In der Ottawa-Charta der Weltgesundheitsorganisation, sozusagen den 10 Geboten der Gesundheitsförderung, findet sich der Satz „The aim must be to make the healthier choice the easier choice” – ganz im Sinne der Nudges. Anzumerken ist allerdings, dass es dabei um die „policy makers” ging. In der Ottawa-Charta findet sich außerdem der Ansatz des „Empowerments“, der gemeinschaftlichen Anstrengung, mehr Selbstbestimmung über die eigene Gesundheit zu gewinnen: „This includes a secure foundation in a supportive environment, access to information, life skills and opportunities for making healthy choices. People cannot achieve their fullest health potential unless they are able to take control of those things which determine their health”. Passt das wirklich bruchlos zum verhaltensökonomischen Ansatz, der Menschen dahin bringen will, freiwillig zu tun, was andere für richtig halten?
Mir scheint, wie jede Intervention sind auch die Nudges nicht nebenwirkungsfrei, schon gar nicht in Verbindung mit Selbstüberwachungstechnologien. Sie verändern Verhalten, aber ob sie es immer im Sinne kluger Entscheidungen, unserer klugen Entscheidungen tun? Wann helfen sie uns, uns nicht selbst im Weg zu stehen, wann unterstützen sie die Selbstbestimmung der Menschen? Und wann konfektionieren sie das Verhalten nur normgerecht, wann machen sie unser Verhalten abhängig von extern gesetzten Impulsen oder Belohnungen aus einer zielgerichteten Gamifizierungsumgebung? Sozialtechnologisch unspürbar gemachte Fremdbestimmung ist noch keine Selbstbestimmung, aber wo verläuft im Einzelfall die Grenze? Die Diskussion ist in den Gesundheitswissenschaften noch zu führen.
Kommentare (21)