Der Arzt Jens Wurster und seine Behauptungen zum Thema Krebs und Homöopathie waren hier auf Gesundheits-Check schon zweimal Thema. Bei den Skeptikern habe ich gerade einen Hinweis auf einen Leserbrief Wursters in den „Badischen Nachrichten“ gefunden. Wurster schreibt dort:
„Ja, und es ist tatsächlich so, dass es mir und unserem Team in der Clinica St. Croce gelungen ist, mit Hilfe der Homöopathie und der Schulmedizin zusammen Krebspatienten, die schulmedizinisch austherapiert waren, so gut zu behandeln, dass sie auch nach zehn Jahren immer noch leben.“
Dazu gehören drei Nachfragen:
1. Woher weiß Herr Wurster, dass das Überleben der Patienten durch die Homöopathie verursacht wurde und nicht durch die konventionelle Behandlung?
2. Was ist eine Behandlung „mit Hilfe der Homöopathie und der Schulmedizin zusammen“ bei Patienten, die „schulmedizinisch austherapiert waren“?
3. Wo ist der Vergleich des Überlebens mit einer rein konventionell behandelten Patientengruppe, wo die Publikation, die das peer review überstanden hat?
Wurster weiter:
„Wenn Patienten mit Pankreaskarzinomen offiziell nach sechs Monaten sterben und mit der Chemo sterben sie sechs Wochen später, dann soll das die Therapie der Wahl sein? Wir haben hier Patienten mit Pankreastumoren, die nach zehn Jahren noch beweisbar leben und oft ist die Kombination der Schulmedizin und der Homöopathie ideal, um das Immunsystem der Patienten wieder anzuregen, damit der Tumor besiegt werden kann.“
Bauchspeicheldrüsenkrebs hat eine relative 5-Jahres-Überlebensrate von ca. 5 %. Das klingt in der Tat erst einmal danach, als ob sich da keine Chemotherapie mehr lohnt. Aber Onkologen verweisen darauf, dass eine Chemotherapie hier nicht nur mit Blick auf die Überlebenszeit in Betracht zu ziehen ist, sondern auch, weil sie das Auftreten von Krankheitsbeschwerden, die mit dem Tumor einhergehen, hinauszögern und abmildern soll, damit die Patienten in der ihnen verbleibenden Zeit eine bessere Lebensqualität haben. Man kann die Frage Wusters, ob Chemotherapie die Therapie der Wahl sein soll (was natürlich die – informierte – Entscheidung des Patienten sein muss), so verstehen, dass er davon abrät. Ganz klar sagt er es nicht, er spricht im nächsten Satz ja von der „Kombination von Schulmedizin und der Homöopathie“, sprich der Hilfsschulmedizin, aber ein Plädoyer dafür, die Chemotherapie zumindest in Erwägung zu ziehen, eine informierte Entscheidung zu treffen, ist das sicher nicht.
Auch hier drei Nachfragen:
1. Falls das mit den nach 10 Jahren noch lebenden Bauchspeicheldrüsen-Patienten überhaupt stimmt: Woher weiß er, dass sie wegen der Homöopathie oder wegen der „Kombination von Schulmedizin und der Homöopathie“ noch leben? Könnte es nicht auch nur die konventionelle Behandlung gewesen sein? Oder die Selektion der Patienten?
2. Woher weiß er, dass die „Kombination von Schulmedizin und der Homöopathie“ ideal ist, um das Immunsystem der Patienten wieder anzuregen? Wo ist der immunologische Nachweis?
3. Wurster behauptet sogar, dass mit seiner Behandlung der „Tumor besiegt werden kann“. Bei diesem aggressiven Tumor wäre das nobelpreiswürdig. Wo also ist wo die Publikation über die Erfolge der Behandlung von Bauchspeicheldrüsenkrebs durch Homöopathie, die das peer review überstanden hat?
Die fraglichen Publikationen gibt es natürlich nicht. Es gibt nur ein paar Patiententestimonials und Wursters Behauptung, Krebs, auch Bauchspeicheldrüsenkrebs homöopathisch besiegen zu können. Und interessiert das den Zentralverein der homöopathischen Ärzte? Nein! Lobbyistensolidarität geht dort über Patientenwohl. Die Patienten werden ja schon merken, was hilft – oder auch nicht.
Deswegen sind Initiativen wie die Petition gegen politisch gedankenlose Schirmherrschaften für Homöopathentreffen, das „Netzwerk Homöopathie“ oder Bücher wie das von Norbert Schmacke gegen die rechtliche Privilegierung der Homöopathie so wichtig.
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