Blitzschläge waren vor einem halben Jahrhundert in Deutschland noch für 50 bis 100 Todesfälle jährlich verantwortlich (Zack/Rotschild/Wegener, Dt. Ärzteblatt 2007). Erfreulicherweise ging die Zahl der Blitzschlagtoten deutlich zurück. In den letzten 10 Jahren waren es im Durchschnitt nur noch knapp 3 pro Jahr. Inzwischen ist somit der Lotto-Sechser wahrscheinlicher als der Tod durch Blitzschlag. Nicht selten sind mehrere Personen gleichzeitig betroffen, etwa wenn sie zusammen im Freien arbeiten – 2007 kamen so drei Bauarbeiter in Sachsen ums Leben – oder gemeinsam Sport im Freien treiben – 2012 wurden vier Frauen in Hessen beim Golfen vom Blitz erschlagen.

Blitzschlag

Das Rettungswesen und die Notfallmedizin werden an dieser Entwicklung ihren Anteil haben, aber wenn man den Rückgang der Todesfälle durch Blitzschlag auch als Indikator für eine geringere Risikoexposition interpretieren darf, scheinen wir uns weniger als früher im Freien aufzuhalten. Dazu passt z.B. der Rückgang der Beschäftigten in der Land- und Forstwirtschaft von ca. 1,4 Mio. im Jahr 1980 auf ca. 640.000 im Jahr 2013. Die Zahl der Blitzschlagtoten korreliert mit den Erwerbstätigen in der Land- und Forstwirtschaft mit 0,87 recht hoch. Eine sinnvolle Korrelation – oder ein Beispiel für spurious correlations wie bei der Zahl der Störche und der Geburten, oder wie bei manchen von Impfgegnern vorgebrachten Zusammenhängen von Krankheiten und sonstewas?

Kommentare (15)

  1. #2 Alisier
    13. Juni 2015

    Das einer der Autoren “Zack” heißt, ist sicher auch kein Zufall…..aber lassen wir die Albernheiten.
    Ich denke auch, dass Aufenthalte im Freien, besonders bei drohendem Gewitter heutzutage von fast jedem beendet werden ( können). Und ausgiebiges draußen sein, einfach so, ist auch seltener geworden. Inzwischen begegnet mir in manchen Gegenden kaum noch jemand, der sich nicht auf irgendeine Weise schnell fortbewegt. Müßiggang in der Natur scheint aktuell verpönt.
    Die Einzigen, die immer noch da sind, und auch bleiben sind die Angler, aber bei denen sind die langen Fahnenmaste inzwischen auch kürzeren Geräten gewichen.
    Der Blitz verliert langsam seinen Schrecken. Aber wir haben ja gottseidank noch viele andere potenziell tödliche Natur- und Menschengewalten um uns unsanft aus dem Leben zu befördern. Es soll ja nicht langweilig werden.

  2. #3 Dr. Webbaer
    14. Juni 2015

    Der Schreiber dieser Zeilen hat man als junger Bär bei Blitz und Donner Fußball gespielt – und ein Blitz hat in Nähe des (improvisierten) Fußballfeldes eingeschlagen.
    Es gab keine Verletzten, aber es war ein Erlebnis.

    Ansonsten wird wohl heute weniger bei Blitz und Donner im Freien Fußball gespielt, metaphorisch gemeint, eine, das Fachwort, geringere Risikoexposition, nettes Wort btw, angenommen.

  3. #4 Omnivor
    Am Nordpol von NRW
    14. Juni 2015

    Mir wurde immer eingetrichtert “Das Auto ist sicher. Es ist ein Faradayscher Käfig”. Gilt das eigentlich noch für moderne Karosserien aus Alu oder Karbon?

  4. #5 Eheran
    14. Juni 2015

    Da beides den elektrischen Strom leitet: Ja.

  5. #6 Nordlicht_70
    14. Juni 2015

    Sind in dieser Statistik nur diejenigen Todesfälle erfasst, die von einem Enschlag direkt erwischt wurden oder auch diejenigen, die durch Folgeschäden umkamen?
    (umstürzende Bäume, Gebäude mit defektem Ü-spannungsschutz, ….)

    • #7 Joseph Kuhn
      14. Juni 2015

      @ Nordlicht_70: Die Todesursachenstatistik verschlüsselt nach der WHO-Version der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD). Todesfälle durch Blitzschlag werden dort unter der ICD-Ziffer T75.0 (bzw. X33) verschlüsselt, das sind die Zahlen in der Grafik oben. Tod durch andere Blitzfolgen als den direkten Blitzschlag werden woanders verschlüsselt, der umstürzende Baum z.B. unter der ICD-Ziffer W20, ohne dass die Gründe, warum ein Baum umgestürzt ist, näher spezifiziert sind.

  6. #8 Karl Mistelberger
    15. Juni 2015

    > #4 Omnivor, Am Nordpol von NRW, 14. Juni 2015
    > Mir wurde immer eingetrichtert “Das Auto ist sicher. Es ist ein Faradayscher Käfig”. Gilt das eigentlich noch für moderne Karosserien aus Alu oder Karbon?
    > #5 Eheran, 14. Juni 2015
    > Da beides den elektrischen Strom leitet: Ja.

    Na ja: “Je nach Intensität des Blitzes wird jedoch die Carbonfaser während des Ableitevorganges derart stark erhitzt, daß sie im Laminat zu Kohlenstaub zerfällt.”

    Mehr über unerwünschte Wirkungen: https://www.tis-gdv.de/tis/tagungen/kasko/wsp_2007/02klotz/inhalt06.htm

  7. #9 Nordlicht_70
    16. Juni 2015

    @Joseph Kuhn
    Ah, danke.

  8. #10 José Monschus
    19. Juni 2015

    @Mistelberger bzw. tis-gdv.de
    Meine Güte, was so eine humanistische Bildung anrichten kann: “…pharadeischer Käfig…”

  9. #11 BreitSide
    11. Juli 2015

    Störche und Geburten haben durchaus eine sinnvolle Korrelation: Durch Nutzbarmachen/Vernichten der Feuchtwiesen wurde sowohl die Storchenpopulation dezimiert als auch der Wohlstand erhöht, was bekannterweise die Geburtenraten senkt..

    • #12 Joseph Kuhn
      11. Juli 2015

      “Störche und Geburten haben durchaus eine sinnvolle Korrelation …”

      Ja, in gewissem Sinne, es gibt vermutlich Confounder für den Rückgang von Störchen und Geburten, d.h. Faktoren, die beides beeinflussen. Der von Ihnen genannte Sachverhalt wird in diesem Zusammenhang immmer wieder angeführt. Aber das ist keine kausale Beziehung zwischen der Zahl der Störche und der Zahl der Geburten. Die Abnahme der Zahl der Beschäftigten in der Land- und Forstwirtschaft, also einer relevanten Risikopopulation, könnte dagegen tatsächlich eine (Mit-)Ursache für die Abnahme der Zahl der Blitzschlagtoten sein.

  10. #13 Dr. Webbaer
    12. Juli 2015

    Wenn auf die Natur bezogen Korrelationen Sinn zugesprochen wird, auf Basis einer Theorie, erfolgt diese Entscheidung mutwillig oder wahlfrei, das Fachwort hier: Kausalität.
    In der Philosophie oder Tautologie oder Mathematik gibt es (erst mal) keine Korrelationen (es sei denn es werden hoch komplexe Systeme erdacht, entwickelt und betrieben, die sich dem Urverständnis sozusagen entziehen).

    • #14 Joseph Kuhn
      12. Juli 2015

      “In der (…) Mathematik gibt es (…) keine Korrelationen”

      … es sei denn, man erinnert sich an Bravais oder Pearson?

  11. #15 Dr. Webbaer
    12. Juli 2015

    @ Herr Dr. Kuhn :
    Gerne mal substantiiert gegenrednerisch werden, falls beabsichtigt.