Deutschland ist kein Vorreiterland der Prävention. Das zeigen Ländervergleiche immer wieder. Heute hat die AOK zusammen mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum den „Public Health-Index 2025“ veröffentlicht. Er betrachtet vier für die Prävention relevante Handlungsfelder: Tabak, Alkohol, Ernährung und Bewegung. Dies bildet das Präventionsniveau eines Landes zwar nur partiell ab, hier wären z.B. auch die Verkehrssicherheit, der Arbeitsschutz, die Lebensmittelmittelsicherheit oder, man erinnere sich an die Pandemie, der Infektionsschutz relevant, aber das sei einmal dahingestellt. Man kann die vier Felder entweder als Proxy für das Präventionsniveau insgesamt nehmen oder eben für sich genommen als relevante Einflussgrößen auf die Gesundheit.

Für die vier Handlungsfelder wurden anhand ausgewählter Präventionsaspekte Scores gebildet und am Ende eine Rangreihe von 18 europäischen Ländern gebildet. Deutschland schneidet sehr schlecht ab: Platz 17 von 18, nur die Schweiz ist schlechter.

In diesem Ländervergleich steckt eine Menge Arbeit, und wie gesagt, dass Deutschland in der Prävention Nachholbedarf hat, zumindest in diesen vier Bereichen, ist bekannt. Möge der Ländervergleich also das Bundesgesundheitsministerium zu mutigeren Schritten in der Prävention bewegen. Damit ließe sich sicher Geld in der Kranken- und Pflegeversicherung sparen, auch wenn niemand so genau weiß, wie viel bei welcher Präventionspolitik.

Das AOK/DKFZ-Papier leitet allerdings mit einem Narrativ ein, das man seit einiger Zeit immer wieder hört, auch der frühere Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat es am Ende seiner Amtszeit wiederholt bemüht: Deutschland gebe in Europa am meisten für Gesundheit aus und habe doch nur eine mittelmäßige Lebenserwartung. In den Gesundheitswissenschaften ist man sich eigentlich ziemlich einig, dass die Lebenserwartung nur zum geringeren Teil ein Produkt des Gesundheitswesens ist und mehr von den Lebensumständen, vor allem der sozialen Lage, und darüber vermittelt auch vom Gesundheitsverhalten abhängt. Das führt dann durchaus wieder zu den im AOK/DKFZ-Papier betrachteten Handlungsfeldern zurück, weil hier wichtige Einflussfaktoren auf die Lebenserwartung angesprochen sind.

Da liegt die Frage nahe, wie der PH-Index mit der Lebenserwartung und den Gesundheitsausgaben zusammenhängt. Dazu habe ich im Folgenden die relevanten Daten zusammengestellt: Den PH-Index aus dem AOK/DKFZ-Papier; die Lebenserwartung ebenfalls aus diesem Papier, ergänzt um die Daten der drei Nicht-EU-Länder Norwegen, Großbritannien und Schweiz, für die der Index berechnet wurde, aber im Papier keine Lebenserwartung angegeben ist, und die Gesundheitsausgaben. Hier habe ich von der OECD allerdings Daten in US-Dollar nach Kaufkraftparität genommen, um mir die Ergänzung für die Nicht-EU-Länder einfacher zu machen. Die Tabelle sieht dann so aus:

Wie hängt nun der PH-Index mit der Lebenserwartung zusammen? Das Ergebnis ist ernüchternd: Die beiden Merkmale korrelieren mit -0,18. Mit anderen Worten: Sie hängen praktisch nicht zusammen. Da wartet wohl noch etwas analytische Arbeit auf die Autor:innen. Further research is needed.

Betrachtet man als nächstes den Zusammenhang des PH-Index mit den Gesundheitsausgaben, so ergibt sich eine Korrelation von -0,34. Je höher der Index, desto niedriger die Gesundheitsausgaben. Das könnte man durchaus so interpretieren, dass gute Prävention in den vier Handlungsfeldern Geld im Gesundheitswesen spart. Ob es so ist? Further research is needed.

Sehr hoch korrelieren die Gesundheitsausgaben mit der Lebenserwartung: 0,81. Das scheint auf den ersten Blick der eingangs berichteten gesundheitswissenschaftlichen Bewertung, dass die Lebenserwartung nicht primär dem Gesundheitswesen geschuldet ist, zu widersprechen. Aber hier wird ein Confounding sichtbar, d.h. wohlhabende Länder haben gute Lebensbedingungen, das steigert die Lebenserwartung, und sie können natürlich auch mehr Geld für ihr Gesundheitswesen ausgeben. Daher muss man auch nicht befürchten, dass ein höherer PH-Index, korrelierend mit niedrigeren Gesundheitsausgaben, die Lebenserwartung senkt. Weltmeister beim Geldausgeben im Gesundheitswesen sind übrigens die USA, bei einer recht miserablen Lebenserwartung.

Kommentare (20)

  1. #1 Ludger
    5. Dezember 2025

    Danke für die Einordnung!
    Das Beispiel der Schweiz macht deutlich, dass die behaupteten Korrelationen doch nicht so eindeutig sind. Gleichwohl lässt sich auch eine windige Statistik für eine politische Kampagne nutzen:
    (Zitat aus dem o.a. Link „Public Health-Index 2025“)

    Die Autorinnen und Autoren des PHI kritisieren die zögerliche Haltung Deutschlands und den mangelnden politischen Willen zum Umsteuern. Obwohl es für viele der diskutierten Public-Health-Maßnahmen breite gesellschaftliche Mehrheiten gebe, die wissenschaftliche Evidenz für deren Wirksamkeit vorliege und ein hoher Finanzierungsdruck auf den sozialen Sicherungssystemen laste, sei die Verhältnisprävention hierzulande unzureichend und wenig ambitioniert.
    (Zitat aus dem o.a. Link „Public Health-Index 2025“)

    Diese politische Äußerung wurden dann als Tatsachenbehauptung von ARD und ZDF übernommen.

    • #2 Joseph Kuhn
      5. Dezember 2025

      @ Ludger:

      Wo sehen Sie konkret eine “windige Statistik” und warum bitte soll man Public Health-Analysen zur Präventionspolitik nicht für politische Kampagnen nutzen? Es geht doch gerade um die Bewertung der Präventionspolitiken in den europäischen Ländern. Soll man präventionspolitische Entscheidungen auf der Basis von Bauchgefühlen treffen?

      Die “zögerliche Haltung Deutschlands und den mangelnden politischen Willen” für eine nachhaltige Präventionspolitik ist eine Tatsache. Kennen Sie Fachleute, die das anders sehen?

  2. #3 Ludger
    5. Dezember 2025

    @ J.K. Sie schreiben selber:

    Er betrachtet vier für die Prävention relevante Handlungsfelder: Tabak, Alkohol, Ernährung und Bewegung. Dies bildet das Präventionsniveau eines Landes zwar nur partiell ab, hier wären z.B. auch die Verkehrssicherheit, der Arbeitsschutz, die Lebensmittelmittelsicherheit oder, man erinnere sich an die Pandemie, der Infektionsschutz relevant, aber das sei einmal dahingestellt. [Hervorhebung durch mich]

    Von einer Statistik erwarte ich die Antwort auf eine konkrete Frage (hier: Wie ist es um das Präventionsniveau im Ländervergleich bestellt? Aufgrund einer begrenzten Parameterauswahl kann man m.E. keine belastbare globale Aussage machen. Der Ausreißer Schweiz wurde in der Conclusio der Studie nicht berücksichtigt. Deswegen habe ich das Wort “windig” benutzt. Da kann die Mathematik noch so sauber angewendet worden sein.

  3. #5 Ludger
    5. Dezember 2025

    @J.K. Danke für den Link zum Thema Tabaklobbyismus. Ja, da sind viele der beschriebenen Verhaltensweisen empörend und müssen abgestellt werden.
    Mein Problem mit dem PHI ist wahrscheinlich, dass aufgrund eines Punktesystems ein Ranking erstellt wurde, welches für einen moralischen Appell verwendet wird: “nur vorletzter Platz!”. Sind wir hier beim Eurovision Song Contest? Dabei passen die Endergebnisse im Ranking öfter gar nicht zu den Lebensbedingungen in den entsprechenden Ländern. Dazu ein Zitat von https://www.aok.de/pp/bv/pm/neuer-phi/

    DACH-Länder durchweg auf den hinteren Rängen

    Auffälligstes Ergebnis ist das schlechte Abschneiden des DACH-Raums. In diesen Ländern werden dem PHI zufolge besonders wenige der wissenschaftlichen Empfehlungen aufgegriffen. Daher schaffen es diese Länder in keinem Handlungsfeld in das obere Mittelfeld und belegen durchweg die hinteren Ränge. Ungenutzte Präventionspotenziale liegen vor allem in Maßnahmen zur Förderung gesunder Ernährung sowie zur Eindämmung des Konsums von Tabak und Alkohol. In Großbritannien, Irland und im skandinavischen Raum ist die Präventionspolitik dagegen stärker an den Empfehlungen der WHO zur Eindämmung übertragbarer Krankheiten ausgerichtet.

    Einige Länder erreichen im Gesamtranking oder in einzelnen Handlungsfeldern gute bis sehr gute Platzierungen, obwohl sie eine vergleichsweise niedrige Lebenserwartung aufweisen, beispielsweise Großbritannien oder Litauen. Das wissenschaftliche Autorenteam weist darauf hin, dass dies kein Widerspruch sei, da dort die hohe Krankheitslast durch chronische Erkrankungen gerade der Anlass für Regierungen gewesen sei, umfassende Maßnahmen zu beschließen.

    Man übt also politischen Druck aus um Maßnahmen zu fordern, die in manchen Ländern aus der Not heraus beschlossen wurden. Die Schweizer haben das offenbar nicht nötig.

    Ich habe zur PHI-Studie einen Link zur Methodik gefunden: https://www.aok.de/pp/index.php?eID=dumpFile&t=f&f=74402&dl=1&token=a3477d981fd096110874b42d8c506fb7a93c5035&download=1
    Wenn man sich dort die verschiedenen Indikatoren anschaut, ahnt man, welche politischen Ziele angestrebt werden. Es graust mich aber vor einer Politik, die der Maxime folgt: Fortschritt durch Vorschriften. Da ist mir der schweizerische Weg lieber.

    • #6 Joseph Kuhn
      6. Dezember 2025

      @ Ludger:

      Welchen Weg man präventionspolitisch gehen will, noch mehr Appelle an “Eigenverantwortung”, oder rechtliche Regulation, muss jedes Land für sich entscheiden, da gibt es sicher keinen Königsweg. Bei der Coronakrise hat z.B. Schweden mehr auf Empfehlungen gesetzt, weil man davon ausging, dass die Bevölkerung den empfehlenden Behörden vertraut. In Deutschland haben die Querdenker, die diesen Weg immer wollten, genau dieses Vertrauen untergraben, wobei die Flut der Vorschriften, sich mitunter widersprechend, manchmal auch nicht plausibel, dieses Vertrauen auch nicht befördert hatte. Und man wird auch zwischen den Handlungsfeldern unterscheiden müssen, was den Instrumentenkasten angeht. Beim Tabak wirbt z.B. die Industrie für “Eigenverantwortung”, man kann sich denken, warum. Beim Bewegungsverhalten wird man dagegen weniger regulative als bewegungsfördernde Strategien verfolgen.

      Der Hinweis der Autor:innen auf Länder mit gutem PHI, aber niedriger Lebenserwartung ist wichtig, weil hier die Frage der kausalen Richtung eines möglichen Zusammenhangs und eines Timelags angesprochen wird. Nimmt man Großbritannien und Litauen aus der Korrelation, verändert sich nicht wirklich viel an der Korrelation (-0,14). Aber vielleicht ist das in zwei Jahren anders. Näme man, warum auch immer, zusätzlich die Schweiz raus, als Ausreißer mit schlechtem PHI und hoher Lebenserwartung, läge die Korrelation ziemlich genau bei Null. Da bleibt, wie gesagt, noch etwas analytische Arbeit zu leisten.

  4. #7 Umami
    Karlsruhe
    6. Dezember 2025

    Faszinierend finde ich GB.
    Das wiederspricht so ein bisschen dem, was man so “weiß”.
    Schlecht finanzierter NHS, miserable Ernährung,…
    Welche konkreten Präventionsmaßnahmen haben sie dort, die wir nicht haben? Spontan fällt mir nur die Zuckersteuer ein.

    Was gibt es eigentlich noch für Präventionsmaßnahmen? Mir fällt nur ein: Zahnarzt in Bildungseinrichtungen, Warnhinweise auch Raucherpackungen (warum nicht auch auf Alkohol?), Krebsvorsorge beim Gyn, Impfungen (scheint mir bei Erwachsenen etwas vernachlässigt), Regelungen zum billigsten Getränk auf der Karte, Nichtraucherschutz in öffentlichen Räumen, Rückenkurse der KK (bei der Arbeit wäre das m.E.viel niederschwelliger).
    Gibt’s noch mehr? Ich bin da unwissend/phantasielos und mir scheint das auch nicht einen so großen Einfluss zu haben?
    Mehr Dinge verpflichtend?

  5. #8 Ludger
    6. Dezember 2025

    Ja, die Pseudoargumente Eigenverantwortung, Rücksichtnahme und Toleranz hat die Zigarettenwerbung immer gerne bemüht – z.B. um das Rauchverbot in Gaststätten zu verhindern. Ich glaube, dass das Hauptargument für das Rauchverbot der Arbeitsschutz für das Personal war. Und mittlerweile sind fast alle froh, dass es das Rauchverbot gibt.
    Zur Punktemessung am Beispiel des Testsiegers bei der Alkoholprävention Norwegen. (Abschrift aus dem von mir verlinkten Datenanhang)

    LAND NORWEGEN
    INDIKATOR 1: REGELUNGEN ZUR PRODUKTION 0
    INDIKATOR 2: REGELUNGEN ZU VERKAUF/AUSSCHANK 8,5
    INDIKATOR 3: MINDESTVERKAUFSALTER 4
    INDIKATOR 4: REGELUNGEN ZU WERBUNG/MARKETING 3
    INDIKATOR 5: REGELN IM STRASSENVERKEHR 4
    INDIKATOR 6: ÖFFENTLICHE POLITIK 1
    INDIKATOR 7: ALKOHOLBESTEUERUNG 12,5
    GESAMTPUNKTZAHL (MAX. 40) 33

    Es gibt Länder, in denen das Komasaufen ein verbreitetes Phänomen war / ist. Offenbar fühlte sich Norwegen von dem Problem betroffen und hat daher die Notbremse gezogen: Alkohol ist hoch besteuert und der Verkauf ist stark beschränkt. Dafür gibt es 21 Punkte und Norwegen ist bei der Alkoholprävention Testsieger. Deutschland hat in dem Bereich nur 9 Punkte. Müssen wir uns jetzt schämen? Und Italien kommt gar nicht vor. Was soll das?

    • #9 Joseph Kuhn
      6. Dezember 2025

      @ Ludger:

      Zur Länderauswahl schreiben sie nur: “Die Länderauswahl für den aktuellen Index erfolgte nach geografischen Kriterien und
      umfasst 18 Staaten aus Zentral- und Nordeuropa”. Das ist natürlich nicht sehr aufschlussreich. Vielleicht lagen die relevanten Daten nur für Länder aus Zentral- und Nordeuropa vor, das wäre ein nachvollziehbarer Grund. Für einen Artikel in einer peer-reviewten Zeitschrift hätten sie da etwas mehr sagen müssen.

      Schreiben Sie die Autor:innen doch mal an, warum Südeuropa nicht dabei ist. Dann ließe sich besser darüber diskutieren.

  6. #10 Ludger
    6. Dezember 2025

    Schreiben Sie die Autor:innen doch mal an, warum Südeuropa nicht dabei ist. Dann ließe sich besser darüber diskutieren.

    Ach nein. Das wäre dann eine politische Diskussion über Meinungen. Das würde nur meinen Seelenfrieden stören.

  7. #11 Mensch
    8. Dezember 2025

    “!Man kann die vier Felder entweder als Proxy für das Präventionsniveau insgesamt nehmen oder eben für sich genommen als relevante Einflussgrößen auf die Gesundheit. !”
    Einen Punkt herausgegriffen, aufgezeigt an zwei unterschiedlichen Ländern, die unterschiedlicher kaum sein können, Deutschland und Irland in bezug auf Alkoholkonsum.
    In Deutschland 10,5 l reiner Alkohol pro Person, in Irland 9,5 l pro Person.
    Interessant dazu der PH- Index von Deutschland 36,9 und Irland 67,4
    Die Präventionsmaßnahmen in Irland zeigen Wirkung, Lebensmittelläden brauchen eine Lizenz, um hochprozentige Alkoholika verkaufen zu dürfen und sie sind räumlich abgegrenzt vom Lebensmittelbereich.. In Deutschland gibt es diese Einschränkung nicht.

  8. #12 Mensch
    8. Dezember 2025

    und weiter geht’s …….
    noch rigider geht Irland gegen die Raucher vor…..Ergebnis : 28 % in Deutschland gelten als Raucher, 18 % in Irland gelten als Raucher. Die Zigaretten kosten etwa 9 € in Deutschlang , gegen 15 € in Irland.
    Und das im Lande der Elfen !

  9. #13 Ludger
    8. Dezember 2025

    @Mensch
    Interessante Zahlen. Allerdings beweist der Vergleich Irland heute mit Deutschland heute gar nichts. Interessanter wäre der Vergleich Irland vor der Suchtmittelregulierung mit Irland nach der Suchtmittelregulierung.
    Ich bin ja durchaus auch für präventive Maßnahmen. Ich habe nur etwas dagegen, unvollständige Statistiken (Südeuropa fehlt) unter Nichtbeachtung von Widersprüchen (Schweiz versus Litauen) für einen politischen Kampf zu benutzen:

    Pressemitteilung
    Neuer Public Health Index: Deutschland auf vorletztem Platz bei wissenschaftlich empfohlenen Präventionsmaßnahmen
    04.12.2025 AOK-Bundesverband

    (Link siehe oben unter „Public Health-Index 2025“ )
    Inwieweit der Staat durch Lenkungsmaßnahmen auf das Verhalten seiner Bürger und Bürgerinnen einwirken darf/soll, ist dann noch ein anderes philosophisch / juristisches / politisches Thema. Das höchste im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland geschützte Gut ist nämlich nicht das Leben sondern die Menschenwürde. Wenn sich jemand totsaufen will, darf er das, solange er nicht die Rechte anderer Menschen beeinträchtigt. Aber das Dilemma kann ich nicht lösen.

  10. #14 Ichbinich
    8. Dezember 2025

    Ich habe keinerlei Ahnung von Präventionsforschung, und daher eventuelle eine dumme Frage:

    Wäre es nicht sinnvoller, anstelle von Korrelationen der Zahlen heutzutage diesen PH-Index von vor 10 oder 20 Jahren mit den heutigen Lebenserwartungen und/oder Gesundheitskosten zu korrelieren?
    Ich mein, Prävention zielt doch auf die Zukunft, da muss man doch die Korrelation auch entsprechend berechnen oder was übersehe ich hier?

    • #15 Joseph Kuhn
      8. Dezember 2025

      @ Ichbinich:

      Sie sehen das ganz richtig. Das ist einer von vielen Punkten, die zu bedenken sind, wenn man an diese Daten kausale Betrachtungen anschließen will. Das ist den Autor:innen auch bewusst. Vielleicht lässt sich bei der Wiederholung in zwei Jahren dazu etwas mehr sagen, aber auf hochaggregierter Ebene werden kausale Evaluationen immer schwierig bleiben. Eher wird andersrum ein Schuh daraus: Wenn man von wirksamen Maßnahmen ausgeht, macht es Sinn, zu schauen, in welchem Umfang diese Maßnahmen umgesetzt werden.

  11. #16 Ichbinich
    8. Dezember 2025

    @Ludger:
    “Gut ist nämlich nicht das Leben sondern die Menschenwürde. Wenn sich jemand totsaufen will, darf er das, solange er nicht die Rechte anderer Menschen beeinträchtigt. Aber das Dilemma kann ich nicht lösen.”

    Das ist mMn zu kurz gesprungen. Denn natürlich kann jeder Rauchen und Saufen wie er möchte. Es kann aber nicht sein, dass die Folgekosten dafür der Gemeinschaft übergeholfen werden.
    D.h. wenn jemand Rauchen will, soll er bitte (über Steuern/Abgaben/sonstwas) das Gesundheitssystem entlasten und damit zumindest indirekt die Kosten für seine “Freiheit” tragen.

    Wer Freiheit will muss auch die Konsequenzen seiner Freiheit tragen (wird leider oft vergessen bei allen die “keine Bevormundung” schreien).

  12. #17 zimtspinne
    8. Dezember 2025

    “Strategie für ein tabakfreies Deutschland 2040” link dkfz ist utopisch und erinnert mich an Spahns Ansage zur Krebsbesiegung.

    Auch die dann abgemilderten Ambitionen mit 5 % und 2 % sind unrealistisch.

    Da hätte man besser Cannabis nicht freigegeben. Das wird meist geraucht und dabei mit Tabak gemischt. Ob das nicht mitzählt? Aufgeführt jedenfalls ist es nicht….

    Außerdem würde ich die Alkohol- und Zucker/Lebensmittellobby als genauso mächtig einordnen wie die Tabaklobby.
    Da fällt mir ein, ich wollte ja noch einen link Wiederfinden, wo es darum ging, dass ursprünglich sogar die Tabakindustrie von der Lebensmittelindustrie Tricks und Finessen zur Manipulation bis Betrug abgekupfert hatte. Woran ich mich konkret erinnere, diese Tradition, wenn Wissenschaftler zwischen wissenschaftlicher und unternehmensberatender Tätigkeit hin und her wechseln oder sogar beides gleichzeitig tun.

    Die Lebensmittelindustrie allgemein und “Zuckerlobby” speziell können sehr gut zu gesundheitsförderlichen bzw weniger potenziell gesundheitsschädlichen Anpassungen gezwungen werden.

    Sieht man ja zB bei den Softdrinks im Ländervergleich. In EU-Coca Cola ist viel weniger Zucker enthalten als in südamerikanischer. Deutsche Flaschen haben weniger Inhalt als amerikanische usw usf.

  13. #18 Mensch
    8. Dezember 2025

    Ludger,
    “Wenn sich jemand totsaufen will, darf er das,”
    Sach mal, und wenn es einer aus der Familie will ?

    Du bist Teil eines Gemeinwesens,mit dem du dich identifizierst. Man kann nicht vom Staat Fürsorge verlangen, wenn man selber nicht dafür ist.

    Zurück zu den statistischen Zusammenhängen.
    Irland wird für die Prävention belohnt, indem die Gesundheitsausgaben mit 6047 am unteren Ende der westeuropäischen Länder liegen.
    Die baltischen Länder und osteuropäischen Länder ausgenommen, weil die erst spät der EU beigetreten sind.

  14. #19 Ludger
    8. Dezember 2025

    @Ichbinich
    Ich darf mich selber zitieren (#13)

    Ich bin ja durchaus auch für präventive Maßnahmen. Ich habe nur etwas dagegen, unvollständige Statistiken (Südeuropa fehlt) unter Nichtbeachtung von Widersprüchen (Schweiz versus Litauen) für einen politischen Kampf zu benutzen: […]

    Ich kann sogar den vorgeschlagenen Maßnahmen etwas abgewinnen und finde die “Strategie für ein tabakfreies Deutschland 2040” https://www.dkfz.de/fileadmin/user_upload/Krebspraevention/Download/pdf/Buecher_und_Berichte/2021_Strategie-fuer-ein-tabakfreies-Deutschland-2040.pdf gar nicht schlecht. Das sind aber politische Entscheidungen und nicht das Ergebnis der vorgelegten Studien. Die nämlich beinhalten einen Ist-Vergleich. Bei z.B. Tabak gibt es mit Sicherheit auch vorher -nachher-Vergleiche, z.B. für die Maßnahmen in Frankreich. Damit könnte man die vorgeschlagenen Maßnahmen politisch begründen.

  15. #20 Mensch
    8. Dezember 2025

    #14
    “Wäre es nicht sinnvoller, anstelle von Korrelationen der Zahlen heutzutage diesen PH-Index von vor 10 oder 20 Jahren mit den heutigen Lebenserwartungen und/oder Gesundheitskosten zu korrelieren?”

    Gut ! Wenn man einen Zusammenhang herstellen will zwischen den Gesundheitsausgaben und der Prävention, dann ist ein zeitlicher Längsschnitt notwendig.
    Meine Recherche ist ins Leere gelaufen, denn es gibt solche Daten als PH-Index nicht.
    Dagegen habe ich das gefunden.
    Healthy Ireland Survey 2022
    https://www.gov.ie/en/healthy-ireland/publications/healthy-ireland-survey-2022/
    Wer sich für solche Dinge interessiert , wie Herr Kuhn schon angemerkt hat :further resesearch is welcome.