Das Fliegen gilt gemeinhin als sehr sicherer Reiseweg. Vor ein paar Monaten hat der SPIEGEL verkündet: „Nie war Fliegen sicherer als 2012“ und vermeldete 470 Unfalltote bei 22 Flugzeugunglücken. Weltweit wohlgemerkt.
Weniger sicher ist das Fliegen womöglich für die, die am Boden bleiben. Schadstoffe und Lärm belasten ihre Gesundheit. Das ist unstrittig. Die Frage ist, wie stark? Vor einiger Zeit war das hier im Blog schon einmal Thema, mit Blick auf die geplante 3. Startbahn am Münchner Flughafen.
Gerade ist in der Zeitschrift „Das Gesundheitswesen“ ein Artikel von Eberhard Greiser und Gerd Glaeske über die gesundheitlichen Folgen des Fluglärms am Frankfurter Flughafen erschienen. Die Autoren gehen von ca. 23.400 zusätzlichen Krankheitsfällen, 4.300 vorzeitigen Sterbefällen und 1,6 Mrd. Euro Krankheitskosten in den nächsten 10 Jahren aus. Ihre Studie überträgt Ergebnisse, die in einer früheren Untersuchung im Auftrag des Umweltbundesamtes zum Fluglärm am Flughafen Köln gewonnen wurden, auf Frankfurt.
Die Studie ist, wie nicht anders zu erwarten, sofort in die Kritik geraten. Das „Forum Flughafen & Region“, das Auftraggeber einer noch laufenden Parallelstudie zum Fluglärm am Flughafen Frankfurt ist, hat z.B. in einer Pressemitteilung vom 9.4.2013 moniert, die Studie sei gar nicht zu bewerten, solange nicht wichtige Fragen beantwortet seien – und listet diese Fragen dann auf. Manche der Fragen scheinen mir ganz berechtigt, manche etwas an der Haaren herangezogen.
Ich kann weder die Studie noch die Kritik daran fachlich beurteilen, dazu braucht es gute umweltepidemiologische, umweltmedizinische, ingenieurswissenschaftliche und andere Kenntnisse, die ich nicht habe. Aber beunruhigend ist das schon. Gibt es sozusagen „unsichtbare Flugverkehrstote“, über die in der Öffentlichkeit zu wenig bekannt ist? Die Folgen von Schadstoffen, zusätzlichem Straßenverkehr etc. kämen außerdem noch dazu. Aber auch: Müsste man nicht ebenso positive gesundheitliche Effekte eines Flughafenbetriebs, z.B. durch den sozialen und wirtschaftlichen Nutzen in der Region, der bekanntlich gesundheitlichen Nutzen nach sich zieht, gegenrechnen?
Das wäre dann ein umfassendes “Health Impact Assessment“, wie man es sich eigentlich für solche Großprojekte wünschen würde, gerade wenn man im Einzugsbereich eines Flughafens wohnt. Dass ein solches Health Impact Assessment umstritten wäre, kann als sicher gelten, aber sinnvoll wäre es wohl trotzdem. Es geht ja, wenn man groß plant, nicht nur den Juchtenkäfer.
Nachtrag: In einem Interview mit der Frankfurter Rundschau vom 11.4.2013 hat sich Eberhard Greiser zur Kritik des “Forums Flughafen & Region” und zu einigen der vom Forum gestellten Fragen geäußert. Ein streitbarer Geist bei einem Thema, bei dem sich Streiten lohnt.
Kommentare (9)