Homöopathen sind erfahrene Werbespezialisten. Sie verkaufen ein Produkt, das gegen so ziemlich alles helfen soll, von der Erkältung bis zur Krebserkrankung. Auch die Behandlung von Ebola fehlt nicht im Angebot. Noch dazu sanft und nebenwirkungsfrei, also ein Allheilmittel, wie man es sich wünscht.
Auf der Internetseite Homöopathie-Online wird seit ein paar Wochen die homöopathische Behandlung einer genetischen Erkrankung beworben, dem Prader-Willi-Syndrom. Angeblich war man damit am v. Haunerschen Kinderspital der Ludwig-Maximilians-Universität München erfolgreich:
„Im Rahmen der Forschungsarbeit führte Dr. med. Sigrid Kruse eine Beobachtungsstudie zum Einsatz der Homöopathie bei Kindern mit der genetischen Erkrankung Prager-Willi-Syndrom durch.“
Mit Prag hat die Erkrankung allerdings nichts zu tun, das Prader-Willi-Syndrom ist nach Andrea Prader und Heinrich Willi benannt, die das Erkrankungsbild in den 1950er Jahren erstmals beschrieben. Das Ergebnis ist erwartbar:
„Unter homöopathischer Therapie verbesserten sich 17 von 20 Kindern in verschiedenen Bereichen. Die besten Ergebnisse konnten nach Gabe von Calcium carbonicum in hoher Potenz und später als Q-Potenzen über einen längeren Zeitraum erzielt werden. Dadurch konnte die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die individuelle Einzelmittelhomöopathie gute Ergebnisse bei Kindern mit Prader-Willi-Syndrom als einer beispielhaften genetischen Erkrankung erzielt.“
Darüber hatte Frau Kruse schon beim Homöopathie-Kongress 2017 in Leipzig berichtet. Ein Vortragsabstract wurde in der „Allgemeinen Homöopathischen Zeitung“ veröffentlicht, so dass ein zitierbares Ergebnis vorliegt. Aber eine Publikation der „Studie“ selbst scheint es – zumindest bisher – nicht zu geben. Was weiß man also: Es ist von einer „Beobachtungsstudie“ die Rede, einem für Wirksamkeitsnachweise nicht gut geeigneten Design, trotzdem konnten angeblich sogar verschiedene Therapieoptionen verglichen werden, es geht um eine recht kleine Gruppe von 20 Kindern, wie auch immer ausgewählt, die sich „in verschiedenen Bereichen“, was immer das ist, „verbesserten“, was immer das bedeutet und wie auch immer sich das gegenüber anders behandelten Kindern unterscheidet. Mit anderen Worten: Man weiß gar nichts. Das ist ein Werbetext, sonst nichts.
Homöopathie-Online weiter: „Am Beispiel der LMU München und anderer wird klar, wie wichtig die weitere Erforschung der Homöopathie in der Kinderheilkunde ist.“ Mir wird am Beispiel der LMU München nur einmal mehr klar, dass High-Tech-Medizin – die LMU München nimmt seit 2006 an der Exzellenzinitiative der Bundesregierung teil – und Aberglaube problemlos friedlich unter einem Dach koexistieren können. Für das Homöopathie-Marketing (renommierte Uni als Werbeträger, genetische Erkrankung, Kinder, fast alle „verbessert“) könnte es nicht besser laufen. Die Veröffentlichung der Studie würde da womöglich nur stören.
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