Das Jahr geht zu Ende, man blickt zurück auf das alte Jahr und fasst gute Vorsätze für das neue. In unseren aufgeklärten Zeiten muss das natürlich tiefgründig durch die Wissenschaft kommentiert werden, einschlägig ist in dem Fall die Psychologie.
Die Süddeutsche Zeitung zitiert z.B. heute den Sozialpsychologen Dieter Frey mit ungeahnten Einsichten wie „Es gibt kaum Menschen, die noch nie zu Silvester Vorsätze gefasst haben“ und, bisher auch wenig bekannt: „Die einen haben feste Pläne, andere halten es lockerer“. Erfolgsvoraussetzungen erfährt man von ihm auch noch: „man muss etwas wirklich wollen“, oder, auch ganz wichtig: „wenn die Bedingungen stimmen, um Vorsätze umzusetzen, stellt sich das Gefühl der Selbstwirksamkeit ein“. Man füge in solche Sätze spaßeshalber einmal ein „nicht“ ein, dann tritt der Erkenntnisgewinn umso stärker hervor.
Beim European Food Information Council, einer, sagen wir mal „marktunterstützenden“ Organisation im Lebensmittelbereich, formuliert man deutlich anspruchsvoller: „Beispielsweise besagt eine bekannte Verhaltensmethode, das COM-B-Modell, dass eine Verhaltensweise nur dann mehr als eine konkurrierende Verhaltensweise ausgeübt werden kann, wenn die Person, die sie ausübt, die psychologische und physische Kapazität besitzt, um sie ausüben zu können, die physische und soziale Möglichkeit hat, sie auszuüben und die automatische und reflektive Motivation besitzt, um die entsprechende Verhaltensweise ausüben zu können“. Zu Deutsch: Wenn jemand nicht anders kann oder nicht will, macht er weiter wie bisher. Wer hätte das gedacht.
Und nebenan, bei Martin Moder, geht es gerade um behavioristische Ansätze der Verhaltensmodifikation, um sich z.B. die Lust auf das, was man gerne isst, durch Assoziationen mit unangenehmen Vorstellungen abzugewöhnen. Vermutlich eine moderne Form der Selbstgeißelung. Auch diese Forschung bringt Unglaubliches zutage: “Je öfter und detailreicher man sich die den Konsum und die danach auftretenden Krankheitssymptome vorstellt, desto stärker fällt der Effekt aus.” Bitte stellen Sie sich die nächsten 20 Jahre halbstündlich vor, wie Ihnen von der Weihnachtsgans übel wird, Ihr Leben wird sich ändern. Oder etwas vornehmer mit Goethe: „Wer redlich strebend sich bemüht, den können wir erlösen“.
Ich persönlich glaube ja, wir brauchen die guten Vorsätze als Ritual wie das Böllern, daher dürfen sie nicht in Erfüllung gehen und wir suchen sie dementsprechend aus: Was nicht geht und was wir nicht wirklich wollen, das sind unsere guten Vorsätze (WNGUWWNWW-Modell).
In diesem Sinne: allen Leser/innen ein gutes neues Jahr, und passen Sie auf, welche Vorsätze Sie fassen, nicht dass sie noch in Erfüllung gehen.
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