Beim Thema Geld und Gesundheit kommt die Rede meist schnell darauf, dass es eine unheilvolle „Ökonomisierung“ des Gesundheitswesens gebe. Gemeint ist, dass Kosten, Ausgaben, Gewinne etc. oft wichtiger scheinen als eine gute Versorgung der Menschen. Keine Frage: Kranke Menschen dürfen nicht nur Mittel zum Geldverdienen sein, zu Recht werden beispielsweise hohe Gewinnmargen privater Unternehmen im Krankenhausbereich oder in der Pflege kritisiert.
Das heißt aber natürlich nicht, dass es im Gesundheitswesen nicht auf das Geld und einen effizienten Mitteleinsatz ankommt. Wenn Geld verschwendet wird, fehlt es irgendwo. Genauso klar ist, dass es im Gesundheitswesen nicht um Sparen an sich gehen kann, sondern darum, die notwendigen Ausgaben aufzubringen. Dabei spielt immer auch mit, dass die Gesellschaft entscheiden muss, wieviel von der gesamten Wertschöpfung für Gesundheit ausgegeben werden soll. Diese Entscheidung fällt zum Teil mehr oder weniger dezentral, ähnlich wie die Entscheidung über die Ausgaben für Automobile oder Kaffee, zum Teil, z.B. der Krankenversicherung, wird sie stärker politisch gesteuert.
Dass uns die Gesundheitsausgaben zunehmend über den Kopf wachsen, gehört zu den wiederkehrenden Erzählungen beim Thema Geld und Gesundheit. Aber der Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt ist in den letzten 15 Jahren nur sehr moderat gestiegen. Im Jahr 2000 lag er bei 10,1 %, im Jahr 2016 bei 11,3 %, etwas unter dem Wert des Jahres 2009. In den meisten Industrieländern liegt er in einer ähnlichen Größenordnung. Deutlich höher ist er in den USA. Die USA haben ein Gesundheitssystem mit einem hohen Anteil privater Ausgaben. Die, die es sich leisten können, bekommen mit etwas Glück eine Spitzenversorgung, für weniger Betuchte ist die Versorgung dagegen oft miserabel. Stellt man den Ausgaben die vergleichsweise niedrige Lebenserwartung in den USA gegenüber, liegt der Schluss nahe, dass das Gesundheitswesen der USA nicht sehr effizient ist – wenn man eine gute Gesundheitsversorgung für alle als Ziel hat.
Die Ineffizienz ist, wie gesagt, der springende Punkt. Dass im Gesundheitswesen Geld verdient wird, ist dagegen nichts Schlechtes. Die Arbeit eines Arztes ist schließlich nicht weniger wert als die eines Autohändlers oder Bankers. Fast 360 Mrd. Euro wurden 2016 in Deutschland für Gesundheit ausgegeben, von den Krankenkassen, vom Staat oder privat von den Bürgern, z.B. wenn sie in der Apotheke auf eigene Kosten einkaufen. Das sind etwa 150 Mrd. Euro mehr als im Jahr 2000.
Lohnend ist auch der Blick auf die Beschäftigtenzahlen: Im Jahr 2016 waren in Deutschland ca. 5,5 Mio. Menschen im Gesundheitswesen tätig, ca. 1,5 Mio. Menschen mehr als im Jahr 2000. Dabei hat sich auch der Anteil der Beschäftigten im Gesundheitswesen an allen Erwerbstätigen nur wenig verändert, von 10,1 % im Jahr 2000 ist er auf 12,6 % im Jahr 2016 gestiegen. Zum Vergleich: Die deutsche Automobilindustrie beschäftigt ca. 800.000 Personen. Ihr Umsatz lag 2016 bei ca. 400 Mrd. Euro, also von der Größenordnung her nahe bei den Gesundheitsausgaben. Er wird ganz überwiegend im Ausland erwirtschaftet, der Inlandsumsatz der deutschen Automobilindustrie lag 2016 bei knapp 150 Mrd. Euro.
Das Gesundheitswesen ist also volkswirtschaftlich gesehen ein riesiger Wirtschaftszweig, die Produktivität (verstanden als Relation zwischen Personal und Umsatz) ist vergleichsweise gering, die Bedeutung für die Beschäftigung und Binnennachfrage enorm und sie hat ein Produkt, das für die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft insgesamt unverzichtbar ist. Zumindest so lange wir nicht alle durch Roboter ersetzt werden können. Aber dann wird eh alles anders, denn Roboter trinken auch keinen Kaffee und ob sie protzige Autos fahren wollen, weiß auch niemand.
Kommentare (23)