeeignete “Sozialepidemiologie” zu machen.

      Weder die Pressestelle des MPI noch die Korrespondenzautoren haben mir übrigens bisher auf meine Nachfrage dazu am 20.10.2025 geantwortet. Kann natürlich sein, dass meine Mail dort im Spamfilter gelandet ist.