Am Freitag war ich in den Münchner Kammerspielen. Carolin Emcke, die 2016 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet wurde, hat dort aus ihrem Buch „Gegen den Hass“ gelesen. Zwei Punkte davon seien hier kurz angerissen.
Der erste: Carolin Emcke hat sich viel Gedanken darüber gemacht, wo der neuerdings so offen vorgetragene Hass in den Medien und bei Demos herkommt und was ihn stabilisiert. Eine wichtige Rolle dabei spielt, so Emcke, der Verzicht auf Differenzierung. Wer differenziere, könne nicht mehr so unbefangen Gruppen hassen, die anders aussehen, anders glauben oder anders lieben. Zum Hass gehört die absolute Gewissheit, und zwar auch die absolute Selbstgewissheit. Darin liegt schon an sich ein soziales Differential, eine Verweigerung des Gesprächs in gegenseitigem Respekt und auf Augenhöhe. Das scheint mir auch bei manchen Diskussionen um „Glaubensfragen“ hier auf scienceblogs der Fall zu sein, bei den Genderdebatten ebenso wie bei Religionsfragen.
Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte, betrifft Emckes Überlegungen dazu, wie man dem Hass begegnen soll, was an gesellschaftlichen Ressourcen dagegen zu mobilisieren ist. Natürlich Kritik und Flagge zeigen. Aber gegen den Hass könne man nicht nur mit Kritik, auch nicht mit noch so differenzierter Kritik, angehen. Es seien auch positive Phantasien und Experimente eines guten Lebens nötig, um sichtbar zu machen, was man Schönes, Aufregendes und Erfreuliches mit seinem Leben und seiner Freiheit anfangen kann. Ich glaube, auch da hat sie Recht. Die Angst vom dem Dunkeln lässt im Hellen schnell nach.
Beides klingt in meinen Worten nicht fürchterlich umwerfend, da ist das Original entschieden besser. Ich werde das Buch wohl mal lesen. Vielleicht hat es jemand schon gelesen und kann etwas mehr dazu sagen?
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Carolin Emcke: Gegen den Hass. S. Fischer-Verlag, Frankfurt, 20 Euro
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