Bayern sei die Vorstufe zum Paradies, hat Horst Seehofer beim diesjährigen politischen Aschermittwoch der CSU gesagt. Da niemand weiß, wie es im Paradies aussieht, weiß man auch nicht so recht, was Horst Seehofers Feststellung konkret bedeutet. Aber gut, was man weiß, ist, dass es uns Bayern – im Durchschnitt – wirklich gut geht. Bayern hat im Vergleich der Bundesländer fast die längste Lebenserwartung, es hat die niedrigste Armutsquote und unter den Flächenländern hat es derzeit das zweithöchste Bruttoinlandsprodukt. Den höchsten Berg Deutschlands haben wir natürlich auch. Daher vielleicht Seehofers Assoziation – dem Himmel so nah.

Trotzdem nörgeln immer wieder irgendwelche Schlaumeier an Bayern herum. Vor drei Jahren meinte die Ratingagentur Moody’s, Bayerns Zukunftsaussichten seien trübe. Jetzt hat ein Gutachten von McKinsey wieder so was gesagt. Ideen haben die Leute.

Alles Unsinn. Das sieht man schon daran, mit welchen Problemen wir uns in Bayern beschäftigen. Weil wir zu viel Geld haben, verbrennen wir es milliardenweise in unserer Landesbank – es ist zu viel Geld im Markt. Außerdem haben wir Zeit, uns mit einer Ausländermaut zu beschäftigen. Die bringt wohl nichts, heißt es, außer bürokratischem Aufwand. Aber genau das ist der Plan, gutes altes keynesianisches Rezept: Löcher buddeln und wieder zuschütten, damit man etwas zu tun hat, wenn es nichts zu tun gibt. In der Energiepolitik machen wir auch viel Wind um Nichts. Strom kommt in Bayern aus der Steckdose, darum können wir die Atomkraftwerke abschalten, Windräder an den Rand der Zivilisation verbannen und Leitungen aus dem Norden an der Landesgrenze stoppen. Wir haben halt keine ernsten Sorgen.

Heute (oder jetzt schon gestern) stand eine unserer besonderen Ideen sogar beim Bundesverfassungsgericht zur Verhandlung, das „Betreuungsgeld“. Also die 150 Euro, die Eltern kriegen, wenn sie ihr Kind zuhause betreuen. Bei den Kindern heute ist das nötig, will doch keiner mehr freiwillig machen, bei den verzogenen Plagen. Zwar sagen missgünstige Daten, dass die Kinder davon profitieren, wenn sie in die Kita gehen, und dass das Betreuungsgeld daher vor allem für sozial schwache Familien und Familien mit Migrationshintergrund nicht gut ist. Mag ja sein, dass denen die Kita besonders gut täte, aber das wäre in Bayern praktisch rausgeschmissenes Geld. Wir haben schließlich, siehe oben, kaum sozial schwache Familien. Die Klage gegen das Betreuungsgeld kommt von den Hamburgern. Es sei eine „Herdprämie“, sagen sie, hält die Mütter von der Arbeit fern, die sozial benachteiligten mehr als alle anderen. Auch alles Unsinn. Die armen Familien kochen heutzutage gar nicht mehr am Herd, die gehen zu McDonalds und essen Hamburger, also die andern, nicht die, die klagen. Darum sind die Kinder aus armen Familien auch dicker, wohlgenährt, hätte man früher gesagt. Wo ist eigentlich das Problem?

Nur unsere Begründung für das Betreuungsgeld habe ich nicht ganz verstanden. Das Betreuungsgeld sei notwendig, so wurde die bayerische Sozialministerin Emilia Müller im Bayerischen Rundfunk zitiert, weil man sonst ja davon ausgehen müsse, dass der Staat die Erziehung besser machen würde als die Familie. Kommt jetzt als Nächstes die Aufhebung der Schulpflicht? Wenn der Staat das ja nicht besser macht als die Familie? Logisch wär’s ja, zumindest wenn Bayern die Vorstufe des Paradieses hinter sich hat. Im Paradies sind immer Ferien. Das gönnen uns die Hamburger aber bestimmt auch nicht.

Kommentare (17)

  1. #1 Alexander
    15. April 2015

    Ich bin fest davon überzeugt, dass Herr Seehofer die Sache präzise durchgerechnet hat!

  2. #2 rolak
    15. April 2015

    niemand weiß, wie es im Paradies aussieht

    Ja aber doch nur, weil Aloisius immer noch im Hofbräuhaus sitzt…

    Das Betreuungsgeld ist nur eine der vielen bayerischen Spezialitäten im bundespolitischen VorzeigeMenu, nicht unbedingt schmackhaft, mit fraglichem Nährwert – aber gut aussehen lassen, das können sie. Da muß das Volk ja geradezu mit offenem Munde staunend sich ein ‘des hams fei wieda guat macht’ abringen, geblendet vom Glanze des Dargebotenen demnächst das Kreuz an der richtigen Stelle zu hängen schlagen machen.

    Nicht daß das Gesamte ebenfalls eine bayerische Spezialität wäre, doch aus diesem Lande kommen sie häufiger frisch auf den gemeinsamen Tisch, weil es eine eigene Partei zu bieten hat. Das dürfte das eigentlich Besondere sein, dies Catering spezieller Unmöglichkeiten, die in BY gelebte und sonstwo eher erlittene Profilneurose, die auch mit 70 viele auf 180 bringt.

    Stellt euch vor, NRW-Steffens wäre CSU-maßgeblich — da säß ich mittlerweile beim Loisl am Tisch.

  3. #3 CM
    15. April 2015

    Wunderschöne Satire. Danke.

  4. #4 Fliegenschubser
    15. April 2015

    Sehr gut! Schön geschrieben 😀

  5. #5 Mamarok
    Ulm
    15. April 2015

    Ach, wie erfrischend, ich lebe direkt neben dem Paradies, ob wir wohl auch was davon abbekommen? *neidischüberdieDonaublick*

  6. #6 H.K.
    15. April 2015

    Fünf gute Gründe für das Betreuungsgeld
    1. Betreuungsgeld ist auch Geld; Geld immer gut (Staatsknete!)
    2. Kitas weitgehend frei von Fanatikerkindern (Islamisten, CSU)
    3. Staat hat weniger Mittel für Rüstung, AKWs, unterirdische Todesfabriken
    4. Systempresse zu 99 Prozent dagegen
    5. Betroffene Kinder zu 99 Prozent dafür
    Quelle: https://www.titanic-magazin.de/newsticker/

  7. #7 Basilius
    saki
    15. April 2015

    Schön geschrieben Joseph.
    Fein beobachtet rolak.
    Das liest man alles gerne.

  8. #8 Trottelreiner
    17. April 2015

    @H.K.:

    Kitas weitgehend frei von Fanatikerkindern (Islamisten, CSU)

    Depends. Außerdem findet sich bei den kolportierten Fällen von Radikalisierung regelmässig eine Entfremdung sowohl gegenüber der Kultur der Eltern als auch der entsprechenden, ähm, “Leitkultur”. Was, ähm, interessante Zukunftsaussichten bietet.

    (sarkasmustag)Wobei ich mich bei einigen Kommentaren zum Thema Migrantenfamilien eh frage, warum man diesen die Kinder nicht gleich wegnehmen möchte. Wäre zumindest ehrlicher.(/sarkasmustag)

    Die Studien zu den positiven Effekten würde ich mir eventuell auch einmal genauer ansehen, daß im Erziehungsmusterland Finnland im Vergleich zu den anderen skandinavischen Ländern eher weniger Kita-Plätze in Anspruch genommen werden gibt zu denken.

    Nicht das ich denke das Kinder mit einer “Nur-Familien”-Erziehung besser dran sind, aber vielleicht sollten sich einige der üblichen Verdächtigen Huxleys “Brave New World” einmal wirklich durchlesen und nicht nur bei jeder GMO-Diskussion darauf verweisen. Das dortige Erziehungsmodell mit Freistellung der Eltern zur Arbeit, früher Übernahme der Erziehung durch die Gesellschaft, um “Fehlentwicklungen” zu unterbinden und produktive Kastenmi^w, äh, Mitglieder der Gesellschaft zu erzeugen etc. könnte einigen Kita-Freunden IMHO wirklich gefallen. Wobei ich wie immer bei Huxley aber auch auf seinen späteren Roman “Island” verweise, in dem viele dieser Dinge positiv eingesetzt werden.

    Um die Sozidresche[1] abzuschließen:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Sozialdemokratische_Zukunftsbilder#Der_letzte_Familientag

    [1] “Wer hat uns verraten, die…”

  9. #9 Eso-Mystiker
    18. April 2015

    Die Frauen sollen ihre Weiblichkeit bewahren; und die Männer ihre Männlichkeit.
    Es muss eine konservative, nicht-grüne Ökopolitik etabliert werden. Sinnvoll ist eine Regierungskoalition aus CDU, AfD und FW (oder ÖDP).

  10. #10 Joseph Kuhn
    18. April 2015

    @ Eso-Mystiker: Was hat das Bewahren von Weiblichkeit und Männlichkeit (was immer das sein mag) denn mit dem Betreuungsgeld zu tun? Oder meinen Sie, es sei die Natur de Frau, zuhause zu putzen und zu kochen, während der Mann draußen in der Welt das Mammut jagt? Ich glaube, Sie haben ein paar tausend Jahre Menschheitsgeschichte verschlafen.

  11. #11 Eso-Mystiker
    18. April 2015

    @ Joseph Kuhn
    Hahaha …………
    Ich meine, dass Frauen z. B. mehr in sozialen Berufen tätig sein sollten, als Männer.

  12. #12 Trottelreiner
    18. April 2015

    @Eso-Mystiker:
    Mit Verlaub, die Aufteilung nach externen Geschlechtsmerkmalen mag ja halbwegs binär sein[1], aber schon bei den sonstigen körperlichen Attributen gibt es ein breites Überschneidungsfeld[2].

    Und bei den kognitiven Fähigkeiten, Sozialverhalten etc., naja…

    Es gab da eine Untersuchung zum Ablesen von Emotionen von Gesichtern. Ergebnis: Frauen und Männer waren ungefähr gleich (grottig schlecht, BTW). Die Frauen hielten sich nur für signifikant besser. Von meiner Zeit am Help Desk kann ich erwähnen, das es bei den technischen Fähigkeiten ähnlich ist, nur anders herum[3]. 😉

    Bei allen mutmaßlichen oder tatsächlichen “biologisch determinierten” Unterschieden, im Vergleich zu anderen Primaten sind diese bei HSS eher gering:

    https://tolweb.org/treehouses/?treehouse_id=4438

    [1] Eine über ihre “mächtig große Klitoris” rappende moderne Nachfahrin der Geierwally ist ein etwas, ähm, “raffiniertes Vergnügen”.
    [2] BTW, wer denkt auch, daß er beim Armdrücken mit gewissen Kunstschlittschuhläuferinnen den kürzeren ziehen würde?
    [3] Beispiele gekürzt um die Schuldigen zu schonen.

  13. #13 Earonn
    21. April 2015

    @Trottelreiner
    Sehr schöne Antwort auf den “alle Angehörigen des Geschlechts X sind Z”-Unsinn.

  14. #14 artlan
    Heidelberg
    21. April 2015

    ich hege den Verdacht, dass das Betreuungsgeld nur deshalb eingeführt wurde um sich die in Summe weit höheren Kostenfür die gesetzlich vorgeschriebenen Krippenplätze zu sparen.

  15. #15 Kinder an die Macht
    24. Juli 2015

    Wir fordern die sofortige Wiedereinführung des Betreuungsgeldes!
    Da das Bundesverfassungsgericht den staatlichen Zuschuss, auf Bundesebene, für verfassungswidrig erklärt hat, fordern wir die sofortige Wiedereinführung auf Landesebene im gesamten Bundesland, von allen 16 Bundesländern.

    Eltern wurde mit dem Wegfall des Betreuungsgeldes eine echte Wahlmöglichkeit entzogen. Wer sein Kind aus Überzeugung nicht Fremdbetreuen lassen möchte, sondern sich seinen Kindern bis zu einem bestimmtem Alter in erster Linie selbst widmen möchte, dem war mit dem Betreuungsgeld sehr geholfen und eine Wahl zwischen der Fremd- und Eigenbetreuung war leichter zu fällen und das Verhältnis ausgewogener. Mit Auflösung des Betreuungsgeldes werden Eltern viel eher gezwungen sein, ihre Ideale und Überzeugung aufzugeben, zum Wohle des Geldbeutels. – Der Staat entscheidet was Eltern mit ihren Kindern zu tun haben, eben weil nur die Fremdbetreuung vom Staat gefördert wird, frühkindliche (Staats)Bildung nennen sie das!

    Unterzeichnet die Petition:
    https://www.openpetition.de/petition/online/wiedereinfuehrung-des-betreuungsgeldes

  16. #16 Stefanie
    21. November 2015

    Das einzige, was in Bayern wirklich ein Paradies ist, ist die Natur. Elterngeld und co bringen mich als alleinerziehende Mutter nicht weiter. Auch die Erhöhung des Kindergelds sowie Unterhaltsvorschuss helfen da nicht wirklich. Über die Hälfte der alleinerziehenden Mütter von Kindern unter drei Jahren muss mit weniger als 1.100 Euro im Monat auskommen. (steht zumindes hier: https://wir-sind-alleinerziehend.de/alleinerziehende-in-deutschland/) – das sagt doch wohl schon alles, oder!?

    LG

  17. #17 Mareike Friedrich
    Hamburg
    1. Juni 2019

    Hier (https://wir-sind-alleinerziehend.de/singles/single-mit-kind/) steht auch, fast die Hälfte der Alleinerziehenden in Deutschland arbeitet in Vollzeit, im Allgemeinen 70 Prozent sind erwerbstätig, dennoch reicht das Einkommen des Öfteren nicht aus. Das gibt es doch gar nicht, dass die Öffentlichkeit hier einfach zuschaut. Dann ist Hartz 4 halt einfach bequemer für viele!