Überall auf der Welt gibt es eine Nähe zwischen autoritären politischen und religiösen Kräften – in vielen islamischen Ländern, in Modis Indien, Putins Russland, Orbans Ungarn und natürlich auch in Trumps USA. Es gibt für beide Seiten verführerisch viele weltanschauliche Schnittstellen, von der Abtreibung, generell Frauenrechten und den „natürlichen“ Geschlechterrollen bis hin zur Zurückweisung elementarer Menschenrechte aufgrund vermeintlicher Gebote Gottes.
Etwas unklar ist, wie es hierzulande die AfD mit dem Christentum hält. Sie versucht, einerseits ein „christliches Abendland“ gegen den Islam zu stellen, andererseits macht sie immer wieder Front gegen die Kirchen.
So auch gerade wieder im Wahlkampf in der Stadt Brandenburg/Havel. Der AfD-Landesvorsitzende René Springer, ausgerechnet in einem ehemaligen Kloster: „Ich sage euch, diese Kirche ist moralisch bankrott.“ Und der AfD-Fraktionsvorsitzende im Brandenburgischen Landtag, Hans-Christoph Berndt: „Ich fürchte, die Amtskirchen haben sich von Gott losgesagt und laufen dem Regenbogenhype hinterher“.
So wie die AfD beansprucht, den „wahren Willen des Volkes“ zu vertreten, so versucht sie auch, gegenüber „den Amtskirchen“ für sich das wahre Christentum zu reklamieren, die Differenz zwischen Religion und Kirche für eine Spaltung zwischen Religion und Kirche zu nutzen. Für eine Wiederbelebung eines „Deutschen Christentums“, einer organisierten nationalistischen Kirche, ist die Zeit noch nicht reif.
Die Kirchen versuchen demgegenüber die Unvereinbarkeit des Christentums mit nationalistischen und rassistischen Ideologien hervorzuheben. So hieß es etwas beim Evangelischen Kirchentag in Hannover im Frühjahr 2025 in einer „Gemeinsamen Erklärung“:
„Wir wenden uns gegen die Gefährdungen unserer Demokratie im Innern wie von außen durch Fake News, Extremismus, Populismus und Autokraten. Gemeinsam stellen wir uns gegen jede Form von Ausgrenzung, gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und Gewalt, wie auch gegen ausgrenzenden Nationalismus und Angriffe auf unsere Zivilgesellschaft. Wir ziehen klare Grenzen zu Positionen, die demokratiefeindlich und menschenverachtend sind.“
Und ebenfalls im Frühjahr haben die katholischen Bischöfe einstimmig eine Erklärung verabschiedet, die mit Blick auf die Konsequenzen aus dem christlichen Bekenntnis unmissverständlich klare Aussagen trifft:
„Rechtsextreme Parteien und solche, die am Rande dieser Ideologie wuchern, können für Christinnen und Christen daher kein Ort ihrer politischen Betätigung sein und sind auch nicht wählbar. (…) Wer Parteien wählt, die mindestens in Teilen vom Verfassungsschutz als „erwiesen rechtsextremistisch“ eingeschätzt werden, der stellt sich gegen die Grundwerte des menschlichen Zusammenlebens und der Demokratie in unserem Land.“
Schwierig für die AfD, aber auch schwierig für die Union. Beim Evangelischen Kirchentag hat die damals neu gewählte Bundestagspräsidentin Julia Klöckner versucht, solche Positionierungen der Kirchen zu delegitimieren. Die Kirchen, so Klöckner, sollten sich doch bitte auf „Sinnfragen“ konzentrieren und politisch zurückhalten. Aber als Hüterin des Weihnachtsbaums und des frommen Kirchengangs am Sonntag hat die Kirche keine Zukunft.
Angesichts von Stimmen, wie sie jetzt von der Brandenburgischen AfD zu hören sind, erweist sich Klöckners Sicht der Dinge nicht nur als inhaltlich falsch, als ein Verdrängen der Kirchen aus dem Alltag der Menschen, sondern auch als falsch im Umgang mit der AfD. Die Union, bestehend aus zwei Parteien mit dem „C“ im Namen, würde beim Fall der „Brandmauer“ mit einer Partei zusammenarbeiten, mit der die Kirchen eine Zusammenarbeit ausschließen.
Die Brandmauer bewahrt die Union somit derzeit auch vor einer Zerreißprobe, was ihr Verhältnis zu den, um den AfD-Mann Berndt noch einmal zu zitieren, „verdorbenen“ Amtskirchen angeht. Oder, etwas dramatischer formuliert, vor einem Teufelspakt.



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