Statements wie das Tinglers hört man in letzter Zeit wieder häufiger. Offensichtlich ist die Schamfrist nach der Finanzkrise, als solche Leute ihre kesse Oberlippe etwas im Zaume gehalten haben, verstrichen. Vielleicht denken sie, bevor jetzt wirklich noch die Finanzmärkte reguliert werden, oder Lebensmittel besser gekennzeichnet, oder die Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit der modernen Arbeitssklaven eingeschränkt wird, müsse man wieder ideologisch in die Offensive gehen. Die ungute Wirklichkeit der freien Marktwirtschaft soll wieder ideologisch übertüncht werden. Kein Anstieg der Reallöhne in Deutschland im letzten Jahrzehnt? Die Hälfte aller neuen Arbeitsverträge befristet? Eine in der Welt fast schon unübertroffene Ungleichheit der Vermögen in Deutschland? Ach, diese langweilige Wirklichkeit.
Wie schreibt der liberale Denker Tingler so schön über „Fundamentalisten“ (damit meint er nicht al-Qaida, sondern die, die glauben, der Liberalismus hätte etwas mit den Irrationalitäten der Finanzmärkte oder der Leistungsverdichtung in der Arbeit zu tun): „Sie kennen nicht die essentiell moderne Unterscheidung zwischen dem, was wir empirisch wissen, und dem, was wir normativ glauben.“ Was soll man da noch sagen?
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