Die halbe Welt diskutiert gerade darüber, ob Satire alles darf. Ich habe darauf keine Antwort, denke aber, dass zumindest dann, wenn mit satirischen Mitteln ein aufklärerisches Anliegen verfolgt wird, Satire sehr viel darf. Gut, mir ist klar, damit verlagert sich der Streit nur darauf, was ein „aufklärerisches Anliegen“ ist und was dann wiederum damit zu legitimieren ist, was also Aufklärung darf. Aber wie schrieb Theodor Fontane 1895 angesichts des Prozesses gegen Oskar Panizza, der wegen seines satirischen Stücks „Das Himmelskonzil“ verurteilt wurde: „Wer mir zumutet, dass ich die Zeugungsgeschichte Christi glauben soll, wer von mir verlangt, dass ich mir den Himmel in Übereinstimmung mit den präraphaelitischen Malern ausgestalten soll: Gott in der Mitte, links Maria, rechts Christus, Heiliger Geist im Hintergrund als Strahlensonne, zu Füßen ein Apostelkreuz, dann ein Kranz von Propheten, dann eine Girlande von Heiligen, – wer mir das zumutet, der zwingt mich zu Panizza hinüber, oder lässt mich wenigstens sagen: ‚Wie’s in den Wald hineinschallt, so schallt es auch wieder heraus.‘ “ (Quelle: Fontane, Brief vom 8. August 1895 an Maximilian Harden, zitiert nach Oskar Panizza, Das Himmelskonzil, Dokumente, FTB 1976, S. 98).
Was Satire darf, ist aber nicht meine eigentliche Frage. Die lautet vielmehr: Was darf Journalismus? Die PEGIDA wirft dem Journalismus bekanntlich vor, zur „Lügenpresse“ verkommen zu sein. Ich frage mich, was ist dann erst von Journalisten zu halten, die sich für PEGIDA stark machen und solche Hasstiraden von sich geben:
“Der irre Kult um Schwule, Gender und Transvestiten: Total abgehobene Politiker und Medien haben sich eine Welt geschaffen, welche nichts mehr mit uns Normalbürgern zu tun hat. In ihrer abgedrehten perversen Conchita-Wurst-Welt laden sie Kinderpornos auf Bundestagsservern herunter und ballern sich mit Drogen zu, weil sie uns Normalbürger offenkundig nicht mehr ertragen können. In ihrer irren Welt debattieren sie über das Verbot von Kindersex im fernen Thailand, nur um gleich nach der Debatte auf Kosten der Steuerzahler mit dem Taxischein aus dem Bundestag auf den nur 1500 Meter entfernten Kinderstrich auf der Berliner Kurfürstenallee zu fahren. Dieses Doppelleben ruft in der Masse der Bevölkerung einfach nur noch Ekel und Abscheu hervor. Wir sagen Euch, dass Eurer Gender-Schwulen-Trassexuellen-Kult mit den realen Problemen der Menschen schlicht nichts zu tun hat.”
Quelle: Udo Ulfkotte: “16 Argumente, um für PEGIDA auf die Straße zu gehen.” Bei Kopp-online einen Tag vor Weihnachten 2014 veröffentlicht. Der zitierte Passus ist Punkt 14 seiner „Argumente“. Ein Kommentar im Blog zoon politikon nebenan hat darauf aufmerksam gemacht.
Dem Kopp-Verlag extra Klickzahlen verschaffen will ich nicht, daher fehlt hier absichtlich der Link. Wer nicht glauben will, dass Udo Ulfkotte das wirklich geschrieben hat, wird sich schon zur Quelle durchgoogeln können. Diese Hasstirade verdient es, aus dem Halbdunkel von Kopp online an’s Licht der Öffentlichkeit gezerrt zu werden. Da kotzt sich das ungesunde Volksempfinden aus. Darf Journalismus alles?
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