Die 167. Jahrestagung des Zentralvereins homöopathischer Ärzte findet in einem Jahr in Stralsund statt. Thema des Kongresses: „Homöopathie und das Meer – Vom Ursprung des Lebens“. Regelmäßig gibt es für solche Kongresse Schirmherrschaften und Grußworte der jeweiligen Gesundheitsminister. In Mecklenburg-Vorpommern hat man nach der letzten Landtagswahl das Gesundheitsressort dem Wirtschaftsministerium zugeschlagen. Das wird es dem Redenschreiber des Ministers Harry Glawe, CDU, etwas leichter machen als es sein Bremer Pendant hatte: Da war Gesundheit in einem Ministerium mit den Ressorts Wissenschaft und Verbraucherschutz, das alles zusammen muss man erst mal mit der Homöopathie in einem Grußwort, in dem man nichts Böses sagen will, unter einen Hut kriegen. Viel nachdenken darf man dabei nicht.
Wie gesagt, mit der Wirtschaft geht das leichter. Das Grußwort wird damit beginnen, dass sich der Minister freut, dass dieser Kongress mit so vielen Gästen aus aller Welt in Stralsund stattfindet. Die Homöopathie sei eine Behandlungsform, die von vielen Menschen gewünscht wird und als Gesundheitsminister setze er sich dafür ein, die Bedürfnisse der Patienten ernst zu nehmen. Es gehe schließlich darum, den kranken Menschen die bestmögliche Medizin zu bieten. Dazu gehörten selbstverständlich auch ganzheitliche Verfahren der Naturheilkunde wie die Homöopathie, heute mehr denn je. Allerdings sei es notwendig, Wissenschaft und Homöopathie enger zusammenzubringen, ein Gegeneinander helfe niemandem. Wer heile, habe Recht, von ideologischen Streitereien halte er nichts. Stralsund sei, das sei bei dieser Gelegenheit angemerkt, auch ein Hochschulstandort mit Betriebswirtschaftslehre als einem Schwerpunkt. Als Wirtschaftsminister sei ihm daran gelegen, auf das ökonomische Potential der Homöopathie hinzuweisen. Der Umsatz mit homöopathischen Mitteln steige seit Jahren, was auch den Arbeitsplätzen in der Gesundheitswirtschaft zugutekomme, die ebenfalls in seinem Ministerium angesiedelt sei. Hier gebe es enorme Wachstumschancen, die es zu nutzen gelte, gerade in einer strukturschwachen Region wie Mecklenburg-Vorpommern. Die Biomedizintechnik und die Gesundheitswirtschaft seien beispielsweise in Stralsund wichtige wirtschaftliche Standbeine. Den Gästen wünsche er anregende Diskussionen auf höchstem wissenschaftlichen Niveau, die Erfahrung der entspannenden Wirkung des Meeres und er sei sich sicher, dass Stralsund mit seiner großartigen hanseatischen Vergangenheit eine gute Wahl als Kongressort sei und den Gästen auch ein hochwertiges Freizeitangebot während der Kongresstage biete.
Bei solchen Anlässen tun mir Redenschreiber leid. Zumindest diejenigen, die wissen, was sie tun (müssen). Wer will, kann ja aus den typischen Phrasen des Textes ein Bullshit-Bingo destillieren und schauen, was der Minister nächstes Jahr davon aufruft.
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