Deutschland ist das letzte Land in der EU, in dem noch auf Plakaten und im Kino für Zigaretten geworben werden darf. Eigentlich wollte die Bundesregierung das endlich ändern und hat im Frühjahr ein weitreichendes Tabakwerbeverbot beschlossen. Erst ab 2020, aber immerhin. Das Thema und die merkwürdigen Einlassungen der Tabaklobby dazu wurden auch hier auf Gesundheits-Check schon diskutiert.
Im aktuellen SPIEGEL 40/2016 kann man nun nachlesen, dass es mit dem Vorhaben vielleicht doch nichts mehr wird. Beispielsweise machen die Kommunalpolitiker gegen den Gesetzentwurf mobil. Sie fürchten um die Finanzierung von öffentlichen Bus- und Toilettenhäuschen, wenn dort nicht mehr für Zigaretten geworben werden darf. Auch sonst hat die Tabakindustrie erfolgreich ihre „Argumente“ ins politische Berlin injiziert, vom drohenden Arbeitsplatzverlust bis zur unnötigen Bevormundung der Bürger. Angeblich, so der SPIEGEL, möchte CDU/CSU-Fraktionschef Kauder daher den Gesetzentwurf in dieser Legislaturperiode am liebsten gar nicht mehr zur Abstimmung bringen. Der Entwurf würde mit der Bundestagswahl 2017 dann, wie es im Parlamentsdeutsch so schön heißt, „der Diskontinuität verfallen“, sprich, nach der Wahl stünde alles wieder auf Null.
Damit würde sich die unendliche Geschichte erfolgreicher Lobbyarbeit der Tabakindustrie gegen Werbeeinschränkungen in Deutschland einmal mehr fortsetzen. Gut, die Tabaklobby ist versiert und vernebelt so manchem Politiker den Verstand. Restlos prioritätenverwirrt klingt aber, was der SPIEGEL über ein Gespräch des zuständigen Landwirtschaftsministers Christian Schmidt mit den Verbraucherexperten der Koalition vom vergangenen Dienstag kolportiert – falls die Story stimmt: „Als es um die Frage ging, was in dieser Wahlperiode wichtiger sei, das Verbot der Pelztierhaltung oder das der Tabakwerbung, antwortete die SPD-Abgeordnete Ute Vogt: ‚Dann lieber die Pelztiere.‘“
120.000 vorzeitige Sterbefälle werden dem Tabakkonsum jährlich in Deutschland zugeschrieben. Wer weiß, wenn es Juchtenkäfer wären …
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