… werch ein illtum. So sah es vor vielen Jahren Ernst Jandl, als hätte er vorher gesehen, was sich bei der Hayek-Gesellschaft gerade abspielt. Friedrich August von Hayek (1899 – 1992) ist einer der Säulenheiligen des Glaubens an die freie Marktwirtschaft. Manchmal wird er etwas arg in eine sozialdarwinistische Ecke gestellt, aber er hat auch wirklich ein paar böse Sachen in dieser Richtung gesagt.

In der Hayek-Gesellschaft haben sich seine geistigen Erben versammelt, die wie er Freiheit im Wesentlichen als Marktfreiheit verstehen. Es scheint, als ob aus der Sicht seiner wahren Jünger darunter immer mehr Erbschleicher sind, die den Namen des Herrn missbrauchen.

Nachdem sich gerade die AfD über die Diskussion der Abgrenzung gegenüber Rechts zerlegt hat, folgt nun die Hayek-Gesellschaft. Von der Vorsitzenden Karen Horn über den FDP-Vorsitzenden, wie hieß der gleich nochmal, den AfD-Onkel Henkel bis zum Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, verlassen 50 Mitglieder den Verein. Die FAZ zitiert den zurückgebliebenen Sekretär der Gesellschaft mit den Worten, er “wolle sich nicht auf ein ‘linkes’ Liberalismus-Verständnis festlegen lassen.”

So weit ist es gekommen, dass Christian Lindner, genau, so hieß er, und Michael Hüther als links gelten. Ob sie schon einen Antrag auf Aufnahme in die Linkspartei gestellt haben, ist nicht bekannt.

Und für die, die sich etwas in das Freiheitsverständnis Hayeks und der Kritik daran einlesen wollen, zwei Leseempfehlungen:
1. Viktor J. Vanberg (Hrsg.): Hayek Lesebuch. Tübingen 2011.
2. Lisa Herzog: Freiheit gehört nicht nur den Reichen. Plädoyer für einen zeitgemäßen Liberalismus. München 2013.

—————————
* Hier stand kurz die Originalzeile von Ernst Jandl, die auch überall im Internet zu finden ist, aber angeblich urheberrechtlich geschützt ist. Ich habe daher vorsichtshalber eine künstlerisch eigenständige Interpretation geschaffen, die durch die Vertauschung von rechts und links performativ eine gewagte affirmative Distanz gegenüber dem Original zum Ausdruck bringt und diese durch die Rücknahme der Jandlschen Sprachform ins Gewöhnliche in überraschender Weise exzessiert. Das Urheberrecht dafür liegt bei mir.

Kommentare (17)

  1. #1 Dr. Webbaer
    15. Juli 2015

    Ja, da haben wohl einige bei der Hayek-Gesellschaft die Meinung entwickelt, dass wertkonservativ zu sein, das Sittliche meinend, nicht mehr geht in der genannten Gesellschaft….

    Die den Konflikt hochkochende Dame ist dem Schreiber dieser Zeilen übrigens schon lange aufgefallen, hat wohl ihr Mobiliar überschätzt, die Dame ist nun weg, gut, aber sie hat massiven Schaden angerichtet, schlecht.

    MFG
    Dr. W (der im Abgang noch gerne ergänzt, dass Liberale primär auf der Schiene “freiheitlich-kollektivistisch” und deutlich weniger auf der “lechts-rinks”-Schiene denken (und bedarfsweise kommunizieren))

  2. #2 Dr. Webbaer
    15. Juli 2015

    PS + vielleicht noch anders + deutlicher formuliert:

    Liberale denken ihrem Wesen entsprechend auf der Schiene “freiheitlich-kollektivistisch”, Liberale haben eigentlich keine besondere Meinung zu wertkonservativen Sichten wie wertprogressiven Sichten, die sie als Liberale öffentlich vertreten möchten.

    Beispielsweise wäre die sogenannte “Ehe für alle” (Gauck, hat der die wirklich so genannt und gefordert?) aus liberaler Sicht als wertprogressiv problemlos OK, genauso wie das Bestehen-Halten der üblichen Ehe, was dann wohl wertkonservativ wäre, OK ist.
    Der Liberalismus sagt dazu nämlich nix.

    Und genau das hat die Dame nicht verstanden oder nicht verstehen wollen, die Dame wollte die Wertkonservativen aus der genannten liberalen Gesellschaft raushaben, was ihr natürlich gar nicht zusteht.

    Die Dame hat anscheinend die genannte Gesellschaft auf eine bestimmte wertprogressive Linie, denkbarerweise auch mit anderen abgesprochen, mit “Lindie” beispielsweise, bringen wollen.

  3. #3 rolak
    15. Juli 2015

    Zu den Auswirkungen eingeschränkt orientierungsfähiger Weltsicht, ob nun bedingt durch zu viel Bärendreck oder engstsitzende Scheuklappen, berichte ich gerne vom komödiantischen Höhepunkt der End1970er in Köln: Der RFS bekam einen Sitz im Asta (StuPa?), dessen Inhaber auf die Koalitionsanfrage des RCDS den Klassiker losließ: “Mit solch linkem Gesocks werden wir niemals zusammenarbeiten!”

    Warum auch sollte Selbstzerfleischung ein alleinstellendes Merkmal der organisierten Linken sein – das kann jeder.

  4. #4 Joseph Kuhn
    15. Juli 2015

    Hier kann man die Liste der kommunistischen Plattform der Liberalen einsehen:
    https://www.erklaerung-leipzig.de

    Lauter roten Socken! Kein Wunder, dass der ehrenwerte Professor und Hayek-Vereinsmeier Erich Weede solchen Leuten, vor allem Sarah Wagenknecht, äh Karen Horn, im erzliberalen Blatt “Junge Freiheit” den Kampf angesagt hat. Die wollen doch nur kapitalistischen Internationalismus, also Finanz-Bolschewismus! Und haben daher auch nichts gegen fremde Menschen im Land! Wahre Freiheit ist aber, das weiß jeder, der die “Junge Freiheit” liest oder einmal bei der Freiheitsbewegung PEGIDA mitmarschiert ist, dass man im eigenen Land doch wohl noch sagen darf, dass …

  5. #5 Dr. Webbaer
    15. Juli 2015

    “Lindie”-konforme Neugründung übrigens schon in der Mache…

  6. #6 LasurCyan
    15. Juli 2015

    das kann jeder.

    Genau so isses, rolak, nur bei Linken ist es ein bug, bei vermeintlich Liberalen ist es ein feature^^

  7. #7 Alisier
    15. Juli 2015

    Hmja…….so schräg wie entlarvend.
    Danke für das Daraufaufmerksammachen.

  8. #8 Joseph Kuhn
    15. Juli 2015

    Noch ein Einblick ins Innenleben der verwirrten Marktliberalen:

    Am 1. Juli hat die resignierte Vereinsvorsitzende Karen Horn im “Schweizer Monat” einen Artikel unter der Überschrift “Auf dem rechten Auge blind?” veröffentlicht.

    Darin grenzt sie sich erst mal aus taktischen Gründen von “Linksliberalen” ab. Damit meint sie nicht den alten Herrn Baum, die sieht sie vielmehr in der Süddeutschen Zeitung am Werk, vermutlich Kryptosozialisten wie Guido Bohsem, die sich nur geschickt durch ihre Plädoyers für das freie Spiel der Marktkräfte, z.B. im Pharmageschäft oder bei der Tabakwerbung, als Liberale tarnen. Sie seien zwar “typische Liberale”, aber sie verfehlen “(…) allzu oft die Hayekʼsche Massgabe, nach der die Gesetzgebung sich darauf beschränken sollte, nur die im Zuge der kulturellen Evolution gleichsam nebenbei herausgebildeten Regeln zu kodifizieren.”

    Ist das nicht ein wunderbarer Satz? Kodifizieren wir den griechischen Schlendrian, statt ihn zu reformieren. Eine Empfehlung, wie ihn die linke Syriza-Regierung immer von Schäuble hören wollte. Kein Wunder, dass Rechtsliberale Frau Horn ein “linkes Liberalismus-Verständnis” vorwerfen. Ein anderes natürlich als in der Süddeutschen Zeitung, das ist nicht einfach zu verstehen, ich gebe es zu.

    Dann grenzt sich Frau Horn zur anarchischen Seite und nach Rechts ab. Über die “Contrarians” (muss man nicht kennen, Leute, die z.B. den Klimawandel bestreiten) schreibt sie: “Sie gebärden sich als Staatshasser und versprühen antisozialistisches Gift” – kein Wunder, dass sie jetzt für diese Leute als moskaunahe Verteidigerin des Sozialismus gilt. Und an den “wertkonservativen Liberalen”, vermutlich das Chiffre für Rechtsaußen, kritisiert sie nicht nur, dass sie an alten Familienbildern festkleben oder an der Volksgemeinschaft: “Zu allem Überfluss verbinden sich solche Ausfälle dann meist mit einem demagogischen, geifernden Ton.” Echt? So was gibt es unter Liberalen? Volksgemeinschaft ginge ja noch, aber geifernder Ton, das geht wirklich zu weit!

    Solche Artikel schreibt man vermutlich, wenn viel passiert ist. Arme Liberale, wo ist denn jetzt rechts und links, oben und unten? Und Oliver Welke macht Urlaub bis September.

  9. #9 Dr. Webbaer
    16. Juli 2015

    Hier noch der ursprüngliche Angriff der Dame, der wohl nur an dieser Stelle im Web bereit steht, jedenfalls nicht bei der FAZ:
    -> https://de-de.facebook.com/permalink.php?story_fbid=801347736628959&id=227145967382475 (Herr Miersch übrigens “auch so einer”)

    MFG
    Dr. W

    PS:
    Das hier – ‘Und an den “wertkonservativen Liberalen”, vermutlich das Chiffre für Rechtsaußen’ [Dr. Kuhn] – ist ja genau weiter oben vom Schreiber dieser Zeilen versucht worden zu erklären…

  10. #10 Dr. Webbaer
    16. Juli 2015

    Wow, “Lechts und rinks” also bundesdeutsch, so wird zumindest vermutet, ‘urheberrechtlich geschützt’; klingt echt liberal, lol, btw:
    Aus dem Webverweis haben’S noch nicht rausgekürzt, geht nicht gell, bei WordPress?!

    • #11 Joseph Kuhn
      16. Juli 2015

      Danke für den Link zu Frau Horns Fatzebook-Eintrag, in der Tendenz wie der spätere Artikel im “Schweizer Monat”. Die Abneigung gegen den Gedanken der Solidarität und Nächstenliebe reicht offensichtlich nicht aus, um die eher bürgerlich-individualistische “Jeder sorge für sich selbst”-Fraktion und die eher kleinbürgerlich-nationalistische “Was gehen mich fremde Menschen an, sie sollen wegbleiben”-Fraktion zusammenzuhalten. Frau Horn mag näher bei Hayek sein als die von ihr so genannten “Werkonservativen” mit dem Schaum vorm Mund (was für “Werte” vertreten die nochmal?), aber letztlich ist auch Hayeks Denken nur noch eine Antwort auf Fragen von gestern. Frau Horns oben zitierten Satz, die Gesetzgebung solle sich auf die Kodifizierung des evolutionär Entstandenen beschränken – streng hayeksch – kann man nur zur Meditation über gedankliche Abgründe empfehlen. Eine Monstrosität.

  11. #12 Dr. Webbaer
    16. Juli 2015

    Also Frau Horn wird der Schreiber dieser Zeilen sicherlich nicht verteidigen, er hat auch nur die aktuellen Texte der Dame gescannt, weil er deren Texte schon längere Zeit kennt, sie sind subjektiv eingeschätzt nicht ausreichend verständig und lesenswert.
    Frau Horn steht der bundesdeutschen Partei des real existierenden Liberalismus nahe, ist vielleicht auch Mitglied, äußert sich zu FDP-Fragen öffentlich.

    Dass der Liberalismus zu vielen sittlichen Fragen, sogenannte wertkonservative und wertprogressive Einstellungen meinend, nichts sagt, ist mittlerweile bei Ihnen angekommen? Dass der Liberalismus nicht totalitär (“ganzheitlich”) ist, zu vielen Fragen nichts sagt, und gerade nicht dazu einlädt, dass sich Liberale, wie geschildert, gegenseitig die Köpfe einschlagen, dito?

    Hayek wird übrigens ebenfalls hier sehr geschätzt, weil Hayek ziemlich geschwätzig war und im Liberalen ziemlich global dachte, ‘modern’ ginge auch.

    MFG
    Dr. W

  12. #13 Hobbes
    16. Juli 2015

    Es ist einfach ein absurder Irrglaube das Rechts und Links Gegensätze wären. Liberalismus hat mit rechts und Links erst einmal nichts zu tun außer das er das was die beiden “Seiten” als Schnittmenge haben ablehnt. Rechts/Linksliberal sind ja eben Wortschöpfungen weil liberal alleine keine ausreichende Beschreibung ist. Bei ganz vielen Themen kann man auf rein liberaler argumentativer Basis beide Positionen einnehmen. Erst wenn Themen im Kontrast zwischen Individualität und Gemeinschaft stehen steht die Liberale Position den Rechten und den Linken gegenüber.
    In der Diskussion geht das oft unter. Da wird Teilweise wirklich behauptet es wäre Links wenn man gegen Überwachung wäre. Oder Individuelle Förderung wäre Links. Auch Homoehe wäre Links. Man muss sich mal vorstellen in den 70gern hätte jemand behauptet die Ehe wäre ein Linkes Konstrukt. Links wäre die Abschaffung der Ehe.
    Eine staatliche Krankenkasse ist zum Beispiel sehr Links und sehr Rechts aber sehr illiberal. Trotzdem wird sich kaum ein Liberaler in Deutschland dagegen aussprechen wie sich auch kaum ein Linker gegen die Homoehe stellt. Das sind realpolitische Verflechtungen von Ansichten haben aber nicht direkt etwas mit den Werten zu tun.
    Für liberal halten sich sowohl die Piraten wie die AFD die Grünen als auch die FDP trotzdem haben diese Parteien extrem unterschiedliche Positionen (von denen viele das Gegenteil von Liberal sind)

    Lustig wird es immer wenn die Linke versucht sich von den Querfronten zu Distanzieren. Dann ist man nämlich auf liberale Argumente angewiesen um so zu tun als gäbe es keine gemeinsamen Ansichten mit den Rechten. Deshalb wird ja auch verzweifelt versucht alles Böse als Neoliberal als da zu stellen. Da wird eine Bankenrettung auf einmal Neoliberal und das androhen keiner Bankenrettung (Stopp der ELA-Ausweitung an griechische Banken) als genau so Neoliberal. Sogar Kapitalverkehrskontrollen werden mit diesem Label bestückt. Die Senkung der Hotelmehrwertsteuer ist dann auch bei der Linkspartei und der CSU im Wahlprogramm ist bei Umsetzung dann aber auch ein Neoliberaler “Mövenpick” Akt. Wobei mir mal bitte jemand erklären soll wie man Liberal für die Zugehörigkeit der entsprechenden Steuerklasse argumentieren soll. Einer meiner medialen Lieblingsakte der Vergangenheit war ja immer noch die Schleckerfrau.

  13. #14 Hobbes
    16. Juli 2015

    Ich muss mal eben was Nachreichen.
    Jakob Augstein gerade im Spiegel:
    ” Der Neoliberalismus ist eine Religion, und die Politik der Austerität ist ihr Ritus.”
    Ja genau. Die urliberale Ausgabenregulierung.

  14. #15 Dr. Webbaer
    16. Juli 2015

    “Links” und “Rechts” sind Sitzordnungen in Parlamenten geschuldet, links meint die internationalistischen Kollekivisten, rechts die Konservativen und Nationalsozialisten, metaphorisch werden die Adjektive gerne auch willkürlich verwendet.

    Politologisch gibt es die gerne in der BRD behauptete Kontinuiät “rechts-rechter-Nazi” jedenfalls nicht, die “links-linker-Stalinisten/Maoisten/Rote Khmer etc.” Kontinuität dagegen schon, wobei natürlich u.a. bei der altehrwürdigen SPD nicht erst seit Tucholsky gewusst wird, dass zumindest mit ihr die Revolution nicht kommen wird.

    Vielleicht noch eine etwas wenig nette Ergänzung zu unseren konservativen (unseren “rechten” Freunden):
    Der Konservativismus ist sozusagen innen hohl, er bezieht auf die Zeitschiene, konservativ eben auf Gewesenes & die an Konservative gerichtete Frage “Welchen Konservativismus vertreten Sie genau?” wird meist mit Gestammel beantwortet.

    Weil der Konservativismus ähnlich wie der Progressivismus von Haus aus relativ ist, im Gegensatz zum Sozialismus, zur Sozialdemokratie, zum Ökologismus und zum Liberalismus beispielsweise; es bleibt insofern auch möglich bspw. strenge Khomeinisten, Kulturrevolutionäre/Maoisten oder Stalinisten als konservativ zu bezeichnen.

    HTH
    Dr. W

  15. #16 Dr. Webbaer
    16. Juli 2015

    Gaa, das Fachwort, vgl. auch mit der Urban Dictionary, da hat der Schreiber dieser Zeilen, der Webbaer, aber sprachlich einiges nicht auf die Reihe bekommen, anzunehmenderweise wegen der aktuellen Hitze nicht.

    Der Artikel, so schlicht und gelungen er auch ausgefallen sein mag, dem hiesigen werten Inhaltegeber sei wieder gedankt, ist natürlich inhaltlich letztlich hoch komplex und spricht einige Aspekte an, die hier erst einmal abschließend als Fragestellungen aufgereiht werden sollen:
    1.) Was ist da genau bei der Hayek-Gesellschaft passiert?
    2.) Warum ist das, was dort passiert ist, aus liberaler Sicht zumindest, gar nicht gut und wäre höchst vermeidbar gewesen?
    3.) Was genau ist mit “rechts” und “links” sinnhafterweise gemeint, gerne auch: politologisch?
    4.) Könnte, wiederum mit (gerne auch: wissenschaftlichem) Anspruch alternativ und vermutlich deutlich besser kategorisiert werden?

    MFG
    Dr. W (der sich nun einstweilen hierzu zurückziehen wird)

  16. #17 Dr. Webbaer
    20. Juli 2015

    Interessant vielleicht auch die Menge an Texten, die mittlerweile zu dem kleinen Drama bei der Hayek-Gesellschaft bereit steht…